Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] Bismnrck. (Zum Todestage am 30, Juli,) So schauen wir einem Otto v. Bismarck freudiger Hingabe nachfolgen. Denn nach Denn der Kampf ist der Vater alles Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] Bismnrck. (Zum Todestage am 30, Juli,) So schauen wir einem Otto v. Bismarck freudiger Hingabe nachfolgen. Denn nach Denn der Kampf ist der Vater alles <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0238" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319187"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341893_318948/figures/grenzboten_341893_318948_319187_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_1419"> Bismnrck. (Zum Todestage am 30, Juli,)<lb/> Die Zahl der Menschen ist sehr klein, die im<lb/> Laufe der Geschichte beherrschend aus dem<lb/> Kreise ihrer Volksgenossen hervorragen, und<lb/> von diesen sind es dann wieder nur ganz<lb/> vereinzelte, die zu wirklicher Titanengrösze<lb/> emporwachsen. Aber an solchen alles über¬<lb/> strahlenden Gestalten bleibt das Auge des<lb/> Volkes gern haften und voll verehrender Liebe<lb/> nimmt die Volksseele sie in sich auf, vor allem<lb/> dann, wenn sie dahingegangen sind und ihr<lb/> Bild dem irdischen Blicke entzogen ist. Dann<lb/> kommt es der Mitwelt erst voll zum Bewußt¬<lb/> sein, was das Volksleben und der Staat ver¬<lb/> loren haben, und wie stolz ragende mensch¬<lb/> liche Größe und Hoheit doch so selten sind.</p> <p xml:id="ID_1420" next="#ID_1421"> So schauen wir einem Otto v. Bismarck<lb/> nach, der geistig und leiblich als eine be¬<lb/> zwingende Siegfriedsgesta.le in das Leben<lb/> Deutschlands und der ganzen Welt hinein¬<lb/> geragt hat. Eiserne, unbeugsame Kraft war<lb/> es, die von ihm ausging, eine Stärke, welcher<lb/> der Weltball sich nicht entziehen konnte. Er<lb/> hat im Einklange mit seinem erhabenen, Weit¬<lb/> schauenden König und Herrn, dessen treuer<lb/> deutscher Diener er war, eine Zeit herauf¬<lb/> beschworen, in der es leuchtende Wahrheit<lb/> wurde: Deutschland über alles in der Weilt<lb/> Und nach einer solchen willensmächtigen trutzi¬<lb/> gen Heldengestalt, die Deutschland wieder in<lb/> den Sattel gehoben und reiten gelehrt hat,<lb/> sehnen sich Unzählige in unsereni Volke. Sie<lb/> würden einer Leitung von eisernem Willen,<lb/> die nur Deutsch Trumpf sein lassen würde,<lb/> die unnachgiebig, ohne Rücksicht auf Gunst<lb/> oder Ungunst, nach innen und außen nur das<lb/> eine Hochziel eines sieghaften Deutschtums<lb/> verfechten würde, voll Begeisterung und opfer¬</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_1421" prev="#ID_1420"> freudiger Hingabe nachfolgen. Denn nach<lb/> einem guten echten Worte bedeutet Deutscher<lb/> sein ein Kämpfer sein. Und so wollen wir<lb/> für deutsche Ehre und Größe ringen und<lb/> streiten und wollen nicht allein durch Nach¬<lb/> giebigkeit alle Steine des Anstoßes beseitigen,<lb/> was doch nur einen vorübergehenden Augen¬<lb/> blickserfolg herbeiführen kann.</p> <p xml:id="ID_1422" next="#ID_1423"> Denn der Kampf ist der Vater alles<lb/> Werdens, und entwürdigend ist eS für ein<lb/> Volk, sich von der Losung leiten zu lassen:<lb/> Frieden um jeden Preis I Ein solches Volk<lb/> könnte auf die Dauer nicht bestehen, es würde<lb/> von mannhaften Völkern schließlich überrannt<lb/> werden, da eS in Schwächlichkeit und weich¬<lb/> liche Genußsucht, die regelmäßig nebeneinander<lb/> herzugehen Pflegen, versinken würde. Wie<lb/> der einzelne Mensch, so braucht auch ein<lb/> ganzes Volk, um vorwärts zu schreiten, er¬<lb/> hebender, anspornender Ziele! Ein Ziel, das<lb/> aber bloß in der Erhaltung des Gegebenen<lb/> besteht, kann nicht begeisternd wirken, um so<lb/> weniger, wenn dieses Ziel etwa noch durch<lb/> kraftloses Entgegenkommen gewissermaßen er¬<lb/> kauft werden sollte. Und ohne herzerwärmende<lb/> Begeisterung gibt eS keine großen dauernden<lb/> Güter und Siege. Der nüchterne Verstand<lb/> darf Wohl niemals fehlen, aber er allein genügt<lb/> nicht, er kann besonders nicht ein ganzes<lb/> Volk zu einer opferwilligen Hingabe für das<lb/> Vaterland fortreißen. Traurig ist das Dasein<lb/> eines Volkes, das nur im Zeichen kühler<lb/> ängstlicher Berechnung, ohne belebenden Wage¬<lb/> mut steht. Wir haben oft geglaubt, über den<lb/> englischen „Krämergeist" spötteln zu sollen;<lb/> und wie tief hat doch tatsächlich ein solcher<lb/> Geist in unser eigenes deutsches Volk seinen<lb/> Einzug gehalten. Der englische „Krämer-</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0238]
