Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] Namen und mit einwandfreien historischen Rechtsfragen Das Erbrecht des Reiches. Immer mehr Gedanke eines staatlichen Pflichtteils ist nicht Volkswirtschaft Zur bevorstehenden Zolltarifrevision in Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] Namen und mit einwandfreien historischen Rechtsfragen Das Erbrecht des Reiches. Immer mehr Gedanke eines staatlichen Pflichtteils ist nicht Volkswirtschaft Zur bevorstehenden Zolltarifrevision in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0393" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/326563"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_1925" prev="#ID_1924"> Namen und mit einwandfreien historischen<lb/> Dokumenten zu decken. Aber man komme<lb/> mir nicht mit solchen Herren, die sich außer¬<lb/> halb Deutschlands ihre Sporen verdient<lb/><note type="byline"> G. Li.</note> haben als — Rennplatzbesucher. </p> </div> <div n="2"> <head> Rechtsfragen</head> <p xml:id="ID_1926" next="#ID_1927"> Das Erbrecht des Reiches. Immer mehr<lb/> steigt das Interesse an der Reform des Erb¬<lb/> rechts zugunsten des Reichs. Wiederum ist<lb/> eine Schrift erschienen, die den Gegenstand<lb/> behandelt. Dr. Philipp Lob erörtert die<lb/> Frage in der anregenden Abhandlung: „Zur<lb/> Reform des Reichserbrechts." Berlin 1913,<lb/> Herin. Bahr. Der Verfasser steht auf dem<lb/> Boden des Staatssozialismus. Er hält es<lb/> für gerecht und klug zugleich, die Sozial¬<lb/> demokratie mit Hilfe der Gerechtigkeitsidee zu<lb/> bekämpfen. Nach dieser Richtung erscheint<lb/> ihm ein unbeschränktes Verwandtenerbrecht<lb/> bis ins Endlose so widersinnig, daß er sich<lb/> zu der Annahme genötigt sieht, Justinian habe<lb/> solcheBestimmung garnicht getroffen, man habe<lb/> die Vorschrift in der Nov. 113 nur immer falsch<lb/> ausgelegt. Der weise Gesetzgeber habe ein<lb/> so verkehrtes Gesetz unmöglich erlassen können,<lb/> zumal ohne irgendeine Begründung, die sich<lb/> doch sonst bei wichtigen Änderungen stets finde.<lb/> Das heutige Erbrecht der entferntesten Bluts¬<lb/> verwandten entstamme also nicht dem römi¬<lb/> schen Recht, sondern einer phantastischen Aus¬<lb/> legung des römischen Rechts. Auf alle Fälle<lb/> befürwortet Lob für die Gegenwart eine<lb/> Änderung der geltenden Vorschriften nach zwei<lb/> Richtungen. Einmal soll das testamentslose<lb/> Erbrecht der entfernten Seitenverwandten<lb/> wegfallen, an die Stelle dieser lachenden<lb/> Erben trete das Reich, — nicht etwa einer<lb/> der fünfundzwanzig Bundesstaaten, wie die<lb/> Regierungsvorlage vom 28. März 1913 vor¬<lb/> schlägt. Außerdem soll aber das Reich, selbst<lb/> wenn nahe Verwandte Erben sind, einen<lb/> Pflichtteil erhalten nach dem Muster des über¬<lb/> lebenden Ehegatten. Der überlebende Ehe¬<lb/> gatte hat als Pflichtteil ein Achtel des Nach¬<lb/> lasses neben Kindern, ein Viertel des Nach¬<lb/> lasses neben Geschwistern zu beanspruchen.<lb/> Ein Anteil von ähnlicher Höhe soll nach<lb/> Lobs Vorschlag sowohl bei testamentari¬<lb/> scher, wie bei testamentsloser Erbfolge der<lb/> Gesamtheit, d. h. dem Reich, zufallen. Der</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_1927" prev="#ID_1926"> Gedanke eines staatlichen Pflichtteils ist nicht<lb/> neu. Er findet sich sowohl in der älteren, wie<lb/> namentlich auch in der jüngeren Literatur der<lb/> Lehre von der Erbrechtsform. Es liegt nahe,<lb/> in dem Pflichtteil nur eine andere Form der<lb/> Besteuerung der Erbschafton zu erblicken.