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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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lungen und Leistungen eines anderen zugerechnet werden", ebenso wie jedes
Familienmitglied ein Interesse daran habe, daß "nicht ein anderer durch An¬
maßung des Familiennamens sich den Anschein der Zugehörigkeit zur Familie
des Berechtigten gebe".

Als Endergebnis solcher Erwägungen finden wir im H 12 des Bürgerlichen
Gesetzbuches folgendes niedergelegt:


"Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten
von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten
dadurch verletzt, dasz ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht,
so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung
verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er
auf Unterlassung klagen."

Wahrlich, man sollte meinen, daß nunmehr im Zusammenhalt mit den oben
bereits erwähnten Schutzbestimmungen ein jeder deutsche Staatsbürger seit 1900
in Sicherheit sich seines guten Namens erfreuen könne, und daß alles, was ein
jeglicher dafür täte, um seinen -- sei es durch Geburt, sei es durch Heirat er-
worbenen -- guten Namen sich und seinen Nachkommen in Ehren zu erhalten,
seiner Sippe zugute käme.

Leider, leider ist dem nicht sol Der Entwicklungsgang hat sich ganz anders
gestaltet.

Es erklärt sich das aus den zwei Seiten, die das Namensrecht aufweist. Das¬
selbe wird geregelt einerseits durch privatrechtliche, anderseits durch öffentlich-rechtliche
Normen. Der einzelne hat zwar das Recht, durch das sprachliche Mittel des Namens
sich von seinen Mitmenschen unterscheiden zu lassen; er hat aber auch die Pflicht,
dem Staate gegenüber eben diesen und keinen anderen Namen zu führen. Der
Staat hat seinerseits Machtmittel, einen einzelnen zur Führung gerade des ihm
zukommenden Namens anzuhalten, und jedem einzelnen seiner Angehörigen, falls
es die Umstände erfordern, einen Namen beizulegen, zwecks Unterscheidung von
anderen, wie z. V. Findelkindern.

Keinem deutschen Staatsbürger steht es heute mehr zu, willkürlich seinen
Namen zu ändern, sondern überall ist die Annahme eines neuen Namens abhängig
gemacht von obrigkeitlichen Akten.

Soweit nun das Namensrecht privatrechtlichen Normen unterliegt, finden wir
es auf Grund Artikel 4 der Verfassung des Deutschen Reiches geregelt durch Reichs¬
gesetze, wie z, B. im Bürgerlichen Gesetzbuch in der Zivilprozeßordnung.

Eine Zuständigkeit des Reiches ist aber nicht gegeben für die Beaufsichtigung
oder die gesetzliche Regelung des Verfahrens bei Namensänderungen, obgleich Artikels
der Reichsverfassug auch die Gesetzgebung auf manchem öffentrechtlichen Gebiete,
wie z. B. Personenstand, Strafrecht, auf das Reich übertragen hat.

Dieser Zwiespalt der maßgebenden Gewalten über das Namensrecht zeitigt
unerfreuliche Früchte.

Wie wir in dem obenerwähnten § 12 des Bürgerlichen Gesetzbuches lesen, hat
der zum Namen Berechtigte einen Schutzanspruch nur dann, wenn der "andere
unbefugt den gleichen Namen gebraucht". Von einem "unbefugten"Gebrauch eines
Namens kann natürlich dann nicht die Rede sein, wenn dem andern das Recht
an dem Namen auch zusteht. Das ist aber der Fall, wenn dem andern im Wege


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lungen und Leistungen eines anderen zugerechnet werden", ebenso wie jedes
Familienmitglied ein Interesse daran habe, daß „nicht ein anderer durch An¬
maßung des Familiennamens sich den Anschein der Zugehörigkeit zur Familie
des Berechtigten gebe".

Als Endergebnis solcher Erwägungen finden wir im H 12 des Bürgerlichen
Gesetzbuches folgendes niedergelegt:


„Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten
von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten
dadurch verletzt, dasz ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht,
so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung
verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er
auf Unterlassung klagen."

Wahrlich, man sollte meinen, daß nunmehr im Zusammenhalt mit den oben
bereits erwähnten Schutzbestimmungen ein jeder deutsche Staatsbürger seit 1900
in Sicherheit sich seines guten Namens erfreuen könne, und daß alles, was ein
jeglicher dafür täte, um seinen — sei es durch Geburt, sei es durch Heirat er-
worbenen — guten Namen sich und seinen Nachkommen in Ehren zu erhalten,
seiner Sippe zugute käme.

Leider, leider ist dem nicht sol Der Entwicklungsgang hat sich ganz anders
gestaltet.

Es erklärt sich das aus den zwei Seiten, die das Namensrecht aufweist. Das¬
selbe wird geregelt einerseits durch privatrechtliche, anderseits durch öffentlich-rechtliche
Normen. Der einzelne hat zwar das Recht, durch das sprachliche Mittel des Namens
sich von seinen Mitmenschen unterscheiden zu lassen; er hat aber auch die Pflicht,
dem Staate gegenüber eben diesen und keinen anderen Namen zu führen. Der
Staat hat seinerseits Machtmittel, einen einzelnen zur Führung gerade des ihm
zukommenden Namens anzuhalten, und jedem einzelnen seiner Angehörigen, falls
es die Umstände erfordern, einen Namen beizulegen, zwecks Unterscheidung von
anderen, wie z. V. Findelkindern.

