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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr.

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Aapitalzins

hat geradezu bahnbrechend gewirkt, dann folgen Schumann, Peter Cornelius,
Liszt und Wagner. Haben nun auch die Schriften Liszts nicht alle gleichmäßig
objektiven Wert, so gehören sie doch alle durch ihren Gedankenreichtum, ihren
schwungvollen Idealismus und die Objektivität des Urteils, nicht minder durch
die hohen poetischen Schönheiten, wie sie namentlich das phantastische und
gleichwohl innerlich so wahre Buch über Chopin aufweist, zu den bedeutendsten
Werken dieser Gattung, und bieten für jeden, der für Kunst, in welchem Ge-
wände es auch sei, irgend empfänglich ist, eine überaus reizvolle und fesselnde
Lektüre. Von unschätzbarem Werte aber sind sie für die Kenntnis des Wesens
ihres Verfassers: denn aus ihnen erhebt sich immer wieder nicht nur der An¬
reger und Bahnbrecher, als welcher Liszt heute noch mit geradezu persönlich zu
nennender Einwirkung fortlebt, sondern vor allem der edle, großzügige Mensch,
der Helferich, der nie für sich selbst, sondern immer nur für andere eintritt, in
rastloser Betätigung seiner Überzeugung, daß Genie mehr als Adel verpflichte,
der "getreue Eckhard" der neudeutschen Musikrichtung, der selbstloseste, herzens¬
reinste aller Künstler. Ehre seinem Andenken für und für!




Aapitalzins
von V. Brathuhn

as Zinsproblem, die Frage, warum das Kapital Zinsen trägt,
ist bis heute noch ungelöst. Es gibt zwar mehrere Theorien, die
das Problem von den verschiedensten Gesichtspunkten aus anfassen,
aber keine befriedigt ganz. Die Grundgedanken der einzelnen
Theorien lassen soviel Zweifel und Einwände zu, daß sich keine
von ihnen zu einer allgemeinen Anerkennung hat durchringen können.

Bevor die bekanntesten Theorien mit den gegen sie geltend zu machenden
Einwänden hier kurz angeführt werden, mag vorher der Begriff des Kapitals
und des Kapitalzinses festgelegt werden.

Das Kapital ist eine Ansammlung von Gütern, "die durch eine voraus¬
gegangene Produktion entstanden und nicht zu unmittelbarer Genußkonsumtion,
sondern zur Erwerbung weiterer Güter zu dienen bestimmt sind. Außerhalb
des Kapitalbegriffes stehen daher Gegenstände des unmittelbaren Genu߬
gebrauches einerseits und der gesamte (nicht produzierte) Grund und Boden
anderseits" *).



*) Böhm. Bawerk, Kapital und Kapitalzins.
Aapitalzins

hat geradezu bahnbrechend gewirkt, dann folgen Schumann, Peter Cornelius,
Liszt und Wagner. Haben nun auch die Schriften Liszts nicht alle gleichmäßig
objektiven Wert, so gehören sie doch alle durch ihren Gedankenreichtum, ihren
schwungvollen Idealismus und die Objektivität des Urteils, nicht minder durch
die hohen poetischen Schönheiten, wie sie namentlich das phantastische und
gleichwohl innerlich so wahre Buch über Chopin aufweist, zu den bedeutendsten
Werken dieser Gattung, und bieten für jeden, der für Kunst, in welchem Ge-
wände es auch sei, irgend empfänglich ist, eine überaus reizvolle und fesselnde
Lektüre. Von unschätzbarem Werte aber sind sie für die Kenntnis des Wesens
ihres Verfassers: denn aus ihnen erhebt sich immer wieder nicht nur der An¬
reger und Bahnbrecher, als welcher Liszt heute noch mit geradezu persönlich zu
nennender Einwirkung fortlebt, sondern vor allem der edle, großzügige Mensch,
der Helferich, der nie für sich selbst, sondern immer nur für andere eintritt, in
rastloser Betätigung seiner Überzeugung, daß Genie mehr als Adel verpflichte,
der „getreue Eckhard" der neudeutschen Musikrichtung, der selbstloseste, herzens¬
reinste aller Künstler. Ehre seinem Andenken für und für!




