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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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Landeskunde der Provinz Brandenburg

etwas Nebensächliches', erst Tieck betont wieder seine Bedeutung, und Friedrich
Schlegel und die Boisseröe rühmen an den alten Bildern immer wieder den
magischen Zauber der Farbe. Und wie die gotische Baukunst schon von Wacken-
roder ganz allgemein auf Eigenschaften der Seele gedeutet, von Friedrich Schlegel,
Görres, Carove und anderen auf ganz ähnliche Weise symbolisch erklärt wird,
wie in I. K. Huysmans Roman "I^a Lstlisärale", so werden nun auch die
Farben, wie sich besonders deutlich bei Runge zeigt, absolute Symbole. Auch
Overbeck spricht einmal von der Farbe der Hoffnung, und wer eine Probe von
den Spitzfindigkeiten haben will, in die sich diese Symbolik bald verlor, lese
Friedrich Schlegels Aufsatz über Ludwig Schmorrs si. Cäcilie von 1823.

Damit wären die wichtigsten ideellen Zusammenhänge zwischen der deutschen
Romantik und der deutschen bildenden Kunst erwähnt. Was sich vereinzelt bei
späteren Romantikern, wie Fouauö oder E. T. A. Hoffmann oder allgemeiner in
der späteren Malerei, etwa der Düsseldorfer, oder bei Schwind an "Romantischen"
findet, ist wie das schon erwähnte Landschaftliche rein gegenständlich bedeutsam,
und eine genauere Untersuchung des hier Gemeinsamen würde erst möglich werden,
nachdem man sich über die Abgrenzungen des Begriffs "Romantik" geeinigt hat,
was einstweilen noch gute Wege haben dürfte.




Landeskunde der Provinz Brandenburg
von R. Uricg

MBeher den ersten Band eines großen Unternehmens in der Landes¬
kunde der Provinz Brandenburg ist in Heft 52, Jahrgang 1909
der Grenzboten berichtet worden. Nachdem nun der zweite Band*) dieses
Werkes erschienen ist, lohnt es sich um so mehr, mit einigen
I Worten auf den Inhalt einzugehen, als er über die Provinz hinaus
Bedeutung hat. Es wird darin die Geschichte behandelt, aber weniger die einzelne
Tat mit ihren Folgen, als vielmehr das allmähliche Wachsen und Werden der
Gedanken, die sich aus dem Lande, der Bevölkerung und deren Arbeit ergeben.

Die Eroberung des ostelbischen Wendenlandes ging im zehnten Jahrhundert
von der heutigen Altmark aus, und die Kolonisation dauerte fast dreihundert Jahre.
Zuerst beherrschten die Askanier das neu eroberte Gebiet zwischen der Elbe und
Oder, dann kamen die bayerischen und luxemburgischen Markgrafen, die zur weiteren
Entwicklung des märkischen Landesgebietes wenig beitrugen, und erst den Hohen-
zollern war es vergönnt, den brandenburgischen Staat durch umfangreiche Gebiets¬
erweiterungen zu festigen und den von den Askaniern gelegten Grund zu einer
Machtstellung auszubauen, die schließlich zur Errichtung des Deutschen Reiches führte.



*) "Landeskunde der Provinz Brandenburg." Unter Mitwirkung hervorragender Fach¬
leute herausgegeben von Ernst Friede! und Robert Mielke. 2. Band. Die Geschichte. Mit
71 Abbildungen, zwei Tabellen und fünf Karten. Berlin, Dietrich Reimer. Preis 4 Mark.
Landeskunde der Provinz Brandenburg

etwas Nebensächliches', erst Tieck betont wieder seine Bedeutung, und Friedrich
Schlegel und die Boisseröe rühmen an den alten Bildern immer wieder den
magischen Zauber der Farbe. Und wie die gotische Baukunst schon von Wacken-
roder ganz allgemein auf Eigenschaften der Seele gedeutet, von Friedrich Schlegel,
Görres, Carove und anderen auf ganz ähnliche Weise symbolisch erklärt wird,
wie in I. K. Huysmans Roman „I^a Lstlisärale", so werden nun auch die
Farben, wie sich besonders deutlich bei Runge zeigt, absolute Symbole. Auch
Overbeck spricht einmal von der Farbe der Hoffnung, und wer eine Probe von
den Spitzfindigkeiten haben will, in die sich diese Symbolik bald verlor, lese
Friedrich Schlegels Aufsatz über Ludwig Schmorrs si. Cäcilie von 1823.

Damit wären die wichtigsten ideellen Zusammenhänge zwischen der deutschen
Romantik und der deutschen bildenden Kunst erwähnt. Was sich vereinzelt bei
späteren Romantikern, wie Fouauö oder E. T. A. Hoffmann oder allgemeiner in
der späteren Malerei, etwa der Düsseldorfer, oder bei Schwind an „Romantischen"
findet, ist wie das schon erwähnte Landschaftliche rein gegenständlich bedeutsam,
und eine genauere Untersuchung des hier Gemeinsamen würde erst möglich werden,
nachdem man sich über die Abgrenzungen des Begriffs „Romantik" geeinigt hat,
was einstweilen noch gute Wege haben dürfte.




Landeskunde der Provinz Brandenburg
von R. Uricg

MBeher den ersten Band eines großen Unternehmens in der Landes¬
kunde der Provinz Brandenburg ist in Heft 52, Jahrgang 1909
der Grenzboten berichtet worden. Nachdem nun der zweite Band*) dieses
Werkes erschienen ist, lohnt es sich um so mehr, mit einigen
I Worten auf den Inhalt einzugehen, als er über die Provinz hinaus
Bedeutung hat. Es wird darin die Geschichte behandelt, aber weniger die einzelne
Tat mit ihren Folgen, als vielmehr das allmähliche Wachsen und Werden der
Gedanken, die sich aus dem Lande, der Bevölkerung und deren Arbeit ergeben.

Die Eroberung des ostelbischen Wendenlandes ging im zehnten Jahrhundert
von der heutigen Altmark aus, und die Kolonisation dauerte fast dreihundert Jahre.
Zuerst beherrschten die Askanier das neu eroberte Gebiet zwischen der Elbe und
Oder, dann kamen die bayerischen und luxemburgischen Markgrafen, die zur weiteren
Entwicklung des märkischen Landesgebietes wenig beitrugen, und erst den Hohen-
zollern war es vergönnt, den brandenburgischen Staat durch umfangreiche Gebiets¬
erweiterungen zu festigen und den von den Askaniern gelegten Grund zu einer
Machtstellung auszubauen, die schließlich zur Errichtung des Deutschen Reiches führte.



*) „Landeskunde der Provinz Brandenburg." Unter Mitwirkung hervorragender Fach¬
leute herausgegeben von Ernst Friede! und Robert Mielke. 2. Band. Die Geschichte. Mit
71 Abbildungen, zwei Tabellen und fünf Karten. Berlin, Dietrich Reimer. Preis 4 Mark.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/138>, abgerufen am 29.12.2024.