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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Gin gefährdetes ^chutzgesetz
Dr. zur. Gustav Wahlberg von

Besser denn köstlich Ol
ist ein guter Name

Prediger Kap. 7 V. 1

och nicht zwanzig Jahre ist es her, daß nach langen wissenschaft¬
lichen Kämpfen und vielem Für und Wider endlich in unserem
deutschen Vaterlande ein neues Rechtsgut geschaffen wurde: das
Recht des einzelnen an seinem Namen. Von nun an sollte auch
des Gesetzes Schutz diesem Rechte gewährt werden, selbst wenn es
sich nicht um vorsätzliche oder gar strafrechtlich zu ahndende Verletzungen des
Namens handeln würde.

Das Reichsgericht in Leipzig hatte allerdings schon seit Anfang der achtziger
Jahre des vorigen Jahrhunderts wiederholt dahin erkannt, daß die Befugnis,
einen bestimmten Familiennamen zu führen, als ein im Rechtswege verfolgbares
Privatrecht anzusehen sei. Auch zahlreiche bedeutende Rechtslehrer, an ihrer
Spitze Gierde, hatten die gleiche Ansicht nachdrücklichst verfochten. Alles das schlug
jedoch nicht durch, weil -- besonders im Gebiete des gemeinen Rechts -- dies¬
bezügliche Gesetzesbestimmungen fehlten.

Auch die Gesetzgeber des ersten Entwurfes zu unserem Bürgerlichen Gesetz¬
buch hielten die positive Anerkennung dieses privatrechtlichen Verbietungsrechtes
des Namensberechtigten gegen denjenigen, welcher unbefugt den gleichen Namen
führt, nicht durch ein Bedürfnis geboten. So ging dann der erste Entwurf
dieses bedeutsamen Gesetzeswerkes ohne diesbezügliche Bestimmungen in die Welt.

Doch schon die Kommission für die zweite Lesung kam -- angeregt durch
die Kritik namhafter sachkundiger -- zu der Überzeugung, daß ein Bedürfnis
für den privatrechtlichen Schutz des Namens sowohl in samilienrechtlicher als in
gewerblicher Beziehung anzuerkennen sei, und daß die bisherigen Schutzmittel des
Privatrechts -- Feststellungsklage der Zivilprozeßordnung und Schadensersatzklage bei
vorsätzlicher Verletzung -- nicht ausreichend seien, um die Namensberechtigten
mich gegen objektiv unbefugte Namensbeeinträchtigungen zu schützen. Denn jeder
Namensberechtigte, so führen die Gesetzgeber in ihrer Denkschrift ') aus, habe ein
Interesse daran, daß ihm "nicht infolge des Mißbrauches seines Namens und
einer dadurch herbeigeführten Verwechslung der Person das Verhalten, die Hand-



*) Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches, S. 4.


Gin gefährdetes ^chutzgesetz
Dr. zur. Gustav Wahlberg von

Besser denn köstlich Ol
ist ein guter Name

Prediger Kap. 7 V. 1

och nicht zwanzig Jahre ist es her, daß nach langen wissenschaft¬
lichen Kämpfen und vielem Für und Wider endlich in unserem
deutschen Vaterlande ein neues Rechtsgut geschaffen wurde: das
Recht des einzelnen an seinem Namen. Von nun an sollte auch
des Gesetzes Schutz diesem Rechte gewährt werden, selbst wenn es
sich nicht um vorsätzliche oder gar strafrechtlich zu ahndende Verletzungen des
Namens handeln würde.

Das Reichsgericht in Leipzig hatte allerdings schon seit Anfang der achtziger
Jahre des vorigen Jahrhunderts wiederholt dahin erkannt, daß die Befugnis,
einen bestimmten Familiennamen zu führen, als ein im Rechtswege verfolgbares
Privatrecht anzusehen sei. Auch zahlreiche bedeutende Rechtslehrer, an ihrer
Spitze Gierde, hatten die gleiche Ansicht nachdrücklichst verfochten. Alles das schlug
jedoch nicht durch, weil — besonders im Gebiete des gemeinen Rechts — dies¬
bezügliche Gesetzesbestimmungen fehlten.