Aapitalzins
von V. Brathuhn

as Zinsproblem, die Frage, warum das Kapital Zinsen trägt,
ist bis heute noch ungelöst. Es gibt zwar mehrere Theorien, die
das Problem von den verschiedensten Gesichtspunkten aus anfassen,
aber keine befriedigt ganz. Die Grundgedanken der einzelnen
Theorien lassen soviel Zweifel und Einwände zu, daß sich keine
von ihnen zu einer allgemeinen Anerkennung hat durchringen können.

Bevor die bekanntesten Theorien mit den gegen sie geltend zu machenden
Einwänden hier kurz angeführt werden, mag vorher der Begriff des Kapitals
und des Kapitalzinses festgelegt werden.

Das Kapital ist eine Ansammlung von Gütern, „die durch eine voraus¬
gegangene Produktion entstanden und nicht zu unmittelbarer Genußkonsumtion,
sondern zur Erwerbung weiterer Güter zu dienen bestimmt sind. Außerhalb
des Kapitalbegriffes stehen daher Gegenstände des unmittelbaren Genu߬
gebrauches einerseits und der gesamte (nicht produzierte) Grund und Boden
anderseits" *).



*) Böhm. Bawerk, Kapital und Kapitalzins.
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[0043] Aapitalzins hat geradezu bahnbrechend gewirkt, dann folgen Schumann, Peter Cornelius, Liszt und Wagner. Haben nun auch die Schriften Liszts nicht alle gleichmäßig objektiven Wert, so gehören sie doch alle durch ihren Gedankenreichtum, ihren schwungvollen Idealismus und die Objektivität des Urteils, nicht minder durch die hohen poetischen Schönheiten, wie sie namentlich das phantastische und gleichwohl innerlich so wahre Buch über Chopin aufweist, zu den bedeutendsten Werken dieser Gattung, und bieten für jeden, der für Kunst, in welchem Ge- wände es auch sei, irgend empfänglich ist, eine überaus reizvolle und fesselnde Lektüre. Von unschätzbarem Werte aber sind sie für die Kenntnis des Wesens ihres Verfassers: denn aus ihnen erhebt sich immer wieder nicht nur der An¬ reger und Bahnbrecher, als welcher Liszt heute noch mit geradezu persönlich zu nennender Einwirkung fortlebt, sondern vor allem der edle, großzügige Mensch, der Helferich, der nie für sich selbst, sondern immer nur für andere eintritt, in rastloser Betätigung seiner Überzeugung, daß Genie mehr als Adel verpflichte, der „getreue Eckhard" der neudeutschen Musikrichtung, der selbstloseste, herzens¬ reinste aller Künstler. Ehre seinem Andenken für und für! Aapitalzins von V. Brathuhn as Zinsproblem, die Frage, warum das Kapital Zinsen trägt, ist bis heute noch ungelöst. Es gibt zwar mehrere Theorien, die das Problem von den verschiedensten Gesichtspunkten aus anfassen, aber keine befriedigt ganz. Die Grundgedanken der einzelnen Theorien lassen soviel Zweifel und Einwände zu, daß sich keine von ihnen zu einer allgemeinen Anerkennung hat durchringen können. Bevor die bekanntesten Theorien mit den gegen sie geltend zu machenden Einwänden hier kurz angeführt werden, mag vorher der Begriff des Kapitals und des Kapitalzinses festgelegt werden. Das Kapital ist eine Ansammlung von Gütern, „die durch eine voraus¬ gegangene Produktion entstanden und nicht zu unmittelbarer Genußkonsumtion, sondern zur Erwerbung weiterer Güter zu dienen bestimmt sind. Außerhalb des Kapitalbegriffes stehen daher Gegenstände des unmittelbaren Genu߬ gebrauches einerseits und der gesamte (nicht produzierte) Grund und Boden anderseits" *). *) Böhm. Bawerk, Kapital und Kapitalzins.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328733/43>, abgerufen am 27.07.2024.