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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr.

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Deutsche Fürsten ans fremden und Ausländer auf deutsche" Thronen

zu blühen. Deutsche haben die Grundlagen einer neuen Kulturperiode gelegt.
Wieder wiesen alle Stände zahlreiche Deutsche auf, die Universität war deutsch,
im Theater wurde zumeist deutsch gespielt, jeder Gebildete verstand Deutsch, das
auch in Amt und Schule in Verwendung stand. Aber allmählich vergaß man
die politische Weisheit Maria Theresias und Kaiser Josephs. Man vernach¬
lässigte das Deutschtum; man opferte es schließlich bei dem Ausgleiche mit den
Polen diesen auf (1868). Durch die damals Galizien gewährte Sonderstellung
ist auch dem Deutschtum in Lemberg das Grab geschaufelt worden. Damit
sind auch die Verhältnisse geschaffen worden, die in so beschämender und ver¬
derblicher Weise in den letzten Monaten zutage getreten sind. Man darf hoffen,
daß diese Erfahrungen nicht unbenutzt gelassen werden und alle berufenen Kreise
sich an die Wichtigkeit der deutschen Ansiedlungen erinnern. Sie sind treue
Vorposten des deutschen Volkes und Pioniere der deutschen Kultur. Wenn
Österreich und Deutschland seinen kulturellen Einfluß im Osten wahren will,
wenn es aus diesem für das deutsche Volk hochwichtigen Wirtschaftsgebiet nicht
verdrängt werden will, muß für deutsche Ansiedlungen und deutsche Schulen
gesorgt werden. Nur auf diese Weise kann jene Kulturgemeinschaft hergestellt
werden, die auch Gewähr zur gemeinsamen Verteidigung der mitteleuropäischen
Interessen gegen die Barbarei des Ostens bildet.




Deutsche Fürsten aus fremden und Ausländer
auf deutschen Thronen
Prof. Dr. Conrad Bornhak von

^äst alle europäischen Dynastien sind deutschen Ursprungs. Von
besonderem Vorteile ist das für Deutschland nie gewesen. Durch
die zeitweise Verbindung des deutschen Stammlandes mit eitlem
ausländischen Staate, wie Sachsens mit Polen, Hannovers mit
England, Schleswig-Holsteins mit Dänemark, hatte nur das
deutsche Stammland zu leiden. Diese Verbindungen haben jetzt glücklicher Weise
aufgehört. Aber auch die deutschen Dynastien im Auslande verlieren sehr bald
das Bewußtsein ihres Ursprunges und lassen an Deutschfeindlichkeit nichts
zu wünschen übrig. So sehen wir in Belgien, England und Rußland deutsche
Fürstenhäuser an der Spitze des feindlichen Auslandes.

Belgien kann als erledigt gelten.

Das englische Königshaus ist so rein deutsch, daß man Jahrhunderte
zurückgehen muß, um auch nur einen Tropfen englischen Blutes zu finden.


Grenzboten IV 1914 18
Deutsche Fürsten ans fremden und Ausländer auf deutsche» Thronen

zu blühen. Deutsche haben die Grundlagen einer neuen Kulturperiode gelegt.
Wieder wiesen alle Stände zahlreiche Deutsche auf, die Universität war deutsch,
im Theater wurde zumeist deutsch gespielt, jeder Gebildete verstand Deutsch, das
auch in Amt und Schule in Verwendung stand. Aber allmählich vergaß man
die politische Weisheit Maria Theresias und Kaiser Josephs. Man vernach¬
lässigte das Deutschtum; man opferte es schließlich bei dem Ausgleiche mit den
Polen diesen auf (1868). Durch die damals Galizien gewährte Sonderstellung
ist auch dem Deutschtum in Lemberg das Grab geschaufelt worden. Damit
sind auch die Verhältnisse geschaffen worden, die in so beschämender und ver¬
derblicher Weise in den letzten Monaten zutage getreten sind. Man darf hoffen,
daß diese Erfahrungen nicht unbenutzt gelassen werden und alle berufenen Kreise
sich an die Wichtigkeit der deutschen Ansiedlungen erinnern. Sie sind treue
Vorposten des deutschen Volkes und Pioniere der deutschen Kultur. Wenn
Österreich und Deutschland seinen kulturellen Einfluß im Osten wahren will,
wenn es aus diesem für das deutsche Volk hochwichtigen Wirtschaftsgebiet nicht
verdrängt werden will, muß für deutsche Ansiedlungen und deutsche Schulen
gesorgt werden. Nur auf diese Weise kann jene Kulturgemeinschaft hergestellt
werden, die auch Gewähr zur gemeinsamen Verteidigung der mitteleuropäischen
Interessen gegen die Barbarei des Ostens bildet.