<lb/> Sieht man indessen näher hin, so zeigen sich<lb/> doch wesentliche Unterschiede in den beiden<lb/> Formen der Beteiligung des Staates an den<lb/> Erbschaften. Was die Begründung eines<lb/> eigentlichen staatlichen Miterbrechts angeht,<lb/> so liegt sie nicht etwa nur in dem Schutz,<lb/> den die Berechtigten bei der Erlangung der<lb/> Erbschaft finden, sondern in der Erwägung,<lb/> daß die Gesamtheit, der Staat regelmäßig<lb/> unterstützend, ja schöpferisch mitgewirkt hat<lb/> an der Entstehung der Vermögen, die mit<lb/> dem Tode des Besitzers herrenlos werden.<lb/> Die nähere Erörterung der wichtigen Frage,<lb/> die auch Lob nur streift, mag einer weiteren<lb/><note type="byline"> L.</note> Betrachtung vorbehalten bleiben. </p> </div> <div n="2"> <head> Volkswirtschaft</head> <p xml:id="ID_1928" next="#ID_1929"> Zur bevorstehenden Zolltarifrevision in<lb/> China. In dem Anleihevertrag über 25 Mil¬<lb/> lionen Pfund Sterling, der am 26. April dieses<lb/> Jahres zwischen dem chinesischen Finanzminister<lb/> als Vertreter der chinesischen Negierung und<lb/> den Vertretern deutscher, englischer, fran¬<lb/> zösischer, japanischer und russischer Bank¬<lb/> gruppen geschlossen worden ist, heißt eS unter<lb/> anderem: „. . . Die Anleihe wird hinsichtlich<lb/> des Kapitals und der Zinsen sichergestellt:<lb/> ... 2. durch die, sei es auf Grund einer<lb/> Tarifrevision oder sonst sich ergebenden, un¬<lb/> belasteten Überschüsse der Chinesischen See¬<lb/> zollverwaltung ..Die bei der Ausgabe<lb/> der Anleihe erlassene Bekanntmachung gibt<lb/> dann noch folgende Erläuterung: „... Es ist<lb/> vereinbart, daß, wenn späterhin die jährlichen<lb/> Eingänge der Seezolleinnahmen den Betrag<lb/> übersteigen sollten, der zur Bestreitung aller<lb/> bestehenden Belastungen oder solcher, die in¬<lb/> folge der Abschaffung der Likinzölle im Zu¬<lb/> sammenhang mit einer Tarifrevision sich er¬<lb/> geben werden, erforderlich ist, dieser Über¬<lb/> schuß in erster Linie für die Sicherstellung<lb/> und den Dienst der gegenwärtigen Anleihe zu<lb/> verwenden ist..." Damit ist die Revision<lb/> des chinesischen Zolltarifs und die langersehnte</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0393]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Namen und mit einwandfreien historischen
Dokumenten zu decken. Aber man komme
mir nicht mit solchen Herren, die sich außer¬
halb Deutschlands ihre Sporen verdient
G. Li. haben als — Rennplatzbesucher.
Rechtsfragen Das Erbrecht des Reiches. Immer mehr
steigt das Interesse an der Reform des Erb¬
rechts zugunsten des Reichs. Wiederum ist
eine Schrift erschienen, die den Gegenstand
behandelt. Dr. Philipp Lob erörtert die
Frage in der anregenden Abhandlung: „Zur
Reform des Reichserbrechts." Berlin 1913,
Herin. Bahr. Der Verfasser steht auf dem
Boden des Staatssozialismus. Er hält es
für gerecht und klug zugleich, die Sozial¬
demokratie mit Hilfe der Gerechtigkeitsidee zu
bekämpfen. Nach dieser Richtung erscheint
ihm ein unbeschränktes Verwandtenerbrecht
bis ins Endlose so widersinnig, daß er sich
zu der Annahme genötigt sieht, Justinian habe
solcheBestimmung garnicht getroffen, man habe
die Vorschrift in der Nov. 113 nur immer falsch
ausgelegt. Der weise Gesetzgeber habe ein
so verkehrtes Gesetz unmöglich erlassen können,
zumal ohne irgendeine Begründung, die sich
doch sonst bei wichtigen Änderungen stets finde.
