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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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An der Wiege des Königreichs Rumänien
Berichte des preußischen Spezialgesandten Freiherrn von Nichthofen
an Rönig Friedrich Wilhelm den vierten
2.

In Ur. 1 dieser "Berichte" (Heft 23) hat uns der Druckfehler¬
teufel den Namen des französischen Gesandten bei der Hohen Pforte
Die Schriftltg. entstellt: der Herr heißt Thouvenel, nicht Thourenel.

rst unter dem 8. September, also vier Monate nach der Ernennung
der Kommissäre, kann der preußische Gesandte seinem Monarchen
melden, daß die Kommissionsmitglieder in Konstantinopel voll¬
zählig eingetroffen seien. An diese Meldung schließt sich die Fort¬
setzung des Berichts vom 13. August:

. . . Baron Koller (Österreich) schien ... zu fürchten, daß infolge der mi߬
glückter Bestrebungen Österreichs, Preußen von der Teilnahme an der Kom¬
misston auszuschließen, von unserer Seite eine gewisse Empfindlichkeit gegen
Österreich mit in die Kommission gebracht worden, und daß man unsererseits
daher auch abgeneigt sein würde, der Politik Österreichs beizutreten, und suchte
das Benehmen Österreichs gegen uns als ein solches zu rechtfertigen, was in
keiner Weise darauf berechnet gewesen sei, Preußen, das von Österreich vielmehr
für seinen natürlichen Alliierten gehalten werde, auszuschließen. Man habe nur
Sardinien nicht in der Kommission haben wollen. Ich habe ihm darauf erwidert,
daß man preußischerseits keine solche Empfindlichkeit mitbrachte, und der Gedanke
daran um so ferner gelegen habe, je unzweifelhafter das Recht Preußens fest¬
gestanden habe, an der Kommission teilzunehmen; ich habe ihm serner gesagt,
daß Eurer Königliche Majestät erhabene Absichten nur auf eine feste, sichere
und zuverlässige Gestaltung der Verhältnisse in der Moldau und Wallachei
gingen, die ebenso dem Interesse der Länder, als den Rechten der Pforte ent¬
sprechen, daß die Länder, als Produktionsländer der Cerealien eine hohe Mission
hätten, nämlich mit ihrem alljährlichen Überfluß dem übrigen Europa in Hunger¬
jahren zu Hilfe zu kommen, und daß Euer Königliche Majestät voraussetzten,
daß ein allgemeines, gleichartiges Interesse bestehen müsse, den Ländern eine
kräftige Regierung zu geben, die ihnen gestatte, diese ihre europäische Mission
zu erfüllen.




An der Wiege des Königreichs Rumänien
Berichte des preußischen Spezialgesandten Freiherrn von Nichthofen
an Rönig Friedrich Wilhelm den vierten
2.

In Ur. 1 dieser „Berichte" (Heft 23) hat uns der Druckfehler¬
teufel den Namen des französischen Gesandten bei der Hohen Pforte
Die Schriftltg. entstellt: der Herr heißt Thouvenel, nicht Thourenel.

rst unter dem 8. September, also vier Monate nach der Ernennung
der Kommissäre, kann der preußische Gesandte seinem Monarchen
melden, daß die Kommissionsmitglieder in Konstantinopel voll¬
zählig eingetroffen seien. An diese Meldung schließt sich die Fort¬
setzung des Berichts vom 13. August:

. . . Baron Koller (Österreich) schien ... zu fürchten, daß infolge der mi߬
glückter Bestrebungen Österreichs, Preußen von der Teilnahme an der Kom¬
misston auszuschließen, von unserer Seite eine gewisse Empfindlichkeit gegen
Österreich mit in die Kommission gebracht worden, und daß man unsererseits
daher auch abgeneigt sein würde, der Politik Österreichs beizutreten, und suchte
das Benehmen Österreichs gegen uns als ein solches zu rechtfertigen, was in
keiner Weise darauf berechnet gewesen sei, Preußen, das von Österreich vielmehr
für seinen natürlichen Alliierten gehalten werde, auszuschließen. Man habe nur
Sardinien nicht in der Kommission haben wollen. Ich habe ihm darauf erwidert,
daß man preußischerseits keine solche Empfindlichkeit mitbrachte, und der Gedanke
daran um so ferner gelegen habe, je unzweifelhafter das Recht Preußens fest¬
gestanden habe, an der Kommission teilzunehmen; ich habe ihm serner gesagt,
daß Eurer Königliche Majestät erhabene Absichten nur auf eine feste, sichere
und zuverlässige Gestaltung der Verhältnisse in der Moldau und Wallachei
gingen, die ebenso dem Interesse der Länder, als den Rechten der Pforte ent¬
sprechen, daß die Länder, als Produktionsländer der Cerealien eine hohe Mission
hätten, nämlich mit ihrem alljährlichen Überfluß dem übrigen Europa in Hunger¬
jahren zu Hilfe zu kommen, und daß Euer Königliche Majestät voraussetzten,
daß ein allgemeines, gleichartiges Interesse bestehen müsse, den Ländern eine
kräftige Regierung zu geben, die ihnen gestatte, diese ihre europäische Mission
zu erfüllen.


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[0214] An der Wiege des Königreichs Rumänien Berichte des preußischen Spezialgesandten Freiherrn von Nichthofen an Rönig Friedrich Wilhelm den vierten 2. In Ur. 1 dieser „Berichte" (Heft 23) hat uns der Druckfehler¬ teufel den Namen des französischen Gesandten bei der Hohen Pforte Die Schriftltg. entstellt: der Herr heißt Thouvenel, nicht Thourenel. rst unter dem 8. September, also vier Monate nach der Ernennung der Kommissäre, kann der preußische Gesandte seinem Monarchen melden, daß die Kommissionsmitglieder in Konstantinopel voll¬ zählig eingetroffen seien. An diese Meldung schließt sich die Fort¬ setzung des Berichts vom 13. August: . . . Baron Koller (Österreich) schien ... zu fürchten, daß infolge der mi߬ glückter Bestrebungen Österreichs, Preußen von der Teilnahme an der Kom¬ misston auszuschließen, von unserer Seite eine gewisse Empfindlichkeit gegen Österreich mit in die Kommission gebracht worden, und daß man unsererseits daher auch abgeneigt sein würde, der Politik Österreichs beizutreten, und suchte das Benehmen Österreichs gegen uns als ein solches zu rechtfertigen, was in keiner Weise darauf berechnet gewesen sei, Preußen, das von Österreich vielmehr für seinen natürlichen Alliierten gehalten werde, auszuschließen. Man habe nur Sardinien nicht in der Kommission haben wollen. Ich habe ihm darauf erwidert, daß man preußischerseits keine solche Empfindlichkeit mitbrachte, und der Gedanke daran um so ferner gelegen habe, je unzweifelhafter das Recht Preußens fest¬ gestanden habe, an der Kommission teilzunehmen; ich habe ihm serner gesagt, daß Eurer Königliche Majestät erhabene Absichten nur auf eine feste, sichere und zuverlässige Gestaltung der Verhältnisse in der Moldau und Wallachei gingen, die ebenso dem Interesse der Länder, als den Rechten der Pforte ent¬ sprechen, daß die Länder, als Produktionsländer der Cerealien eine hohe Mission hätten, nämlich mit ihrem alljährlichen Überfluß dem übrigen Europa in Hunger¬ jahren zu Hilfe zu kommen, und daß Euer Königliche Majestät voraussetzten, daß ein allgemeines, gleichartiges Interesse bestehen müsse, den Ländern eine kräftige Regierung zu geben, die ihnen gestatte, diese ihre europäische Mission zu erfüllen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/214>, abgerufen am 29.06.2024.