Keinem deutschen Staatsbürger steht es heute mehr zu, willkürlich seinen
Namen zu ändern, sondern überall ist die Annahme eines neuen Namens abhängig
gemacht von obrigkeitlichen Akten.

Soweit nun das Namensrecht privatrechtlichen Normen unterliegt, finden wir
es auf Grund Artikel 4 der Verfassung des Deutschen Reiches geregelt durch Reichs¬
gesetze, wie z, B. im Bürgerlichen Gesetzbuch in der Zivilprozeßordnung.

Eine Zuständigkeit des Reiches ist aber nicht gegeben für die Beaufsichtigung
oder die gesetzliche Regelung des Verfahrens bei Namensänderungen, obgleich Artikels
der Reichsverfassug auch die Gesetzgebung auf manchem öffentrechtlichen Gebiete,
wie z. B. Personenstand, Strafrecht, auf das Reich übertragen hat.

Dieser Zwiespalt der maßgebenden Gewalten über das Namensrecht zeitigt
unerfreuliche Früchte.

Wie wir in dem obenerwähnten § 12 des Bürgerlichen Gesetzbuches lesen, hat
der zum Namen Berechtigte einen Schutzanspruch nur dann, wenn der „andere
unbefugt den gleichen Namen gebraucht". Von einem „unbefugten"Gebrauch eines
Namens kann natürlich dann nicht die Rede sein, wenn dem andern das Recht
an dem Namen auch zusteht. Das ist aber der Fall, wenn dem andern im Wege


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[0552] <Lin gefährdetes Schulgesetz lungen und Leistungen eines anderen zugerechnet werden", ebenso wie jedes Familienmitglied ein Interesse daran habe, daß „nicht ein anderer durch An¬ maßung des Familiennamens sich den Anschein der Zugehörigkeit zur Familie des Berechtigten gebe". Als Endergebnis solcher Erwägungen finden wir im H 12 des Bürgerlichen Gesetzbuches folgendes niedergelegt: „Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dasz ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen." Wahrlich, man sollte meinen, daß nunmehr im Zusammenhalt mit den oben bereits erwähnten Schutzbestimmungen ein jeder deutsche Staatsbürger seit 1900 in Sicherheit sich seines guten Namens erfreuen könne, und daß alles, was ein jeglicher dafür täte, um seinen — sei es durch Geburt, sei es durch Heirat er- worbenen — guten Namen sich und seinen Nachkommen in Ehren zu erhalten, seiner Sippe zugute käme. Leider, leider ist dem nicht sol Der Entwicklungsgang hat sich ganz anders gestaltet. Es erklärt sich das aus den zwei Seiten, die das Namensrecht aufweist. Das¬ selbe wird geregelt einerseits durch privatrechtliche, anderseits durch öffentlich-rechtliche Normen. Der einzelne hat zwar das Recht, durch das sprachliche Mittel des Namens sich von seinen Mitmenschen unterscheiden zu lassen; er hat aber auch die Pflicht, dem Staate gegenüber eben diesen und keinen anderen Namen zu führen. Der Staat hat seinerseits Machtmittel, einen einzelnen zur Führung gerade des ihm zukommenden Namens anzuhalten, und jedem einzelnen seiner Angehörigen, falls es die Umstände erfordern, einen Namen beizulegen, zwecks Unterscheidung von anderen, wie z. V. Findelkindern. Keinem deutschen Staatsbürger steht es heute mehr zu, willkürlich seinen Namen zu ändern, sondern überall ist die Annahme eines neuen Namens abhängig gemacht von obrigkeitlichen Akten. Soweit nun das Namensrecht privatrechtlichen Normen unterliegt, finden wir es auf Grund Artikel 4 der Verfassung des Deutschen Reiches geregelt durch Reichs¬ gesetze, wie z, B. im Bürgerlichen Gesetzbuch in der Zivilprozeßordnung. Eine Zuständigkeit des Reiches ist aber nicht gegeben für die Beaufsichtigung oder die gesetzliche Regelung des Verfahrens bei Namensänderungen, obgleich Artikels der Reichsverfassug auch die Gesetzgebung auf manchem öffentrechtlichen Gebiete, wie z. B. Personenstand, Strafrecht, auf das Reich übertragen hat. Dieser Zwiespalt der maßgebenden Gewalten über das Namensrecht zeitigt unerfreuliche Früchte. Wie wir in dem obenerwähnten § 12 des Bürgerlichen Gesetzbuches lesen, hat der zum Namen Berechtigte einen Schutzanspruch nur dann, wenn der „andere unbefugt den gleichen Namen gebraucht". Von einem „unbefugten"Gebrauch eines Namens kann natürlich dann nicht die Rede sein, wenn dem andern das Recht an dem Namen auch zusteht. Das ist aber der Fall, wenn dem andern im Wege

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/552>, abgerufen am 27.06.2024.