Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.![]() Rudolf Gneist Zum hundertsten Geburtstage ein Professor Dr. Lonrad Bornhak vini untere Jahre sind verflossen, seit einer von den einst im Zeitalter Rudolf Gneist wurde am 13. August 1816 als Sohn eines höheren Justiz¬ Von jeher hat ihn ein lebendiges Interesse an der Politik beseelt, wenn ![]() Rudolf Gneist Zum hundertsten Geburtstage ein Professor Dr. Lonrad Bornhak vini untere Jahre sind verflossen, seit einer von den einst im Zeitalter Rudolf Gneist wurde am 13. August 1816 als Sohn eines höheren Justiz¬ Von jeher hat ihn ein lebendiges Interesse an der Politik beseelt, wenn <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0184" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330722"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341903_330533/figures/grenzboten_341903_330533_330722_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Rudolf Gneist Zum hundertsten Geburtstage ein<lb/><note type="byline"> Professor Dr. Lonrad Bornhak</note> vini </head><lb/> <p xml:id="ID_597"> untere Jahre sind verflossen, seit einer von den einst im Zeitalter<lb/> der Kaiser und Könige Wilhelms des Ersten und Friedrichs des<lb/> Dritten meistgenannten Gelehrten und Politiker, der auch noch<lb/> unserem Kaiser in seiner Kronprinzenzeit staatsrechtliche Vortrüge<lb/> zu halten berufen war, das Licht der Welt erblickte. Ein eigen¬<lb/> tümliches Verhängnis will es, daß dieser Gedenktag eines Mannes, der wie<lb/> kein zweiter englischer Staatsanschauung in Deutschland Geltung zu verschaffen<lb/> als sein Lebenswerk betrachtete, gerade in die Zeit des Weltkrieges und end¬<lb/> gültiger Auseinandersetzung zwischen deutschem und englischem Wesen fällt. Da<lb/> lohnt sich wohl ein Rückblick, inwiefern dieses Lebenswerk eitles Bemühen war<lb/> oder dauernde Spuren hinterlassen hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_598"> Rudolf Gneist wurde am 13. August 1816 als Sohn eines höheren Justiz¬<lb/> beamten, der sich bald nach der Geburt seines Sohnes nach Eisleben versetzen<lb/> ließ, in Berlin geboren. In Eisleben besuchte er die Schule, verlebte jedoch<lb/> dazwischen einige Jahre auf einer Landpfarre in Pommern bei einem Bruder<lb/> feiner Mutter. Michaelis 1833 ging er als Rechtsbeflissener nach Berlin.<lb/> Nach Bestehen der beiden ersten juristischen Staatsprüfungen — damals gab<lb/> es deren noch drei — und nach der Doktorpromotion habilitierte er sich 1839<lb/> als Privatdozent an der Berliner Universität für römisches Recht, Strafrecht<lb/> sowie Prozeßrecht, blieb aber daneben, seit 1841 Assessor, als Hilfsrichter in<lb/> der Praxis tätig. An der Berliner Universität wurde er 1844 Professor und<lb/> ist ihr bis an sein Lebensende (1895) treu geblieben. War er doch mit den<lb/> akademischen Kreisen Berlins auch durch seine Heirat mit einer Tochter von<lb/> August Böckh eng verwachsen. In der Reaktionszeit der fünfziger Jahre zog<lb/> er sich aus der juristischen Praxis wie aus dem öffentlichen Leben überhaupt<lb/> zurück, um erst 1875 bei Gründung des Oberoerwaltungsgerichts wieder ein<lb/> richterliches Nebenamt zu übernehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_599"> Von jeher hat ihn ein lebendiges Interesse an der Politik beseelt, wenn<lb/> er auch in den Bewegungen des Jahres 1348 den erstrebten Sitz in der<lb/> Paulskirche nicht erlangen konnte, sondern ihm nur eine bescheidene Beendigung<lb/> als Berliner Stadtverordneter und Bürgerwehrmann vergönnt war. In der<lb/> politischen Stille der fünfziger Jahre entstand sein grundlegendes Werk über<lb/> englisches Verwaltungsrecht, dessen leitende Gedanken er dann in immer neuen<lb/> Auflagen und Einzelschriften wiederholte.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0184]
[Abbildung]
Rudolf Gneist Zum hundertsten Geburtstage ein
Professor Dr. Lonrad Bornhak vini
untere Jahre sind verflossen, seit einer von den einst im Zeitalter
der Kaiser und Könige Wilhelms des Ersten und Friedrichs des
Dritten meistgenannten Gelehrten und Politiker, der auch noch
unserem Kaiser in seiner Kronprinzenzeit staatsrechtliche Vortrüge
zu halten berufen war, das Licht der Welt erblickte. Ein eigen¬
tümliches Verhängnis will es, daß dieser Gedenktag eines Mannes, der wie
kein zweiter englischer Staatsanschauung in Deutschland Geltung zu verschaffen
als sein Lebenswerk betrachtete, gerade in die Zeit des Weltkrieges und end¬
gültiger Auseinandersetzung zwischen deutschem und englischem Wesen fällt. Da
lohnt sich wohl ein Rückblick, inwiefern dieses Lebenswerk eitles Bemühen war
oder dauernde Spuren hinterlassen hat.
Rudolf Gneist wurde am 13. August 1816 als Sohn eines höheren Justiz¬
beamten, der sich bald nach der Geburt seines Sohnes nach Eisleben versetzen
ließ, in Berlin geboren. In Eisleben besuchte er die Schule, verlebte jedoch
dazwischen einige Jahre auf einer Landpfarre in Pommern bei einem Bruder
feiner Mutter. Michaelis 1833 ging er als Rechtsbeflissener nach Berlin.
Nach Bestehen der beiden ersten juristischen Staatsprüfungen — damals gab
es deren noch drei — und nach der Doktorpromotion habilitierte er sich 1839
als Privatdozent an der Berliner Universität für römisches Recht, Strafrecht
sowie Prozeßrecht, blieb aber daneben, seit 1841 Assessor, als Hilfsrichter in
der Praxis tätig. An der Berliner Universität wurde er 1844 Professor und
ist ihr bis an sein Lebensende (1895) treu geblieben. War er doch mit den
akademischen Kreisen Berlins auch durch seine Heirat mit einer Tochter von
August Böckh eng verwachsen. In der Reaktionszeit der fünfziger Jahre zog
er sich aus der juristischen Praxis wie aus dem öffentlichen Leben überhaupt
zurück, um erst 1875 bei Gründung des Oberoerwaltungsgerichts wieder ein
richterliches Nebenamt zu übernehmen.
Von jeher hat ihn ein lebendiges Interesse an der Politik beseelt, wenn
er auch in den Bewegungen des Jahres 1348 den erstrebten Sitz in der
Paulskirche nicht erlangen konnte, sondern ihm nur eine bescheidene Beendigung
als Berliner Stadtverordneter und Bürgerwehrmann vergönnt war. In der
politischen Stille der fünfziger Jahre entstand sein grundlegendes Werk über
englisches Verwaltungsrecht, dessen leitende Gedanken er dann in immer neuen
Auflagen und Einzelschriften wiederholte.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |