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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.

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Die Aabinettsorder vom Jahre 1^793
Lin Lpilog
Dr. Richard Wolff von

indes ist schwerer, als politische Legenden zu beseitigen; immer
wieder tauchen sie in politisch erregten Zeiten auf, trotz aller
Widerlegungsversuche werden sie immer wieder geglaubt. So
geschah es, um nur ein Beispiel zu nennen, mit den Friedrich
dem Großen zugeschriebenen ,Matin6e8 ro^Iss", denen vor
einigen Jahren noch Maximilian Harden*), der Herausgeber der Zukunft, zum
Opfer gefallen ist. So ist es auch jetzt wieder mit einer Kabinettsorder Friedrich
Wilhelms des Dritten, vom 1. Januar 1798, geschehen, die durch die Vor-
kommnisse in Zabern von mehreren linksstehenden Zeitungen wieder ans Licht
gezogen worden ist. Unter anderem war sie im Berliner Tageblatt vom
10. Januar 1914 (Ur. 16) zu lesen. Zwar folgte prompt darauf eine Berich¬
tigung der Deutschen Tageszeitung vom 18. Januar, doch scheint diese weiter
keine Beachtung gesunden zu haben.

Die Kabinettsorder, in der Friedrich Wilhelm der Dritte mit despotischer ,
Strenge Offizieren, die sich dem Zivilstand gegenüber Anmaßungen erlauben,
schwere Strafen androht, hat folgenden Wortlaut:


"Ich habe sehr mißfällig wahrnehmen müssen, wie besonders junge
Officiers ihren Standt vor den Civilstand behaupten wollen. Ich werde
da den Mtlitair sein Ansehen geltend zu machen wissen, wo es ihm
wesentliche Vortheile zu wege bringt, und daß auf den Schauplätzen
des Krieges, wo sie ihre Mitbürger mit Leib und Leben zu ver¬
theidigen haben. Im übrigen aber darf es sich kein Soldat unterstehen,
was Standes er auch sey, einen meiner Bürger zu brusauiren.

Sie sind es, nicht ich, die die Arnuße unterhalten. In ihrem
Brodte stehet das Heer der meinen Befehlen anvertrauten Truppen;
und Arrest, Cassation, ja Todesstrafe werden die Folgen seyn, die
jeder Contravenient von meiner unbeweglichen Strenge zu ge¬
Friedrich Wilhelm." wärtigen hat.



*) Die Literatur hierüber ist zum letzten Male zusammengestellt worden von Hintze
in den Sitzungsberichten des Vereins fiir die Geschichte der Mark Brandenburg; Sitzung
d°in 6. Oktober 1910.


Die Aabinettsorder vom Jahre 1^793
Lin Lpilog
Dr. Richard Wolff von

indes ist schwerer, als politische Legenden zu beseitigen; immer
wieder tauchen sie in politisch erregten Zeiten auf, trotz aller
Widerlegungsversuche werden sie immer wieder geglaubt. So
geschah es, um nur ein Beispiel zu nennen, mit den Friedrich
dem Großen zugeschriebenen ,Matin6e8 ro^Iss", denen vor
einigen Jahren noch Maximilian Harden*), der Herausgeber der Zukunft, zum
Opfer gefallen ist. So ist es auch jetzt wieder mit einer Kabinettsorder Friedrich
Wilhelms des Dritten, vom 1. Januar 1798, geschehen, die durch die Vor-
kommnisse in Zabern von mehreren linksstehenden Zeitungen wieder ans Licht
gezogen worden ist. Unter anderem war sie im Berliner Tageblatt vom
10. Januar 1914 (Ur. 16) zu lesen. Zwar folgte prompt darauf eine Berich¬
tigung der Deutschen Tageszeitung vom 18. Januar, doch scheint diese weiter
keine Beachtung gesunden zu haben.

Die Kabinettsorder, in der Friedrich Wilhelm der Dritte mit despotischer ,
Strenge Offizieren, die sich dem Zivilstand gegenüber Anmaßungen erlauben,
schwere Strafen androht, hat folgenden Wortlaut:


„Ich habe sehr mißfällig wahrnehmen müssen, wie besonders junge
Officiers ihren Standt vor den Civilstand behaupten wollen. Ich werde
da den Mtlitair sein Ansehen geltend zu machen wissen, wo es ihm
wesentliche Vortheile zu wege bringt, und daß auf den Schauplätzen
des Krieges, wo sie ihre Mitbürger mit Leib und Leben zu ver¬
theidigen haben. Im übrigen aber darf es sich kein Soldat unterstehen,
was Standes er auch sey, einen meiner Bürger zu brusauiren.

Sie sind es, nicht ich, die die Arnuße unterhalten. In ihrem
Brodte stehet das Heer der meinen Befehlen anvertrauten Truppen;
und Arrest, Cassation, ja Todesstrafe werden die Folgen seyn, die
jeder Contravenient von meiner unbeweglichen Strenge zu ge¬
Friedrich Wilhelm." wärtigen hat.



*) Die Literatur hierüber ist zum letzten Male zusammengestellt worden von Hintze
in den Sitzungsberichten des Vereins fiir die Geschichte der Mark Brandenburg; Sitzung
d°in 6. Oktober 1910.
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[0361] [Abbildung] Die Aabinettsorder vom Jahre 1^793 Lin Lpilog Dr. Richard Wolff von indes ist schwerer, als politische Legenden zu beseitigen; immer wieder tauchen sie in politisch erregten Zeiten auf, trotz aller Widerlegungsversuche werden sie immer wieder geglaubt. So geschah es, um nur ein Beispiel zu nennen, mit den Friedrich dem Großen zugeschriebenen ,Matin6e8 ro^Iss", denen vor einigen Jahren noch Maximilian Harden*), der Herausgeber der Zukunft, zum Opfer gefallen ist. So ist es auch jetzt wieder mit einer Kabinettsorder Friedrich Wilhelms des Dritten, vom 1. Januar 1798, geschehen, die durch die Vor- kommnisse in Zabern von mehreren linksstehenden Zeitungen wieder ans Licht gezogen worden ist. Unter anderem war sie im Berliner Tageblatt vom 10. Januar 1914 (Ur. 16) zu lesen. Zwar folgte prompt darauf eine Berich¬ tigung der Deutschen Tageszeitung vom 18. Januar, doch scheint diese weiter keine Beachtung gesunden zu haben. Die Kabinettsorder, in der Friedrich Wilhelm der Dritte mit despotischer , Strenge Offizieren, die sich dem Zivilstand gegenüber Anmaßungen erlauben, schwere Strafen androht, hat folgenden Wortlaut: „Ich habe sehr mißfällig wahrnehmen müssen, wie besonders junge Officiers ihren Standt vor den Civilstand behaupten wollen. Ich werde da den Mtlitair sein Ansehen geltend zu machen wissen, wo es ihm wesentliche Vortheile zu wege bringt, und daß auf den Schauplätzen des Krieges, wo sie ihre Mitbürger mit Leib und Leben zu ver¬ theidigen haben. Im übrigen aber darf es sich kein Soldat unterstehen, was Standes er auch sey, einen meiner Bürger zu brusauiren. Sie sind es, nicht ich, die die Arnuße unterhalten. In ihrem Brodte stehet das Heer der meinen Befehlen anvertrauten Truppen; und Arrest, Cassation, ja Todesstrafe werden die Folgen seyn, die jeder Contravenient von meiner unbeweglichen Strenge zu ge¬ Friedrich Wilhelm." wärtigen hat. *) Die Literatur hierüber ist zum letzten Male zusammengestellt worden von Hintze in den Sitzungsberichten des Vereins fiir die Geschichte der Mark Brandenburg; Sitzung d°in 6. Oktober 1910.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_327465/361>, abgerufen am 28.12.2024.