Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwei Dichtungen von Rabindranath Tagore

häßlich! Sebastian stand auf und holte den alten Lapppen, mit dem Kätha
seine Dielen abrich. Er tauchte ihn im Wasser und rieb lange an dem
verwahrlosten Fell. Der Hund hielt still. Die Wurst, die Mäuse hatten ihn
sanft gemacht, vielleicht empfand er die Guttat als solche. Und als der zu¬
künftige Domherr eine Bürste holte und ihn striegelte, wie man ein Pferd
striegelt, knurrte er vor Behagen.

Ja. der Hund sollte am Leben bleiben, und Sebastian wollte ihn Bursch
pleurer, wie einst sein Dackel hieß. So etwas Lebmdigs war so übel nicht,
besonders, wenn es einem Nutzen brachte. Jupp brauchte nichts davon zu
wissen; wahrscheinlich war es ihm auch einerlei. Er hatte die Katze zu ver¬
wahren, und dann die Hexel

Sebastian ließ von dem Hunde ab und warf die Bürste von sich. Er
war töricht, daß er an ein dummes Tier dachte, wenn die Gefahr in der Stadt
war. Gleich wollte er zum Stadtschreiber und ihn auf das große Unglück
aufmerksam machen, das entstehen konnte, wenn der Böse seine Macht hier
ausbreitete.

Aber, wie der Herr von Wiltberg im Rathaus nach dem Schreiber fragte,
ward ihm zur Antwort, daß dieser in wichtigen Amtsgeschäften weggegangen
und nicht zu sprechen wäre.

So also mußte Sebastian in seine Wohnung zurückkehren und versuchen,
an die heilige Genoveva zu denken, an Schmerzensreich und alles Böse, das
beide erdulden mußten.

(Fortsetzung folgt)




Zwei Dichtungen von Rabindranath Tagore
Beatrice Saals Aus dem Französischen*) übersetzt von
Die Bajadere

gaponta, ein Schüler Buddhas, schlief im Staube am Fuße der
Mauern, von Matura.

Die Feuer waren gelöscht und die Tore der Stadt geschlossen.
Am trüben Augusthimmel wurden die Sterne durch Wolken ver¬
borgen.

Plötzlich nahte ein Fuß, den die Musik klingenden Silberschmuckes begleitete,
und berührte die Brust Ugapontas.



*) I^es ^nnslss politiques et litteraires, Paris.
Zwei Dichtungen von Rabindranath Tagore

häßlich! Sebastian stand auf und holte den alten Lapppen, mit dem Kätha
seine Dielen abrich. Er tauchte ihn im Wasser und rieb lange an dem
verwahrlosten Fell. Der Hund hielt still. Die Wurst, die Mäuse hatten ihn
sanft gemacht, vielleicht empfand er die Guttat als solche. Und als der zu¬
künftige Domherr eine Bürste holte und ihn striegelte, wie man ein Pferd
striegelt, knurrte er vor Behagen.

Ja. der Hund sollte am Leben bleiben, und Sebastian wollte ihn Bursch
pleurer, wie einst sein Dackel hieß. So etwas Lebmdigs war so übel nicht,
besonders, wenn es einem Nutzen brachte. Jupp brauchte nichts davon zu
wissen; wahrscheinlich war es ihm auch einerlei. Er hatte die Katze zu ver¬
wahren, und dann die Hexel

Sebastian ließ von dem Hunde ab und warf die Bürste von sich. Er
war töricht, daß er an ein dummes Tier dachte, wenn die Gefahr in der Stadt
war. Gleich wollte er zum Stadtschreiber und ihn auf das große Unglück
aufmerksam machen, das entstehen konnte, wenn der Böse seine Macht hier
ausbreitete.

Aber, wie der Herr von Wiltberg im Rathaus nach dem Schreiber fragte,
ward ihm zur Antwort, daß dieser in wichtigen Amtsgeschäften weggegangen
und nicht zu sprechen wäre.

So also mußte Sebastian in seine Wohnung zurückkehren und versuchen,
an die heilige Genoveva zu denken, an Schmerzensreich und alles Böse, das
beide erdulden mußten.

(Fortsetzung folgt)




Zwei Dichtungen von Rabindranath Tagore
Beatrice Saals Aus dem Französischen*) übersetzt von
Die Bajadere

gaponta, ein Schüler Buddhas, schlief im Staube am Fuße der
Mauern, von Matura.

Die Feuer waren gelöscht und die Tore der Stadt geschlossen.
Am trüben Augusthimmel wurden die Sterne durch Wolken ver¬
borgen.

Plötzlich nahte ein Fuß, den die Musik klingenden Silberschmuckes begleitete,
und berührte die Brust Ugapontas.