[Abbildung]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Bismnrck. (Zum Todestage am 30, Juli,)
Die Zahl der Menschen ist sehr klein, die im
Laufe der Geschichte beherrschend aus dem
Kreise ihrer Volksgenossen hervorragen, und
von diesen sind es dann wieder nur ganz
vereinzelte, die zu wirklicher Titanengrösze
emporwachsen. Aber an solchen alles über¬
strahlenden Gestalten bleibt das Auge des
Volkes gern haften und voll verehrender Liebe
nimmt die Volksseele sie in sich auf, vor allem
dann, wenn sie dahingegangen sind und ihr
Bild dem irdischen Blicke entzogen ist. Dann
kommt es der Mitwelt erst voll zum Bewußt¬
sein, was das Volksleben und der Staat ver¬
loren haben, und wie stolz ragende mensch¬
liche Größe und Hoheit doch so selten sind.
So schauen wir einem Otto v. Bismarck
nach, der geistig und leiblich als eine be¬
zwingende Siegfriedsgesta.le in das Leben
Deutschlands und der ganzen Welt hinein¬
geragt hat. Eiserne, unbeugsame Kraft war
es, die von ihm ausging, eine Stärke, welcher
der Weltball sich nicht entziehen konnte. Er
hat im Einklange mit seinem erhabenen, Weit¬
schauenden König und Herrn, dessen treuer
deutscher Diener er war, eine Zeit herauf¬
beschworen, in der es leuchtende Wahrheit
wurde: Deutschland über alles in der Weilt
Und nach einer solchen willensmächtigen trutzi¬
gen Heldengestalt, die Deutschland wieder in
den Sattel gehoben und reiten gelehrt hat,
sehnen sich Unzählige in unsereni Volke. Sie
würden einer Leitung von eisernem Willen,
die nur Deutsch Trumpf sein lassen würde,
die unnachgiebig, ohne Rücksicht auf Gunst
oder Ungunst, nach innen und außen nur das
eine Hochziel eines sieghaften Deutschtums
verfechten würde, voll Begeisterung und opfer¬
freudiger Hingabe nachfolgen. Denn nach
einem guten echten Worte bedeutet Deutscher
sein ein Kämpfer sein. Und so wollen wir
für deutsche Ehre und Größe ringen und
streiten und wollen nicht allein durch Nach¬
giebigkeit alle Steine des Anstoßes beseitigen,
was doch nur einen vorübergehenden Augen¬
blickserfolg herbeiführen kann.
Denn der Kampf ist der Vater alles
Werdens, und entwürdigend ist eS für ein
Volk, sich von der Losung leiten zu lassen:
Frieden um jeden Preis I Ein solches Volk
könnte auf die Dauer nicht bestehen, es würde
von mannhaften Völkern schließlich überrannt
werden, da eS in Schwächlichkeit und weich¬
liche Genußsucht, die regelmäßig nebeneinander
herzugehen Pflegen, versinken würde. Wie
der einzelne Mensch, so braucht auch ein
ganzes Volk, um vorwärts zu schreiten, er¬
hebender, anspornender Ziele! Ein Ziel, das
aber bloß in der Erhaltung des Gegebenen
besteht, kann nicht begeisternd wirken, um so
weniger, wenn dieses Ziel etwa noch durch
kraftloses Entgegenkommen gewissermaßen er¬
kauft werden sollte. Und ohne herzerwärmende
Begeisterung gibt eS keine großen dauernden
Güter und Siege. Der nüchterne Verstand
darf Wohl niemals fehlen, aber er allein genügt
nicht, er kann besonders nicht ein ganzes
Volk zu einer opferwilligen Hingabe für das
Vaterland fortreißen. Traurig ist das Dasein
eines Volkes, das nur im Zeichen kühler
ängstlicher Berechnung, ohne belebenden Wage¬
mut steht. Wir haben oft geglaubt, über den
englischen „Krämergeist" spötteln zu sollen;
und wie tief hat doch tatsächlich ein solcher
Geist in unser eigenes deutsches Volk seinen
Einzug gehalten. Der englische „Krämer-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |