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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.

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Der Weltkrieg und die Streitbewegung in Europa

Die Arveitskiimpfe in England 1915.
(Streiks und Aussperrungen zusammen).


Nach Berichten von "Daily Citizen" stellt der Streik der Bergarbeiter des
Süd-Waliser Kohlendistriktes vom Juli 1915 die größte Arbeiterbewegung des
Jahres 1915 dar. In der Mehrheit der Streikfälle handelt es sich um die
Regelung des Arbeitslohnes; eine nennenswerte Zahl hatte aber auch noch
andere Ursachen. So führte beispielsweise in Liverpool und Birkenhead die
Praxis verschiedener Arbeiierkategorien, die Arbeit am Freitag nachmittag um
5 Uhr niederzulegen und erst am Montag Morgen wiederaufzunehmen, zu
Arbeitsausständen. In Springhead stellt der Streik der Mechaniker, Schmiede
und Kesselschmiede der Lokomotivwerke einen Protest gegen die Einstellung
ungelernter Arbeiter an den Drehbänken dar. Typisch ist der Fall einer
Arbeitseinstellung im Schiffbaugewerbe zu Cowes. Hier wollte man mit der
Streitbewegung die Entlassung unorganisierter Arbeiter erzwingen. Nach Mit¬
teilungen von "Daily News" streikten im Mai 1915 die Seeleute von South
Shields. weil sie nicht mit chinesischen Heizern zusammen arbeiten wollten.
Interessant sind auch die Arbeitskonflikte, die wegen der Beschäftigung von
belgischen Flüchtlingen zu verzeichnen waren. Nach verschiedenen Bewegungen
einigte man sich zum Beispiel im Formergewerbe in der Weise, daß, solange
noch einzelne der englischen Former arbeitslos sind, belgische Former keine Er¬
laubnis erhalten, in englischen Werkstätten zu arbeiten. Ähnliche Arbeitskämpfe
fanden aber auch wegen der Einstellung der von Kanada hinzugezogenen
Munitionsarbeiter statt^ Bei der Bekämpfung der Streitbewegung in England
konnte man manchmal ganz eigenartige Praktiken beobachten. So hat man
nach Londoner Meldungen vom Mai 1915 in den verschiedenen Häfen, die


Der Weltkrieg und die Streitbewegung in Europa

Die Arveitskiimpfe in England 1915.
(Streiks und Aussperrungen zusammen).


Nach Berichten von „Daily Citizen" stellt der Streik der Bergarbeiter des
Süd-Waliser Kohlendistriktes vom Juli 1915 die größte Arbeiterbewegung des
Jahres 1915 dar. In der Mehrheit der Streikfälle handelt es sich um die
Regelung des Arbeitslohnes; eine nennenswerte Zahl hatte aber auch noch
andere Ursachen. So führte beispielsweise in Liverpool und Birkenhead die
Praxis verschiedener Arbeiierkategorien, die Arbeit am Freitag nachmittag um
5 Uhr niederzulegen und erst am Montag Morgen wiederaufzunehmen, zu
Arbeitsausständen. In Springhead stellt der Streik der Mechaniker, Schmiede
und Kesselschmiede der Lokomotivwerke einen Protest gegen die Einstellung
ungelernter Arbeiter an den Drehbänken dar. Typisch ist der Fall einer
Arbeitseinstellung im Schiffbaugewerbe zu Cowes. Hier wollte man mit der
Streitbewegung die Entlassung unorganisierter Arbeiter erzwingen. Nach Mit¬
teilungen von „Daily News" streikten im Mai 1915 die Seeleute von South
Shields. weil sie nicht mit chinesischen Heizern zusammen arbeiten wollten.
Interessant sind auch die Arbeitskonflikte, die wegen der Beschäftigung von
belgischen Flüchtlingen zu verzeichnen waren. Nach verschiedenen Bewegungen
einigte man sich zum Beispiel im Formergewerbe in der Weise, daß, solange
noch einzelne der englischen Former arbeitslos sind, belgische Former keine Er¬
laubnis erhalten, in englischen Werkstätten zu arbeiten. Ähnliche Arbeitskämpfe
fanden aber auch wegen der Einstellung der von Kanada hinzugezogenen
Munitionsarbeiter statt^ Bei der Bekämpfung der Streitbewegung in England
konnte man manchmal ganz eigenartige Praktiken beobachten. So hat man
nach Londoner Meldungen vom Mai 1915 in den verschiedenen Häfen, die


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[0292] Der Weltkrieg und die Streitbewegung in Europa Die Arveitskiimpfe in England 1915. (Streiks und Aussperrungen zusammen). Zahl der Verloren Jndustriegruppe beteiligten gegangene K>" a mpe Arbeitstage Arbeiter Nach Berichten von „Daily Citizen" stellt der Streik der Bergarbeiter des Süd-Waliser Kohlendistriktes vom Juli 1915 die größte Arbeiterbewegung des Jahres 1915 dar. In der Mehrheit der Streikfälle handelt es sich um die Regelung des Arbeitslohnes; eine nennenswerte Zahl hatte aber auch noch andere Ursachen. So führte beispielsweise in Liverpool und Birkenhead die Praxis verschiedener Arbeiierkategorien, die Arbeit am Freitag nachmittag um 5 Uhr niederzulegen und erst am Montag Morgen wiederaufzunehmen, zu Arbeitsausständen. In Springhead stellt der Streik der Mechaniker, Schmiede und Kesselschmiede der Lokomotivwerke einen Protest gegen die Einstellung ungelernter Arbeiter an den Drehbänken dar. Typisch ist der Fall einer Arbeitseinstellung im Schiffbaugewerbe zu Cowes. Hier wollte man mit der Streitbewegung die Entlassung unorganisierter Arbeiter erzwingen. Nach Mit¬ teilungen von „Daily News" streikten im Mai 1915 die Seeleute von South Shields. weil sie nicht mit chinesischen Heizern zusammen arbeiten wollten. Interessant sind auch die Arbeitskonflikte, die wegen der Beschäftigung von belgischen Flüchtlingen zu verzeichnen waren. Nach verschiedenen Bewegungen einigte man sich zum Beispiel im Formergewerbe in der Weise, daß, solange noch einzelne der englischen Former arbeitslos sind, belgische Former keine Er¬ laubnis erhalten, in englischen Werkstätten zu arbeiten. Ähnliche Arbeitskämpfe fanden aber auch wegen der Einstellung der von Kanada hinzugezogenen Munitionsarbeiter statt^ Bei der Bekämpfung der Streitbewegung in England konnte man manchmal ganz eigenartige Praktiken beobachten. So hat man nach Londoner Meldungen vom Mai 1915 in den verschiedenen Häfen, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101/292>, abgerufen am 27.07.2024.