Das heutige Erbrecht der entferntesten Bluts¬
verwandten entstamme also nicht dem römi¬
schen Recht, sondern einer phantastischen Aus¬
legung des römischen Rechts. Auf alle Fälle
befürwortet Lob für die Gegenwart eine
Änderung der geltenden Vorschriften nach zwei
Richtungen. Einmal soll das testamentslose
Erbrecht der entfernten Seitenverwandten
wegfallen, an die Stelle dieser lachenden
Erben trete das Reich, — nicht etwa einer
der fünfundzwanzig Bundesstaaten, wie die
Regierungsvorlage vom 28. März 1913 vor¬
schlägt. Außerdem soll aber das Reich, selbst
wenn nahe Verwandte Erben sind, einen
Pflichtteil erhalten nach dem Muster des über¬
lebenden Ehegatten. Der überlebende Ehe¬
gatte hat als Pflichtteil ein Achtel des Nach¬
lasses neben Kindern, ein Viertel des Nach¬
lasses neben Geschwistern zu beanspruchen.
Ein Anteil von ähnlicher Höhe soll nach
Lobs Vorschlag sowohl bei testamentari¬
scher, wie bei testamentsloser Erbfolge der
Gesamtheit, d. h. dem Reich, zufallen. Der
Gedanke eines staatlichen Pflichtteils ist nicht
neu. Er findet sich sowohl in der älteren, wie
namentlich auch in der jüngeren Literatur der
Lehre von der Erbrechtsform. Es liegt nahe,
in dem Pflichtteil nur eine andere Form der
Besteuerung der Erbschafton zu erblicken.
Sieht man indessen näher hin, so zeigen sich
doch wesentliche Unterschiede in den beiden
Formen der Beteiligung des Staates an den
Erbschaften. Was die Begründung eines
eigentlichen staatlichen Miterbrechts angeht,
so liegt sie nicht etwa nur in dem Schutz,
den die Berechtigten bei der Erlangung der
Erbschaft finden, sondern in der Erwägung,
daß die Gesamtheit, der Staat regelmäßig
unterstützend, ja schöpferisch mitgewirkt hat
an der Entstehung der Vermögen, die mit
dem Tode des Besitzers herrenlos werden.
Die nähere Erörterung der wichtigen Frage,
die auch Lob nur streift, mag einer weiteren
L. Betrachtung vorbehalten bleiben.
Volkswirtschaft Zur bevorstehenden Zolltarifrevision in
China. In dem Anleihevertrag über 25 Mil¬
lionen Pfund Sterling, der am 26. April dieses
Jahres zwischen dem chinesischen Finanzminister
als Vertreter der chinesischen Negierung und
den Vertretern deutscher, englischer, fran¬
zösischer, japanischer und russischer Bank¬
gruppen geschlossen worden ist, heißt eS unter
anderem: „. . . Die Anleihe wird hinsichtlich
des Kapitals und der Zinsen sichergestellt:
... 2. durch die, sei es auf Grund einer
Tarifrevision oder sonst sich ergebenden, un¬
belasteten Überschüsse der Chinesischen See¬
zollverwaltung ..Die bei der Ausgabe
der Anleihe erlassene Bekanntmachung gibt
dann noch folgende Erläuterung: „... Es ist
vereinbart, daß, wenn späterhin die jährlichen
Eingänge der Seezolleinnahmen den Betrag
übersteigen sollten, der zur Bestreitung aller
bestehenden Belastungen oder solcher, die in¬
folge der Abschaffung der Likinzölle im Zu¬
sammenhang mit einer Tarifrevision sich er¬
geben werden, erforderlich ist, dieser Über¬
schuß in erster Linie für die Sicherstellung
und den Dienst der gegenwärtigen Anleihe zu
verwenden ist..." Damit ist die Revision
des chinesischen Zolltarifs und die langersehnte
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