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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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Beiträge zur Politik des Fernen Ostens

höhnten Gegenwart und Zukunft zu. Aber von Herzen feiern wollen wir den
entscheidenden diplomatischen Sieg über Frankreich, den Bismarck im Juli und
August 1866 erfocht. Dieses Triumphes wollen wir bei der funfzigsten Wieder¬
kehr des Tages von Nikolsburg vor allem gedenken, des Endes alter Gänge-
lung unseres Vaterlandes durch den westlichen Nachbar. Wir stählen an dem
Rückblick auf solche Vergangenheit unseren festen Willen. Frankreich für immer
aufs Knie zu zwingen, das doch nur deswegen nach Revanche geschrieen hat,
weil es glaubte, die Zeiten deutscher Schwäche erneuen zu können.




Beiträge zur Politik des Fernen Ostens
Dr. occ. publ. Arthur Heber von
Ein russisch-japanisches Bündnis.

in Jahre 1913 hat Rußland China dazu vermocht, der äußeren
Mongolei unter ausdrücklicher Wahrung der chinesischen Ober¬
hoheit autonome Rechte zu verleihen, und es durchgesetzt, daß
der zuvor von ihm mit dem Hutuchtu in Urga geschlossene
Handelsvertrag chinesischerseits anerkannt wurde. Im Laufe des
europäischen Krieges ist es ihm gelungen, die Anerkennung von Bahn- und
Telegraphen-Konzessionen zu erlangen, welche durch die äußere Mongolei nach
dem eigentlichen China führen.

Im Mai vorigen Jahres kam dann zwischen China und Japan ein Ab¬
kommen zustande, durch das die Pacht seiner südmandschurischen Kolonie, einschließlich
der südmanschurischen Bahnlinien, die im Jahre 1922 ablaufen sollte, auf 99 Jahre
verlängert wurde, und das den Japanern Siedlungsrechte in der ganzen Süd¬
mandschurei gewährte, die in der Folge auch auf die östliche Mongolei, in der
sich China zur Öffnung von Handelsplätzen verpflichtet hatte, ausgedehnt wurden.

In diesen Tagen haben nun Japan und Rußland ihre beiderseitigen
Interessensphären in der Mandschurei und Mongolei durch ein Abkommen
näher umschrieben und die Gelegenheit benutzt, um in konsequenten Ausbau
der russisch-japanischen Verständigung vom Jahre 1910 sich ihre so umschriebenen
Rechte und Interessen gegenseitig gegen fremde Einmischung zu garantieren.

Dieses neue Abkommen, das auch nach Ansicht der englischen Presse einem
Bündnisvertrage gleichkommt, hat, soweit es in Umrissen bekannt geworden ist,
folgenden wesentlichen Inhalt:

1. In Ansehung der von Japan bereits geleisteten und für die Dauer des
europäischen Krieges noch zu leistenden Lieferungen von Kriegsmaterial aller
Art tritt Rußland an Japan die Verlängerung der südmandschurischen Bahn
von Tschangtschun bis zum Sungari-Fluß in einer Länge von etwa fünfund-


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Beiträge zur Politik des Fernen Ostens

höhnten Gegenwart und Zukunft zu. Aber von Herzen feiern wollen wir den
entscheidenden diplomatischen Sieg über Frankreich, den Bismarck im Juli und
August 1866 erfocht. Dieses Triumphes wollen wir bei der funfzigsten Wieder¬
kehr des Tages von Nikolsburg vor allem gedenken, des Endes alter Gänge-
lung unseres Vaterlandes durch den westlichen Nachbar. Wir stählen an dem
Rückblick auf solche Vergangenheit unseren festen Willen. Frankreich für immer
aufs Knie zu zwingen, das doch nur deswegen nach Revanche geschrieen hat,
weil es glaubte, die Zeiten deutscher Schwäche erneuen zu können.




Beiträge zur Politik des Fernen Ostens
Dr. occ. publ. Arthur Heber von
Ein russisch-japanisches Bündnis.

in Jahre 1913 hat Rußland China dazu vermocht, der äußeren
Mongolei unter ausdrücklicher Wahrung der chinesischen Ober¬
hoheit autonome Rechte zu verleihen, und es durchgesetzt, daß
der zuvor von ihm mit dem Hutuchtu in Urga geschlossene
Handelsvertrag chinesischerseits anerkannt wurde. Im Laufe des
europäischen Krieges ist es ihm gelungen, die Anerkennung von Bahn- und
Telegraphen-Konzessionen zu erlangen, welche durch die äußere Mongolei nach
dem eigentlichen China führen.

Im Mai vorigen Jahres kam dann zwischen China und Japan ein Ab¬
kommen zustande, durch das die Pacht seiner südmandschurischen Kolonie, einschließlich
der südmanschurischen Bahnlinien, die im Jahre 1922 ablaufen sollte, auf 99 Jahre
verlängert wurde, und das den Japanern Siedlungsrechte in der ganzen Süd¬
mandschurei gewährte, die in der Folge auch auf die östliche Mongolei, in der
sich China zur Öffnung von Handelsplätzen verpflichtet hatte, ausgedehnt wurden.

In diesen Tagen haben nun Japan und Rußland ihre beiderseitigen
Interessensphären in der Mandschurei und Mongolei durch ein Abkommen
näher umschrieben und die Gelegenheit benutzt, um in konsequenten Ausbau
der russisch-japanischen Verständigung vom Jahre 1910 sich ihre so umschriebenen
Rechte und Interessen gegenseitig gegen fremde Einmischung zu garantieren.

Dieses neue Abkommen, das auch nach Ansicht der englischen Presse einem
Bündnisvertrage gleichkommt, hat, soweit es in Umrissen bekannt geworden ist,
folgenden wesentlichen Inhalt:

1. In Ansehung der von Japan bereits geleisteten und für die Dauer des
europäischen Krieges noch zu leistenden Lieferungen von Kriegsmaterial aller
Art tritt Rußland an Japan die Verlängerung der südmandschurischen Bahn
von Tschangtschun bis zum Sungari-Fluß in einer Länge von etwa fünfund-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/95>, abgerufen am 03.07.2024.