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Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr.

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los vom Golde I

2790 Mark; sie prägt daraus 279 Goldmünzen von 10 Mark, so daß also
die deutsche Währungseinheit, die Mark, einen Goldwert von Kilogramm
darstellt.

Da nun die in den einzelnen Staaten verfügbaren Goldmengen zur
Durchführung aller im Verkehr erforderlichen Zahlungsleistungen nicht aus¬
reichen, sind papierne Surrogate für das Gold geschaffen, die einen Anspruch
auf eine bestimmte Menge Gold verkörpern: die Banknoten. Um diesen An"
Spruch zu sichern, schreibt das deutsche Bankgesetz vor, daß ein Drittel der um¬
laufenden Noten durch Gold im Besitze der Reichsbank gedeckt sein müssen.
Es wird angenommen, daß die Banknoten nie alle zugleich zu der Bank
zurückfließen und daß vor neuen Einreichungen auch wieder entsprechend Gold
zurückgeflossen ist, so daß die Bank zur Einlösung der Noten in Gold auf diese
Weise immer in der Lage bliebe.

Es ist ein schwerer, wenn auch allgemein verbreiteter Irrtum, anzunehmen,
das; es die Goldwährung gewesen sei, welche uns im Kriege die Aufrecht¬
erhaltung unseres Zahlungswesens ermöglicht habe. Die Goldwährung würde
gegenüber den außerordentlichen Kriegserfordernissen völlig versagt haben, wenn
sie eben Gelegenheit gehabt hätte, die Probe zu bestehen, wenn nicht, wie in
den meisten anderen kriegführenden Ländern, so auch bei uns Maßnahmen
getroffen worden wären, welche in Wahrheit eine Preisgabe der Goldwährung
bedeuten.

Schon vor dem Kriege ist ein Abbröckeln der Goldwährung bei uns zu
verzeichnen gewesen. Die Reichsbanknoten wurden 1909 gesetzliche Zahlungs¬
mittel (Zwang zur Annahme!), was eigentlich dem Gold allein vorbehalten
sein sollte. Es wurden kleine Banknoten unter 100 Mark geschaffen, die dazu
bestimmt waren, die Goldmünzen im Umlauf zu verdrängen. Durch beide
Mittel sowie durch eine systematische Praxis der Banken und der Neichspost
wurde allmählich das Gold aus dem Verkehr in die Neichsbank gedrängt, so
daß auf Grund des in der Bank lagernden Goldes eine dreifache Menge von
Noten dem Verkehr zur Verfügung gestellt werden konnte. Man hatte wohl
als Hauptursache der Handelskrise von 1907 erkannt, daß die Menge vor¬
handenen Goldes und der darauf gegründeten Banknoten zum Zahlungsausgleich
der gesteigerten Umsätze der Hochkonjunktur nicht ausreichten, und man bemühte
sich, die Umlaufsmittel zu vermehren, was ja durch Ansammlung des Goldes
in der Bank und Ausgabe der dreifachen Notenmenge dafür geschehen konnte.

Da nun aber die Golddritteldeckung bleiben sollte, durfte man auch den
Notenumlauf nicht zu sehr ansteigen lassen; man förderte nach Kräften den
bargeldlosen Zahlungsverkehr durch Scheck und Giro, welcher ja überhaupt
keiner Noten bedarf.

Im Kriege setzte sich diese Entwicklung fort. Es darf als ein wesentlicher
Verdienst unserer Reichsbcmkleitung bezeichnet werden, daß sie in richtiger Ein¬
schätzung der Verhältnisse, bald nachdem die ersten 100 Millionen Gold abge-


los vom Golde I

2790 Mark; sie prägt daraus 279 Goldmünzen von 10 Mark, so daß also
die deutsche Währungseinheit, die Mark, einen Goldwert von Kilogramm
darstellt.

Da nun die in den einzelnen Staaten verfügbaren Goldmengen zur
Durchführung aller im Verkehr erforderlichen Zahlungsleistungen nicht aus¬
reichen, sind papierne Surrogate für das Gold geschaffen, die einen Anspruch
auf eine bestimmte Menge Gold verkörpern: die Banknoten. Um diesen An»
Spruch zu sichern, schreibt das deutsche Bankgesetz vor, daß ein Drittel der um¬
laufenden Noten durch Gold im Besitze der Reichsbank gedeckt sein müssen.
Es wird angenommen, daß die Banknoten nie alle zugleich zu der Bank
zurückfließen und daß vor neuen Einreichungen auch wieder entsprechend Gold
zurückgeflossen ist, so daß die Bank zur Einlösung der Noten in Gold auf diese
Weise immer in der Lage bliebe.

Es ist ein schwerer, wenn auch allgemein verbreiteter Irrtum, anzunehmen,
das; es die Goldwährung gewesen sei, welche uns im Kriege die Aufrecht¬
erhaltung unseres Zahlungswesens ermöglicht habe. Die Goldwährung würde
gegenüber den außerordentlichen Kriegserfordernissen völlig versagt haben, wenn
sie eben Gelegenheit gehabt hätte, die Probe zu bestehen, wenn nicht, wie in
den meisten anderen kriegführenden Ländern, so auch bei uns Maßnahmen
getroffen worden wären, welche in Wahrheit eine Preisgabe der Goldwährung
bedeuten.

Schon vor dem Kriege ist ein Abbröckeln der Goldwährung bei uns zu
verzeichnen gewesen. Die Reichsbanknoten wurden 1909 gesetzliche Zahlungs¬
mittel (Zwang zur Annahme!), was eigentlich dem Gold allein vorbehalten
sein sollte. Es wurden kleine Banknoten unter 100 Mark geschaffen, die dazu
bestimmt waren, die Goldmünzen im Umlauf zu verdrängen. Durch beide
Mittel sowie durch eine systematische Praxis der Banken und der Neichspost
wurde allmählich das Gold aus dem Verkehr in die Neichsbank gedrängt, so
daß auf Grund des in der Bank lagernden Goldes eine dreifache Menge von
Noten dem Verkehr zur Verfügung gestellt werden konnte. Man hatte wohl
als Hauptursache der Handelskrise von 1907 erkannt, daß die Menge vor¬
handenen Goldes und der darauf gegründeten Banknoten zum Zahlungsausgleich
der gesteigerten Umsätze der Hochkonjunktur nicht ausreichten, und man bemühte
sich, die Umlaufsmittel zu vermehren, was ja durch Ansammlung des Goldes
in der Bank und Ausgabe der dreifachen Notenmenge dafür geschehen konnte.

Da nun aber die Golddritteldeckung bleiben sollte, durfte man auch den
Notenumlauf nicht zu sehr ansteigen lassen; man förderte nach Kräften den
bargeldlosen Zahlungsverkehr durch Scheck und Giro, welcher ja überhaupt
keiner Noten bedarf.

Im Kriege setzte sich diese Entwicklung fort. Es darf als ein wesentlicher
Verdienst unserer Reichsbcmkleitung bezeichnet werden, daß sie in richtiger Ein¬
schätzung der Verhältnisse, bald nachdem die ersten 100 Millionen Gold abge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 76, 1917, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341905_331409/142>, abgerufen am 23.07.2024.