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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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voll alten Liedern

Preußens, die Gazeta Olszynska in Altenstein und der Mazur in Ortelsburg seit
seiner Richtungsänderung, aber besonders die in dem benachbarten Westpreußen
erscheinenden zahlreichen Zeitungen hatten gut vorgearbeitet, so daß die Polen
nicht mehr die Kosten einer Wahlagitation zu scheuen brauchten. Man will
auch künftig zur Erweckung nationalpolnischer Gesinnung eigene Kandidaten für
den ersten Wahlgang aufstellen. Sehen wir uns die Wahlkreise darauf an, in
welchen die Polen eine Rolle spielen können.

Im Reichstagswahlkreise Sensburg-Ortelsburg sind von 118651 Ein¬
wohnern 76046 Polen und 2951 Doppelsprachige, im Wahlkreise Osterode-
Neidenburg von 130746 Bewohner,? 71819 Polen und 2683 Doppelsprachige,
im Wahlkreise Oletzko-Lyck-Johannisburg von 144779 Einwohnern 78439 Polen
und 4438 Doppelsprachige. Diese drei ostpreußischen Wahlkreise sind überwiegend
polnisch. Wenn auch für die letzte Reichstagswahl noch nicht die Gefahr eines
Verlustes an die Polen bestand, so bedürfen sie doch in Rücksicht auf die stark
zunehmende polnische Agitation besonderer Aufmerksamkeit seitens der Deutschen.

In dem Wahlkreise Altenstein - Rössel sind unter 136015 Einwohnem
46084 Polen und 1568 Doppelsprachige, in Angerburg-Lötzen von 77555
Bewohnern 18376 Polen und 2798 Doppelsprachige. Die Polen könnten also
in diesen zwei Bezirken bei einer Stichwahl unter deutschen Parteien eine Rolle
spielen. Hoffen wir, daß dies nicht geschieht und ein deutschnationaler Kandidat
stets im ersten Wahlgänge durchkomme.




Von alten Liedern
von Katharina von Sanden

LWMs
H^-eMÄ^lec deutsche Lieder -- Volkslieder! Es geht uns mit diesem Schatz
wie mit manchem andern -- wir wissen nicht, wie reich wir sind.
Hier und da taucht einer hinab in die Tiefe, wo die Schätze
liegen, einer, dem von der Kinderzeit her der Sinn danach steht,
^und kommt empor mit gefüllten Händen und wir staunen. Noch
kaum einer ist weiter gelangt wie der Soldat im Märchen vom Feuerzeug, als
er in der Stube war, wo das Kupfergeld lag. Ein Sack Kupfergeld ist besser
als nichts; aber wenn man dann erst in die Goldstube kommt!

Wir sind ein zu ordentliches Volk, wir Deutschen, als daß wir unsere
Schätze unklassiert und unnumeriert ließen. In gewissem Sinne wissen wir,
was wir haben. Wir besitzen es schwarz auf weiß und können ruhig schlafen.
Leute, deren Beruf das ist, können für jedes Volkslied die wissenschaftliche Formel
angeben, die verrät, wo es aufbewahrt wird. "Hs. auf der königlichen Bibliothek


Grenzboten II 1S12 4
voll alten Liedern

Preußens, die Gazeta Olszynska in Altenstein und der Mazur in Ortelsburg seit
seiner Richtungsänderung, aber besonders die in dem benachbarten Westpreußen
erscheinenden zahlreichen Zeitungen hatten gut vorgearbeitet, so daß die Polen
nicht mehr die Kosten einer Wahlagitation zu scheuen brauchten. Man will
auch künftig zur Erweckung nationalpolnischer Gesinnung eigene Kandidaten für
den ersten Wahlgang aufstellen. Sehen wir uns die Wahlkreise darauf an, in
welchen die Polen eine Rolle spielen können.

Im Reichstagswahlkreise Sensburg-Ortelsburg sind von 118651 Ein¬
wohnern 76046 Polen und 2951 Doppelsprachige, im Wahlkreise Osterode-
Neidenburg von 130746 Bewohner,? 71819 Polen und 2683 Doppelsprachige,
im Wahlkreise Oletzko-Lyck-Johannisburg von 144779 Einwohnern 78439 Polen
und 4438 Doppelsprachige. Diese drei ostpreußischen Wahlkreise sind überwiegend
polnisch. Wenn auch für die letzte Reichstagswahl noch nicht die Gefahr eines
Verlustes an die Polen bestand, so bedürfen sie doch in Rücksicht auf die stark
zunehmende polnische Agitation besonderer Aufmerksamkeit seitens der Deutschen.

In dem Wahlkreise Altenstein - Rössel sind unter 136015 Einwohnem
46084 Polen und 1568 Doppelsprachige, in Angerburg-Lötzen von 77555
Bewohnern 18376 Polen und 2798 Doppelsprachige. Die Polen könnten also
in diesen zwei Bezirken bei einer Stichwahl unter deutschen Parteien eine Rolle
spielen. Hoffen wir, daß dies nicht geschieht und ein deutschnationaler Kandidat
stets im ersten Wahlgänge durchkomme.




Von alten Liedern
von Katharina von Sanden

LWMs
H^-eMÄ^lec deutsche Lieder — Volkslieder! Es geht uns mit diesem Schatz
wie mit manchem andern — wir wissen nicht, wie reich wir sind.
Hier und da taucht einer hinab in die Tiefe, wo die Schätze
liegen, einer, dem von der Kinderzeit her der Sinn danach steht,
^und kommt empor mit gefüllten Händen und wir staunen. Noch
kaum einer ist weiter gelangt wie der Soldat im Märchen vom Feuerzeug, als
er in der Stube war, wo das Kupfergeld lag. Ein Sack Kupfergeld ist besser
als nichts; aber wenn man dann erst in die Goldstube kommt!

Wir sind ein zu ordentliches Volk, wir Deutschen, als daß wir unsere
Schätze unklassiert und unnumeriert ließen. In gewissem Sinne wissen wir,
was wir haben. Wir besitzen es schwarz auf weiß und können ruhig schlafen.
Leute, deren Beruf das ist, können für jedes Volkslied die wissenschaftliche Formel
angeben, die verrät, wo es aufbewahrt wird. „Hs. auf der königlichen Bibliothek


Grenzboten II 1S12 4
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/37>, abgerufen am 22.07.2024.