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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Reichskriegsschatz und Währung

meer den Wehrsteuervorlagen ist die beabsichtigte Erhöhung des
Reichskriegsschatzes im Vergleich zu ihrer finanzpolitischen Be¬
deutung allzusehr in den Hintergrund getreten. Die amtliche
Begründung findet sich ziemlich kurz mit diesen für unsere Währung
und Bankverfassung ungemein wichtigen Vorschlägen ab. In der
Diskussion spielen sie vollends eine sekundäre Rolle, was nicht wundernehmen
kann, wenn man einerseits die Schwierigkeit der währungspolitischen Frage in
Betracht zieht und anderseits das überwuchernde politische Interesse an den
übrigen gewichtigen Aufgaben der Wehrvorlage in Rechnung stellt. Von diesem
Gesichtspunkte aus kann man bedauern, daß wegen des inneren Zusammen¬
hanges man es für nötig befunden hat, diese währungs- und münzpolitische
Maßregel zugleich mit der Heeres- und den Deckungsoorlagen zur Erörterung
und zur Beschlußfassung zu stellen. Es kann gar nicht ausbleiben, daß gegen¬
über der Leidenschaftlichkeit, und welcher die Deckungsfragen erörtert werden,
sich auch fernerhin nur ein beschränktes Interesse für Gesichtspunkte finanz¬
politischer Natur wird aufbringen lassen. Eine solche Eile wäre nicht nötig
gewesen, da die vorgeschlagenen Änderungen erst in einer Reihe von Jahren
zur Durchführung gelangen sollen, mithin für eine schleunige Beschlußfassung
gar kein Grund vorlag. Es wäre weitaus vorzuziehen gewesen, wenn man
diese Vermehrung des Reichskriegsschatzes, die mit der Heeresverstärkung nur
äußerlich zusammenhängt und eine ganz anders geartete Frage, nämlich die der
finanziellen Kriegsbereitschaft betrifft, von der großen Heeresvorlage getrennt
und ihre Beratung ruhigeren Zeiten vorbehalten hätte.




Die finanzielle Rüstung Deutschlands soll dadurch eine namhafte Stärkung
erfahren, daß der Reichskriegsschatz des Spandauer Juliusturms auf das drei¬
fache erhöht wird. Das ist ein Ziel, das ganz unabhängig von der gegen¬
wärtigen Heeresvorlage und deren Ursachen als äußerst wünschenswert und
dringlich bezeichnet werden muß. Denn die 120 Millionen, welche man seiner
zeit aus der französischen Kriegsentschädigung für die Zwecke eines künstigen
Kriegsschatzes ausgesondert hat und in baarem Geld in Spandau verwahrt.




Reichskriegsschatz und Währung

meer den Wehrsteuervorlagen ist die beabsichtigte Erhöhung des
Reichskriegsschatzes im Vergleich zu ihrer finanzpolitischen Be¬
deutung allzusehr in den Hintergrund getreten. Die amtliche
Begründung findet sich ziemlich kurz mit diesen für unsere Währung
und Bankverfassung ungemein wichtigen Vorschlägen ab. In der
Diskussion spielen sie vollends eine sekundäre Rolle, was nicht wundernehmen
kann, wenn man einerseits die Schwierigkeit der währungspolitischen Frage in
Betracht zieht und anderseits das überwuchernde politische Interesse an den
übrigen gewichtigen Aufgaben der Wehrvorlage in Rechnung stellt. Von diesem
Gesichtspunkte aus kann man bedauern, daß wegen des inneren Zusammen¬
hanges man es für nötig befunden hat, diese währungs- und münzpolitische
Maßregel zugleich mit der Heeres- und den Deckungsoorlagen zur Erörterung
und zur Beschlußfassung zu stellen. Es kann gar nicht ausbleiben, daß gegen¬
über der Leidenschaftlichkeit, und welcher die Deckungsfragen erörtert werden,
sich auch fernerhin nur ein beschränktes Interesse für Gesichtspunkte finanz¬
politischer Natur wird aufbringen lassen. Eine solche Eile wäre nicht nötig
gewesen, da die vorgeschlagenen Änderungen erst in einer Reihe von Jahren
zur Durchführung gelangen sollen, mithin für eine schleunige Beschlußfassung
gar kein Grund vorlag. Es wäre weitaus vorzuziehen gewesen, wenn man
diese Vermehrung des Reichskriegsschatzes, die mit der Heeresverstärkung nur
äußerlich zusammenhängt und eine ganz anders geartete Frage, nämlich die der
finanziellen Kriegsbereitschaft betrifft, von der großen Heeresvorlage getrennt
und ihre Beratung ruhigeren Zeiten vorbehalten hätte.