*) I^es ^nnslss politiques et litteraires, Paris.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0090" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327556"/>
          <fw type="header" place="top"> Zwei Dichtungen von Rabindranath Tagore</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_297" prev="#ID_296"> häßlich! Sebastian stand auf und holte den alten Lapppen, mit dem Kätha<lb/>
seine Dielen abrich. Er tauchte ihn im Wasser und rieb lange an dem<lb/>
verwahrlosten Fell. Der Hund hielt still. Die Wurst, die Mäuse hatten ihn<lb/>
sanft gemacht, vielleicht empfand er die Guttat als solche. Und als der zu¬<lb/>
künftige Domherr eine Bürste holte und ihn striegelte, wie man ein Pferd<lb/>
striegelt, knurrte er vor Behagen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_298"> Ja. der Hund sollte am Leben bleiben, und Sebastian wollte ihn Bursch<lb/>
pleurer, wie einst sein Dackel hieß. So etwas Lebmdigs war so übel nicht,<lb/>
besonders, wenn es einem Nutzen brachte. Jupp brauchte nichts davon zu<lb/>
wissen; wahrscheinlich war es ihm auch einerlei. Er hatte die Katze zu ver¬<lb/>
wahren, und dann die Hexel</p><lb/>
          <p xml:id="ID_299"> Sebastian ließ von dem Hunde ab und warf die Bürste von sich. Er<lb/>
war töricht, daß er an ein dummes Tier dachte, wenn die Gefahr in der Stadt<lb/>
war. Gleich wollte er zum Stadtschreiber und ihn auf das große Unglück<lb/>
aufmerksam machen, das entstehen konnte, wenn der Böse seine Macht hier<lb/>
ausbreitete.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_300"> Aber, wie der Herr von Wiltberg im Rathaus nach dem Schreiber fragte,<lb/>
ward ihm zur Antwort, daß dieser in wichtigen Amtsgeschäften weggegangen<lb/>
und nicht zu sprechen wäre.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_301"> So also mußte Sebastian in seine Wohnung zurückkehren und versuchen,<lb/>
an die heilige Genoveva zu denken, an Schmerzensreich und alles Böse, das<lb/>
beide erdulden mußten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_302"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Zwei Dichtungen von Rabindranath Tagore<lb/><note type="byline"> Beatrice Saals</note> Aus dem Französischen*) übersetzt von</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Die Bajadere</head><lb/>
            <p xml:id="ID_303"> gaponta, ein Schüler Buddhas, schlief im Staube am Fuße der<lb/>
Mauern, von Matura.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_304"> Die Feuer waren gelöscht und die Tore der Stadt geschlossen.<lb/>
Am trüben Augusthimmel wurden die Sterne durch Wolken ver¬<lb/>
borgen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_305"> Plötzlich nahte ein Fuß, den die Musik klingenden Silberschmuckes begleitete,<lb/>
und berührte die Brust Ugapontas.</p><lb/>
            <note xml:id="FID_27" place="foot"> *) I^es ^nnslss politiques et litteraires, Paris.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0090] Zwei Dichtungen von Rabindranath Tagore häßlich! Sebastian stand auf und holte den alten Lapppen, mit dem Kätha seine Dielen abrich. Er tauchte ihn im Wasser und rieb lange an dem verwahrlosten Fell. Der Hund hielt still. Die Wurst, die Mäuse hatten ihn sanft gemacht, vielleicht empfand er die Guttat als solche. Und als der zu¬ künftige Domherr eine Bürste holte und ihn striegelte, wie man ein Pferd striegelt, knurrte er vor Behagen. Ja. der Hund sollte am Leben bleiben, und Sebastian wollte ihn Bursch pleurer, wie einst sein Dackel hieß. So etwas Lebmdigs war so übel nicht, besonders, wenn es einem Nutzen brachte. Jupp brauchte nichts davon zu wissen; wahrscheinlich war es ihm auch einerlei. Er hatte die Katze zu ver¬ wahren, und dann die Hexel Sebastian ließ von dem Hunde ab und warf die Bürste von sich. Er war töricht, daß er an ein dummes Tier dachte, wenn die Gefahr in der Stadt war. Gleich wollte er zum Stadtschreiber und ihn auf das große Unglück aufmerksam machen, das entstehen konnte, wenn der Böse seine Macht hier ausbreitete. Aber, wie der Herr von Wiltberg im Rathaus nach dem Schreiber fragte, ward ihm zur Antwort, daß dieser in wichtigen Amtsgeschäften weggegangen und nicht zu sprechen wäre. So also mußte Sebastian in seine Wohnung zurückkehren und versuchen, an die heilige Genoveva zu denken, an Schmerzensreich und alles Böse, das beide erdulden mußten. (Fortsetzung folgt) Zwei Dichtungen von Rabindranath Tagore Beatrice Saals Aus dem Französischen*) übersetzt von Die Bajadere gaponta, ein Schüler Buddhas, schlief im Staube am Fuße der Mauern, von Matura. Die Feuer waren gelöscht und die Tore der Stadt geschlossen. Am trüben Augusthimmel wurden die Sterne durch Wolken ver¬ borgen. Plötzlich nahte ein Fuß, den die Musik klingenden Silberschmuckes begleitete, und berührte die Brust Ugapontas. *) I^es ^nnslss politiques et litteraires, Paris.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_327465
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_327465/90
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_327465/90>, abgerufen am 28.12.2024.