Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.Ivilhelm Steinhaufen, ein religiöser Maler immer gewaltiger zur Geltung brachte, wie das Königreich Italien die Unter¬ Wilhelm Steinhausen, ein religiöser Maler von Dr. Roland Schach er die Theorien der heute maßgebenden Kritiker kennt, der weiß, Ein notwendiges Zeichen, wenn nicht überhaupt aller großen, doch mindestens Grenzboten IV 1911 27
Ivilhelm Steinhaufen, ein religiöser Maler immer gewaltiger zur Geltung brachte, wie das Königreich Italien die Unter¬ Wilhelm Steinhausen, ein religiöser Maler von Dr. Roland Schach er die Theorien der heute maßgebenden Kritiker kennt, der weiß, Ein notwendiges Zeichen, wenn nicht überhaupt aller großen, doch mindestens Grenzboten IV 1911 27
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Ivilhelm Steinhaufen, ein religiöser Maler
immer gewaltiger zur Geltung brachte, wie das Königreich Italien die Unter¬
stützung Preußens erhielt und demzufolge auch von den katholischen Dynastien
Bayern und Sachsen anerkannt wurde, wie endlich die Lösung der „römischen
Frage" von italienischer Seite sowohl gegenüber Frankreich wie gegenüber
Österreich im Nahmen einer Bündnisfrage konkret und mit teilweisen Erfolg
auf die diplomatische Tagesordnung gesetzt wurde. So überließ er denn die
Polen zunächst sich selbst, wie er für sein eigen Teil nachgerade passiv das
Schicksal erwartete, das am 20. September 1870 durch die Bresche der Porta
Pia in Rom einzog.
Wilhelm Steinhausen, ein religiöser Maler
von Dr. Roland Schach
er die Theorien der heute maßgebenden Kritiker kennt, der weiß,
daß augenblicklich religiöseMalerei keineswegs in hohemAnsehen steht.
Es liegt dies weniger an dem Umstand, daß unsere Zeit weniger
religiös wäre, weniger auch an dem relativ geringen Wert der
auf diesem Gebiete geschaffenen Durchschnittsleistungen, vielmehr
ist die letztere Tatsache schon wieder eine Folge der Hauptursache: der stilistischen
Entwicklung, welche die deutsche Malerei seit etwa den letzten fünfzig Jahren
genommen hat. Noch während der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts
waren die religiösen Werke der bedeutendsten Nazarener, wie sehr man auch
heute sie absprechend zu beurteilen geneigt ist, für die allermeisten eine Offen¬
barung. In den folgenden Epochen jedoch der Düsseldorfer Romantik, Pilotys
Kostümmalerei, Makarts rauschenden Festen und endlich des Realismus und
Impressionismus war für die Probleme der religiösen Malerei kein Raum.
Ein notwendiges Zeichen, wenn nicht überhaupt aller großen, doch mindestens
aller klassisch gewordenen Kunst ist Einheit des künstlerischen Problems. Wo daher,
wie in den erwähnten Epochen, Theatralik herrscht oder sprühende, doch in der
Mache frivole Dekoration, wo der Künstler lediglich mit Problemen ringt, die
von der äußeren Erscheinungswelt gestellt werden, oder im Genießen der
Phänomene dieser Erscheinungswelt aufgeht, muß das, was wir religiöse
Empfindung nennen, verdrängt werden. Und eben darum konnten auch die
Schüler und Enkelschüler der Nazarener, wollten sie in ihrer eigentlichen Do¬
mäne, der religiösen Malerei, bleiben, im allgemeinen nichts von den technischen
und stilistischen Errungenschaften der fortschreitenden Generationen brauchen; ja
durch die seit den deutschen Klassizisten bestehende Entfremdung zwischen Kunst
und Leben, die es noch heute manchem Älteren schwer macht, ein realistisch
Grenzboten IV 1911 27
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