Die finanzielle Rüstung Deutschlands soll dadurch eine namhafte Stärkung
erfahren, daß der Reichskriegsschatz des Spandauer Juliusturms auf das drei¬
fache erhöht wird. Das ist ein Ziel, das ganz unabhängig von der gegen¬
wärtigen Heeresvorlage und deren Ursachen als äußerst wünschenswert und
dringlich bezeichnet werden muß. Denn die 120 Millionen, welche man seiner
zeit aus der französischen Kriegsentschädigung für die Zwecke eines künstigen
Kriegsschatzes ausgesondert hat und in baarem Geld in Spandau verwahrt.


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[0144] Reichskriegsschatz und Währung meer den Wehrsteuervorlagen ist die beabsichtigte Erhöhung des Reichskriegsschatzes im Vergleich zu ihrer finanzpolitischen Be¬ deutung allzusehr in den Hintergrund getreten. Die amtliche Begründung findet sich ziemlich kurz mit diesen für unsere Währung und Bankverfassung ungemein wichtigen Vorschlägen ab. In der Diskussion spielen sie vollends eine sekundäre Rolle, was nicht wundernehmen kann, wenn man einerseits die Schwierigkeit der währungspolitischen Frage in Betracht zieht und anderseits das überwuchernde politische Interesse an den übrigen gewichtigen Aufgaben der Wehrvorlage in Rechnung stellt. Von diesem Gesichtspunkte aus kann man bedauern, daß wegen des inneren Zusammen¬ hanges man es für nötig befunden hat, diese währungs- und münzpolitische Maßregel zugleich mit der Heeres- und den Deckungsoorlagen zur Erörterung und zur Beschlußfassung zu stellen. Es kann gar nicht ausbleiben, daß gegen¬ über der Leidenschaftlichkeit, und welcher die Deckungsfragen erörtert werden, sich auch fernerhin nur ein beschränktes Interesse für Gesichtspunkte finanz¬ politischer Natur wird aufbringen lassen. Eine solche Eile wäre nicht nötig gewesen, da die vorgeschlagenen Änderungen erst in einer Reihe von Jahren zur Durchführung gelangen sollen, mithin für eine schleunige Beschlußfassung gar kein Grund vorlag. Es wäre weitaus vorzuziehen gewesen, wenn man diese Vermehrung des Reichskriegsschatzes, die mit der Heeresverstärkung nur äußerlich zusammenhängt und eine ganz anders geartete Frage, nämlich die der finanziellen Kriegsbereitschaft betrifft, von der großen Heeresvorlage getrennt und ihre Beratung ruhigeren Zeiten vorbehalten hätte. Die finanzielle Rüstung Deutschlands soll dadurch eine namhafte Stärkung erfahren, daß der Reichskriegsschatz des Spandauer Juliusturms auf das drei¬ fache erhöht wird. Das ist ein Ziel, das ganz unabhängig von der gegen¬ wärtigen Heeresvorlage und deren Ursachen als äußerst wünschenswert und dringlich bezeichnet werden muß. Denn die 120 Millionen, welche man seiner zeit aus der französischen Kriegsentschädigung für die Zwecke eines künstigen Kriegsschatzes ausgesondert hat und in baarem Geld in Spandau verwahrt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/144>, abgerufen am 27.07.2024.