Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Viertes Vierteljahr.Neue Bücher über Musik Biographisches und Autobiographisches Dr. R. Hohenemser von n einem früheren Referat (Jahrgang 72, Heft 22, Seite 439) Trotz des eng gezogenen Rahmens hat man es versucht, auch einzelne Neue Bücher über Musik Biographisches und Autobiographisches Dr. R. Hohenemser von n einem früheren Referat (Jahrgang 72, Heft 22, Seite 439) Trotz des eng gezogenen Rahmens hat man es versucht, auch einzelne <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0295" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/324708"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341901_324408/figures/grenzboten_341901_324408_324708_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Neue Bücher über Musik<lb/> Biographisches und Autobiographisches<lb/><note type="byline"> Dr. R. Hohenemser</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_1072"> n einem früheren Referat (Jahrgang 72, Heft 22, Seite 439)<lb/> wurde auf ein damals neues biographisches Unternehmen des<lb/> Verlages Breitkopf und Härtel, auf die kleinen Musikbücher, hin¬<lb/> gewiesen. Heute liegen nun einige weitere Bändchen dieser<lb/> Sammlung zur Besprechung vor.</p><lb/> <p xml:id="ID_1073" next="#ID_1074"> Trotz des eng gezogenen Rahmens hat man es versucht, auch einzelne<lb/> Meister des 16. Jahrhunderts darzustellen, obgleich es den meisten Lesern<lb/> dieser Biographieen ungemein schwer sein wird, zu den Werken einer so weit<lb/> zurückliegenden Epoche ein Verhältnis zu gewinnen. Eugen Schwitz, ein ge¬<lb/> nauer Kenner der Tonkunst jener Zeiten, hat in seinem „OrlancZo al I^asso"<lb/> (Leipzig 1915), seine Aufgabe, was die Lebensbeschreibung betrifft, in vorzüg¬<lb/> licher Weise gelöst. Seine lebendige und anschauliche Darstellung wird jeder¬<lb/> mann fesseln und unterrichten. Dagegen dürfte die Besprechung der Werke<lb/> ihren Zweck kaum erfüllen und zwar nicht durch die Schuld des Verfassers,<lb/> sondern weil es unter den gegebenen Umständen schwerlich anders möglich<lb/> war. Es ist immer eine höchst mißliche Sache, von Stil und Gehalt eines<lb/> Tonwerkes oder einer Gruppe von Tonwerken durch das bloße Wort, also<lb/> ohne Beihilfe der Notenschrift, einen Begriff vermitteln zu sollen. Wer ge¬<lb/> wissenhaft verfahren will, wird sich weder mit Allgemeinheiten begnügen noch<lb/> die gerade in der Musikschriftstellerei so üppig wuchernden blumenreichen, aber<lb/> nichtssagenden Redensarten verwenden wollen. Er wird vielmehr versuchen,<lb/> durch mehr oder weniger eingehende musiktechnische Erörterungen in das Wesen<lb/> der betreffenden Komposition einzuführen. Zum Verständnis solcher Erörterungen<lb/> aber bedarf der Leser gewisser Kenntnisse, die der Biograph, da er sie ihm<lb/> unmöglich selbst geben kann, als bei ihm vorhanden voraussetzen muß. Diese<lb/> Voraussetzung nun trifft gerade gegenüber den Werken der älteren Perioden<lb/> nur in den seltensten Fällen zu. Wenn es Schmitz für nötig hält, seinen<lb/> Lesern zu erklaren, was ein Orgelpunkt sei, so kann er nicht erwarten, daß<lb/> ihnen die wenigen Worte, die er gelegentlich über das Wesen des Cantus<lb/> firmus sagt, genügen oder daß sie sich von einer Chanson und einer Chanson-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0295]
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Neue Bücher über Musik
Biographisches und Autobiographisches
Dr. R. Hohenemser von
n einem früheren Referat (Jahrgang 72, Heft 22, Seite 439)
wurde auf ein damals neues biographisches Unternehmen des
Verlages Breitkopf und Härtel, auf die kleinen Musikbücher, hin¬
gewiesen. Heute liegen nun einige weitere Bändchen dieser
Sammlung zur Besprechung vor.
Trotz des eng gezogenen Rahmens hat man es versucht, auch einzelne
Meister des 16. Jahrhunderts darzustellen, obgleich es den meisten Lesern
dieser Biographieen ungemein schwer sein wird, zu den Werken einer so weit
zurückliegenden Epoche ein Verhältnis zu gewinnen. Eugen Schwitz, ein ge¬
nauer Kenner der Tonkunst jener Zeiten, hat in seinem „OrlancZo al I^asso"
(Leipzig 1915), seine Aufgabe, was die Lebensbeschreibung betrifft, in vorzüg¬
licher Weise gelöst. Seine lebendige und anschauliche Darstellung wird jeder¬
mann fesseln und unterrichten. Dagegen dürfte die Besprechung der Werke
ihren Zweck kaum erfüllen und zwar nicht durch die Schuld des Verfassers,
sondern weil es unter den gegebenen Umständen schwerlich anders möglich
war. Es ist immer eine höchst mißliche Sache, von Stil und Gehalt eines
Tonwerkes oder einer Gruppe von Tonwerken durch das bloße Wort, also
ohne Beihilfe der Notenschrift, einen Begriff vermitteln zu sollen. Wer ge¬
wissenhaft verfahren will, wird sich weder mit Allgemeinheiten begnügen noch
die gerade in der Musikschriftstellerei so üppig wuchernden blumenreichen, aber
nichtssagenden Redensarten verwenden wollen. Er wird vielmehr versuchen,
durch mehr oder weniger eingehende musiktechnische Erörterungen in das Wesen
der betreffenden Komposition einzuführen. Zum Verständnis solcher Erörterungen
aber bedarf der Leser gewisser Kenntnisse, die der Biograph, da er sie ihm
unmöglich selbst geben kann, als bei ihm vorhanden voraussetzen muß. Diese
Voraussetzung nun trifft gerade gegenüber den Werken der älteren Perioden
nur in den seltensten Fällen zu. Wenn es Schmitz für nötig hält, seinen
Lesern zu erklaren, was ein Orgelpunkt sei, so kann er nicht erwarten, daß
ihnen die wenigen Worte, die er gelegentlich über das Wesen des Cantus
firmus sagt, genügen oder daß sie sich von einer Chanson und einer Chanson-
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