Deutsche Fürsten aus fremden und Ausländer
auf deutschen Thronen
Prof. Dr. Conrad Bornhak von

^äst alle europäischen Dynastien sind deutschen Ursprungs. Von
besonderem Vorteile ist das für Deutschland nie gewesen. Durch
die zeitweise Verbindung des deutschen Stammlandes mit eitlem
ausländischen Staate, wie Sachsens mit Polen, Hannovers mit
England, Schleswig-Holsteins mit Dänemark, hatte nur das
deutsche Stammland zu leiden. Diese Verbindungen haben jetzt glücklicher Weise
aufgehört. Aber auch die deutschen Dynastien im Auslande verlieren sehr bald
das Bewußtsein ihres Ursprunges und lassen an Deutschfeindlichkeit nichts
zu wünschen übrig. So sehen wir in Belgien, England und Rußland deutsche
Fürstenhäuser an der Spitze des feindlichen Auslandes.

Belgien kann als erledigt gelten.

Das englische Königshaus ist so rein deutsch, daß man Jahrhunderte
zurückgehen muß, um auch nur einen Tropfen englischen Blutes zu finden.


Grenzboten IV 1914 18
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[0285] Deutsche Fürsten ans fremden und Ausländer auf deutsche» Thronen zu blühen. Deutsche haben die Grundlagen einer neuen Kulturperiode gelegt. Wieder wiesen alle Stände zahlreiche Deutsche auf, die Universität war deutsch, im Theater wurde zumeist deutsch gespielt, jeder Gebildete verstand Deutsch, das auch in Amt und Schule in Verwendung stand. Aber allmählich vergaß man die politische Weisheit Maria Theresias und Kaiser Josephs. Man vernach¬ lässigte das Deutschtum; man opferte es schließlich bei dem Ausgleiche mit den Polen diesen auf (1868). Durch die damals Galizien gewährte Sonderstellung ist auch dem Deutschtum in Lemberg das Grab geschaufelt worden. Damit sind auch die Verhältnisse geschaffen worden, die in so beschämender und ver¬ derblicher Weise in den letzten Monaten zutage getreten sind. Man darf hoffen, daß diese Erfahrungen nicht unbenutzt gelassen werden und alle berufenen Kreise sich an die Wichtigkeit der deutschen Ansiedlungen erinnern. Sie sind treue Vorposten des deutschen Volkes und Pioniere der deutschen Kultur. Wenn Österreich und Deutschland seinen kulturellen Einfluß im Osten wahren will, wenn es aus diesem für das deutsche Volk hochwichtigen Wirtschaftsgebiet nicht verdrängt werden will, muß für deutsche Ansiedlungen und deutsche Schulen gesorgt werden. Nur auf diese Weise kann jene Kulturgemeinschaft hergestellt werden, die auch Gewähr zur gemeinsamen Verteidigung der mitteleuropäischen Interessen gegen die Barbarei des Ostens bildet. Deutsche Fürsten aus fremden und Ausländer auf deutschen Thronen Prof. Dr. Conrad Bornhak von ^äst alle europäischen Dynastien sind deutschen Ursprungs. Von besonderem Vorteile ist das für Deutschland nie gewesen. Durch die zeitweise Verbindung des deutschen Stammlandes mit eitlem ausländischen Staate, wie Sachsens mit Polen, Hannovers mit England, Schleswig-Holsteins mit Dänemark, hatte nur das deutsche Stammland zu leiden. Diese Verbindungen haben jetzt glücklicher Weise aufgehört. Aber auch die deutschen Dynastien im Auslande verlieren sehr bald das Bewußtsein ihres Ursprunges und lassen an Deutschfeindlichkeit nichts zu wünschen übrig. So sehen wir in Belgien, England und Rußland deutsche Fürstenhäuser an der Spitze des feindlichen Auslandes. Belgien kann als erledigt gelten. Das englische Königshaus ist so rein deutsch, daß man Jahrhunderte zurückgehen muß, um auch nur einen Tropfen englischen Blutes zu finden. Grenzboten IV 1914 18

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_329227/285>, abgerufen am 27.06.2024.