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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr.

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Wilhelm und llaroline von Humboldt in ihren Briefen

Verbündeten, jederzeit auf dem kleinasiatischen Kriegsschauplatz zu erscheinen,
bietet Gewähr genug dafür, daß der russische Vormarsch über eine gewisse
Grenze hinaus nicht gedeihen wird. Im übrigen gilt auch für Georgien,
was für all die kleinen Staaten und Völkerschaften gilt, die ihre Sache auf den
Sieg der Zentralmächte gestellt haben: daß die Entscheidung in Europa fallen wird
und daß diese Entscheidung unwiderruflich sein wird. Von dieser Entscheidung
hängt es auch ab, ob das traurige Kapitel vom russischen Imperialismus in
Georgien mit diesem Kriege abgeschlossen werden wird oder nicht.

Es sei hingewiesen auf die neugegründete Deutsch-georgische Gesell¬
schaft, die es sich zur Aufgabe macht, engere kulturelle und wirtschaftliche Be¬
ziehungen zwischen Deutschland und Georgien, sowie den Kaukasusgebieten herzu¬
stellen. (Berlin KI>V., Unter den Linden 56). AIs erste der von ihr geplanten
Veröffentlichungen erschien: "Rassen und Kulturprobleme des Kaukasus" von
M. Tseretheli.




Wilhelm und Raroline von Humboldt in ihren Briefen
von Marie von Bunsen

Wir sind immer darin beide einander sehr ähnlich gewesen, daß wir
uns nur ans Einfachste und Höchste im Leben gewandt haben, daß uns
das rein Menschliche über alles gegangen ist, und daß uns davon nichts
abgewandt hat. . . Mir ist es ein fester, unumstößlicher Satz: Nichts
Was ein Mensch Gutes und Großes wirklich war, geht jemals unter.
W. von Humboldt

üßte man weiter nichts von diesen beiden begnadeten Menschen,
in ihren Briefen lernen wir sie kennen/) In ihnen geben sie
sich uns, wie sie sich keinem Zeitgenossen gaben, wir teilen ihre
unerreicht innige Seelengemeinschaft, ihr fesselndes Leben und wir
sehen zu ihrer errungenen und behaupteten Stufe empor.

Viel wurde ihnen mitgegeben, und doch haben sie sich das Wichtigste selber
erzwungen. Beide hatten eine schwierige Jugend, beide haben sich innerlich
befreit, frugen wenig nach dem Urteil der Menge, haben jedoch mit sicherem
Takt den ererbten Lebensrahmen innegehalten. Beide waren hochbegabt, beide
haben aber auch rastlos an sich weitergearbeitet, lebten, wie Wilhelm aussagt,
"in Wissen und Forschen und Lernen". Nicht gleich hatten sie sich gefunden,
Karoline liebte Carl von Laroche und glaubte Wilhelm in den Banden der



*) Wilhelm und Karoline von Humboldt in ihren Briefen. Herausgegeben von Anna
von Sydow. VII Bände. Berlin 1907--191S. E. S. Mittler u. S.
Is"-
Wilhelm und llaroline von Humboldt in ihren Briefen

Verbündeten, jederzeit auf dem kleinasiatischen Kriegsschauplatz zu erscheinen,
bietet Gewähr genug dafür, daß der russische Vormarsch über eine gewisse
Grenze hinaus nicht gedeihen wird. Im übrigen gilt auch für Georgien,
was für all die kleinen Staaten und Völkerschaften gilt, die ihre Sache auf den
Sieg der Zentralmächte gestellt haben: daß die Entscheidung in Europa fallen wird
und daß diese Entscheidung unwiderruflich sein wird. Von dieser Entscheidung
hängt es auch ab, ob das traurige Kapitel vom russischen Imperialismus in
Georgien mit diesem Kriege abgeschlossen werden wird oder nicht.

Es sei hingewiesen auf die neugegründete Deutsch-georgische Gesell¬
schaft, die es sich zur Aufgabe macht, engere kulturelle und wirtschaftliche Be¬
ziehungen zwischen Deutschland und Georgien, sowie den Kaukasusgebieten herzu¬
stellen. (Berlin KI>V., Unter den Linden 56). AIs erste der von ihr geplanten
Veröffentlichungen erschien: „Rassen und Kulturprobleme des Kaukasus" von
M. Tseretheli.