Auch die Gesetzgeber des ersten Entwurfes zu unserem Bürgerlichen Gesetz¬
buch hielten die positive Anerkennung dieses privatrechtlichen Verbietungsrechtes
des Namensberechtigten gegen denjenigen, welcher unbefugt den gleichen Namen
führt, nicht durch ein Bedürfnis geboten. So ging dann der erste Entwurf
dieses bedeutsamen Gesetzeswerkes ohne diesbezügliche Bestimmungen in die Welt.

Doch schon die Kommission für die zweite Lesung kam — angeregt durch
die Kritik namhafter sachkundiger — zu der Überzeugung, daß ein Bedürfnis
für den privatrechtlichen Schutz des Namens sowohl in samilienrechtlicher als in
gewerblicher Beziehung anzuerkennen sei, und daß die bisherigen Schutzmittel des
Privatrechts — Feststellungsklage der Zivilprozeßordnung und Schadensersatzklage bei
vorsätzlicher Verletzung — nicht ausreichend seien, um die Namensberechtigten
mich gegen objektiv unbefugte Namensbeeinträchtigungen zu schützen. Denn jeder
Namensberechtigte, so führen die Gesetzgeber in ihrer Denkschrift ') aus, habe ein
Interesse daran, daß ihm „nicht infolge des Mißbrauches seines Namens und
einer dadurch herbeigeführten Verwechslung der Person das Verhalten, die Hand-



*) Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches, S. 4.
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[0551] [Abbildung] Gin gefährdetes ^chutzgesetz Dr. zur. Gustav Wahlberg von Besser denn köstlich Ol ist ein guter Name Prediger Kap. 7 V. 1 och nicht zwanzig Jahre ist es her, daß nach langen wissenschaft¬ lichen Kämpfen und vielem Für und Wider endlich in unserem deutschen Vaterlande ein neues Rechtsgut geschaffen wurde: das Recht des einzelnen an seinem Namen. Von nun an sollte auch des Gesetzes Schutz diesem Rechte gewährt werden, selbst wenn es sich nicht um vorsätzliche oder gar strafrechtlich zu ahndende Verletzungen des Namens handeln würde. Das Reichsgericht in Leipzig hatte allerdings schon seit Anfang der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wiederholt dahin erkannt, daß die Befugnis, einen bestimmten Familiennamen zu führen, als ein im Rechtswege verfolgbares Privatrecht anzusehen sei. Auch zahlreiche bedeutende Rechtslehrer, an ihrer Spitze Gierde, hatten die gleiche Ansicht nachdrücklichst verfochten. Alles das schlug jedoch nicht durch, weil — besonders im Gebiete des gemeinen Rechts — dies¬ bezügliche Gesetzesbestimmungen fehlten. Auch die Gesetzgeber des ersten Entwurfes zu unserem Bürgerlichen Gesetz¬ buch hielten die positive Anerkennung dieses privatrechtlichen Verbietungsrechtes des Namensberechtigten gegen denjenigen, welcher unbefugt den gleichen Namen führt, nicht durch ein Bedürfnis geboten. So ging dann der erste Entwurf dieses bedeutsamen Gesetzeswerkes ohne diesbezügliche Bestimmungen in die Welt. Doch schon die Kommission für die zweite Lesung kam — angeregt durch die Kritik namhafter sachkundiger — zu der Überzeugung, daß ein Bedürfnis für den privatrechtlichen Schutz des Namens sowohl in samilienrechtlicher als in gewerblicher Beziehung anzuerkennen sei, und daß die bisherigen Schutzmittel des Privatrechts — Feststellungsklage der Zivilprozeßordnung und Schadensersatzklage bei vorsätzlicher Verletzung — nicht ausreichend seien, um die Namensberechtigten mich gegen objektiv unbefugte Namensbeeinträchtigungen zu schützen. Denn jeder Namensberechtigte, so führen die Gesetzgeber in ihrer Denkschrift ') aus, habe ein Interesse daran, daß ihm „nicht infolge des Mißbrauches seines Namens und einer dadurch herbeigeführten Verwechslung der Person das Verhalten, die Hand- *) Denkschrift zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches, S. 4.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/551>, abgerufen am 13.11.2024.