Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.Der Apostel des deutschen Idealismus Wahrung alles feindlichen Vermögens. An diesem können englische Gläubiger Der Apostel des deutschen Idealismus Dr. Rarl Buchheim von ^"MWMLu Beginn des Jahres 1914 durfte sich die nicht allzu große Der Apostel des deutschen Idealismus Wahrung alles feindlichen Vermögens. An diesem können englische Gläubiger Der Apostel des deutschen Idealismus Dr. Rarl Buchheim von ^«MWMLu Beginn des Jahres 1914 durfte sich die nicht allzu große <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0273" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/330373"/> <fw type="header" place="top"> Der Apostel des deutschen Idealismus</fw><lb/> <p xml:id="ID_1017" prev="#ID_1016"> Wahrung alles feindlichen Vermögens. An diesem können englische Gläubiger<lb/> durch Anordnung des Gerichtes ein Recht auf Befriedigung erlangen. Doch<lb/> geht die Tendenz offenbar dahin, das feindliche Vermögen möglichst in seinem<lb/> Werte für die politischen Zwecke der Regierung zu erhalten.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der Apostel des deutschen Idealismus<lb/><note type="byline"> Dr. Rarl Buchheim</note> von </head><lb/> <p xml:id="ID_1018" next="#ID_1019"> ^«MWMLu Beginn des Jahres 1914 durfte sich die nicht allzu große<lb/> Gemeinde derer, die im Alltag der damaligen Friedenszeit an<lb/> der deutschen idealistischen Philosophie sich erbaute, zur Hundert¬<lb/> jahrfeier des Todestages Johann Gottlieb Fichtes rüsten. Man<lb/> ^ feierte den Philosophen schlecht und recht, offiziell oder mit dem<lb/> Herzen, je nach Stimmung und Wissen, wie eben das historisch-gewissenhafte<lb/> Deutschland seine großen Männer feiert. Aber noch in demselben Jahre kam<lb/> der Krieg und hat dem Redner an die deutsche Nation noch eine viel gewaltigere<lb/> weltgeschichtliche Säkularfeier verschafft. Unsere Feinde, denen jedes Mittel im<lb/> Kampfe gegen uns zum Besten dienen muß, haben die Philosophie Nietzsches<lb/> gegen uns ausgespielt, haben aus ihr ein Zerrbild gemacht und dies als das<lb/> Bild des deutschen Geistes hingestellt. Von unserer Seite hat man sich dagegen<lb/> gerade auf Fichte berufen und seine Lehre als unseren Waffensegen in Anspruch<lb/> genommen. Gleichviel ob Nietzsche oder Fichte — jedenfalls beweist das<lb/> beiderseitige Bemühen, daß auch die Philosophie mit in die Arena hinab¬<lb/> gestiegen ist. Die Theoretiker behalten wieder einmal nicht recht; Philosophie<lb/> erweist sich als Volkssache und als Charaktersache, wie sie von ihren führenden<lb/> Geistern denn auch stets gemeint gewesen ist. Kern aller Philosophie ist eben<lb/> doch nicht Erkenntniskritik und Methodenlehre, sondern Anlauf zur Welt¬<lb/> anschauung und Lebensgestaltung, ist Volksgeist und Zeitgeist. Darum bleibt<lb/> ja auch der Versuch, feste Grenzen zwischen Philosophie und Religion aufzu¬<lb/> richten, immer wieder erfolglos, und man predigt vergebens ewigen Frieden<lb/> Zwischen beiden. Trotz Schleiermacher und trotz der modernen religiösen<lb/> Ästheten oder Sozialethiker wird die Religion immer wieder Bedürfnis nach<lb/> einer philosophischen Unterbauung, also einem „Dogma" haben, und wird die<lb/> Philosophie immer wieder nach dem Sinn des Lebens und dem Wesen Gottes<lb/> fragen. Bei Nietzsche findet sich die Einsicht ausgesprochen, daß die Philosophie<lb/> der Neuzeit ihrem Erfolg nach ein Konkurrenzunternehmen zu der Lehre der<lb/> christlichen Kirche sei, und daß der Gelehrtenstand zu leisten unternommen habe,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0273]
Der Apostel des deutschen Idealismus
Wahrung alles feindlichen Vermögens. An diesem können englische Gläubiger
durch Anordnung des Gerichtes ein Recht auf Befriedigung erlangen. Doch
geht die Tendenz offenbar dahin, das feindliche Vermögen möglichst in seinem
Werte für die politischen Zwecke der Regierung zu erhalten.
Der Apostel des deutschen Idealismus
Dr. Rarl Buchheim von
^«MWMLu Beginn des Jahres 1914 durfte sich die nicht allzu große
Gemeinde derer, die im Alltag der damaligen Friedenszeit an
der deutschen idealistischen Philosophie sich erbaute, zur Hundert¬
jahrfeier des Todestages Johann Gottlieb Fichtes rüsten. Man
^ feierte den Philosophen schlecht und recht, offiziell oder mit dem
Herzen, je nach Stimmung und Wissen, wie eben das historisch-gewissenhafte
Deutschland seine großen Männer feiert. Aber noch in demselben Jahre kam
der Krieg und hat dem Redner an die deutsche Nation noch eine viel gewaltigere
weltgeschichtliche Säkularfeier verschafft. Unsere Feinde, denen jedes Mittel im
Kampfe gegen uns zum Besten dienen muß, haben die Philosophie Nietzsches
gegen uns ausgespielt, haben aus ihr ein Zerrbild gemacht und dies als das
Bild des deutschen Geistes hingestellt. Von unserer Seite hat man sich dagegen
gerade auf Fichte berufen und seine Lehre als unseren Waffensegen in Anspruch
genommen. Gleichviel ob Nietzsche oder Fichte — jedenfalls beweist das
beiderseitige Bemühen, daß auch die Philosophie mit in die Arena hinab¬
gestiegen ist. Die Theoretiker behalten wieder einmal nicht recht; Philosophie
erweist sich als Volkssache und als Charaktersache, wie sie von ihren führenden
Geistern denn auch stets gemeint gewesen ist. Kern aller Philosophie ist eben
doch nicht Erkenntniskritik und Methodenlehre, sondern Anlauf zur Welt¬
anschauung und Lebensgestaltung, ist Volksgeist und Zeitgeist. Darum bleibt
ja auch der Versuch, feste Grenzen zwischen Philosophie und Religion aufzu¬
richten, immer wieder erfolglos, und man predigt vergebens ewigen Frieden
Zwischen beiden. Trotz Schleiermacher und trotz der modernen religiösen
Ästheten oder Sozialethiker wird die Religion immer wieder Bedürfnis nach
einer philosophischen Unterbauung, also einem „Dogma" haben, und wird die
Philosophie immer wieder nach dem Sinn des Lebens und dem Wesen Gottes
fragen. Bei Nietzsche findet sich die Einsicht ausgesprochen, daß die Philosophie
der Neuzeit ihrem Erfolg nach ein Konkurrenzunternehmen zu der Lehre der
christlichen Kirche sei, und daß der Gelehrtenstand zu leisten unternommen habe,
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