Wilhelm und Raroline von Humboldt in ihren Briefen
von Marie von Bunsen

Wir sind immer darin beide einander sehr ähnlich gewesen, daß wir
uns nur ans Einfachste und Höchste im Leben gewandt haben, daß uns
das rein Menschliche über alles gegangen ist, und daß uns davon nichts
abgewandt hat. . . Mir ist es ein fester, unumstößlicher Satz: Nichts
Was ein Mensch Gutes und Großes wirklich war, geht jemals unter.
W. von Humboldt

üßte man weiter nichts von diesen beiden begnadeten Menschen,
in ihren Briefen lernen wir sie kennen/) In ihnen geben sie
sich uns, wie sie sich keinem Zeitgenossen gaben, wir teilen ihre
unerreicht innige Seelengemeinschaft, ihr fesselndes Leben und wir
sehen zu ihrer errungenen und behaupteten Stufe empor.

Viel wurde ihnen mitgegeben, und doch haben sie sich das Wichtigste selber
erzwungen. Beide hatten eine schwierige Jugend, beide haben sich innerlich
befreit, frugen wenig nach dem Urteil der Menge, haben jedoch mit sicherem
Takt den ererbten Lebensrahmen innegehalten. Beide waren hochbegabt, beide
haben aber auch rastlos an sich weitergearbeitet, lebten, wie Wilhelm aussagt,
»in Wissen und Forschen und Lernen". Nicht gleich hatten sie sich gefunden,
Karoline liebte Carl von Laroche und glaubte Wilhelm in den Banden der



*) Wilhelm und Karoline von Humboldt in ihren Briefen. Herausgegeben von Anna
von Sydow. VII Bände. Berlin 1907—191S. E. S. Mittler u. S.
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[0255] Wilhelm und llaroline von Humboldt in ihren Briefen Verbündeten, jederzeit auf dem kleinasiatischen Kriegsschauplatz zu erscheinen, bietet Gewähr genug dafür, daß der russische Vormarsch über eine gewisse Grenze hinaus nicht gedeihen wird. Im übrigen gilt auch für Georgien, was für all die kleinen Staaten und Völkerschaften gilt, die ihre Sache auf den Sieg der Zentralmächte gestellt haben: daß die Entscheidung in Europa fallen wird und daß diese Entscheidung unwiderruflich sein wird. Von dieser Entscheidung hängt es auch ab, ob das traurige Kapitel vom russischen Imperialismus in Georgien mit diesem Kriege abgeschlossen werden wird oder nicht. Es sei hingewiesen auf die neugegründete Deutsch-georgische Gesell¬ schaft, die es sich zur Aufgabe macht, engere kulturelle und wirtschaftliche Be¬ ziehungen zwischen Deutschland und Georgien, sowie den Kaukasusgebieten herzu¬ stellen. (Berlin KI>V., Unter den Linden 56). AIs erste der von ihr geplanten Veröffentlichungen erschien: „Rassen und Kulturprobleme des Kaukasus" von M. Tseretheli. Wilhelm und Raroline von Humboldt in ihren Briefen von Marie von Bunsen Wir sind immer darin beide einander sehr ähnlich gewesen, daß wir uns nur ans Einfachste und Höchste im Leben gewandt haben, daß uns das rein Menschliche über alles gegangen ist, und daß uns davon nichts abgewandt hat. . . Mir ist es ein fester, unumstößlicher Satz: Nichts Was ein Mensch Gutes und Großes wirklich war, geht jemals unter. W. von Humboldt üßte man weiter nichts von diesen beiden begnadeten Menschen, in ihren Briefen lernen wir sie kennen/) In ihnen geben sie sich uns, wie sie sich keinem Zeitgenossen gaben, wir teilen ihre unerreicht innige Seelengemeinschaft, ihr fesselndes Leben und wir sehen zu ihrer errungenen und behaupteten Stufe empor. Viel wurde ihnen mitgegeben, und doch haben sie sich das Wichtigste selber erzwungen. Beide hatten eine schwierige Jugend, beide haben sich innerlich befreit, frugen wenig nach dem Urteil der Menge, haben jedoch mit sicherem Takt den ererbten Lebensrahmen innegehalten. Beide waren hochbegabt, beide haben aber auch rastlos an sich weitergearbeitet, lebten, wie Wilhelm aussagt, »in Wissen und Forschen und Lernen". Nicht gleich hatten sie sich gefunden, Karoline liebte Carl von Laroche und glaubte Wilhelm in den Banden der *) Wilhelm und Karoline von Humboldt in ihren Briefen. Herausgegeben von Anna von Sydow. VII Bände. Berlin 1907—191S. E. S. Mittler u. S. Is"-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330101/255>, abgerufen am 27.07.2024.