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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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Reichsspiegel

noch klären. Jedenfalls wäre es falsch, wenn mau gerade in diesem Falle
Andersdenkende beeinflussen wollte. Hoffentlich wird für die Zukunft die Feuer¬
bestattung nur da Eingang finden, wo bestimmte Verhältnisse für sie sprechen,
im allgemeinen aber die Erdbestattung bestehen bleiben, für die, abgesehen von
einigen großstädtischen Verhältnissen, wirklich viele überzeugende Gründe sprechen.
Tatsächlich hat bisher ja auch die Feuerbestattung selbst unter den Kreisen, die
sie sich leisten konnten, nicht die Ausdehnung gefunden, die man nach dem
Geschrei in der Öffentlichkeit annehmen mußte, und vielleicht wird sie in Zukunft
noch etwas zurückgehen, nachdem ein wichtiger äußerer Anlaß für sie hinfällig
geworden ist, nämlich der Protest gegen das bisherige Verbot der Feuerbestattung
y, in Preußen und gegen die Intoleranz ihrer Gegner.


Bank und Geld

Die Reichsbank am Quartalsschluß -- Einfluß der Lombardverteuerung auf den
Status -- Ausländische Guthaben -- Ungenügende Barreserven der Banken -- Not¬
wendigkeit und Mittel der Abhilfe

Der Quartalswechsel mit seinen gefurchtsten Geldansprüchen ist vorüber.
Die Abwicklung hat sich leichter vollzogen, als man erwartet hatte, und der
Druck auf den Geldmarkt hat keinerlei beängstigende Formen angenommen.
So erfreulich die Konstatierung dieser Tatsache ist, so darf man doch nicht ver¬
gessen, daß es vornehmlich der Hilfe des Auslandes zu verdanken ist, wenn
die Nachfrage nach Geld nicht zu einer schärferen Pressung geführt hat. Die
Summen, welche Paris, Brüssel und Amsterdam von Deutschland zu fordern
haben, sind, wie sich schon aus der Bewegung der Wechselkurse im Monat Juni
ergibt, außerordentlich bedeutend und mit einer halben Milliarde kaum zu hoch
veranschlagt. Ein nicht zu unterschätzender Sukkurs in einem kritischen Augen¬
blick! Da bietet es denn besonderes Interesse zu sehen, wie sich der Status
der Reichsbank an: Quartalsschluß gestaltet hat. Hat die Verteuerung der
Lombardkredite eine Verminderung der Ansprüche zur Folge gehabt? Die Frage
ist im ganzen zu verneinen. Allerdings sind die Lombarddarlehen in diesem
Jahre wesentlich niedriger als in den: vorjährigen Parallelmonat, sie belaufen
sich nur auf 73 Millionen gegen 255 Millionen im Jahre 1910. Aber, genau
wie man es vorausgesehen hatte: die Wechselanlage ist dafür um so stärker
gestiegen; die Zunahme gegen die Vorwoche beträgt nicht weniger als 432 Millionen
und ist um 180 Millionen größer als die des Vorjahres. Die Verminderung
des Lombardkontos und die Zunahme des Wechselkontos gleichen sich also völlig
aus; mit andern Worten: die Inanspruchnahme der Bank ist dieselbe geblieben
oder vielmehr noch um eine Kleinigkeit gewachsen, da die Verschlechterung
des Status der letzten Juniwoche sich in diesem Jahre auf 633,6 Millionen
gegen 628,7 im Vorjahr stellt. Dagegen ist das Deckungsverhältnis der Noten
ein besseres geworden. Dies ist die ganz natürliche Folge des Umstandes, daß
die Lombardanlage nicht als Notendeckuug in Betracht kommt. Die Metall-


Reichsspiegel

noch klären. Jedenfalls wäre es falsch, wenn mau gerade in diesem Falle
Andersdenkende beeinflussen wollte. Hoffentlich wird für die Zukunft die Feuer¬
bestattung nur da Eingang finden, wo bestimmte Verhältnisse für sie sprechen,
im allgemeinen aber die Erdbestattung bestehen bleiben, für die, abgesehen von
einigen großstädtischen Verhältnissen, wirklich viele überzeugende Gründe sprechen.
Tatsächlich hat bisher ja auch die Feuerbestattung selbst unter den Kreisen, die
sie sich leisten konnten, nicht die Ausdehnung gefunden, die man nach dem
Geschrei in der Öffentlichkeit annehmen mußte, und vielleicht wird sie in Zukunft
noch etwas zurückgehen, nachdem ein wichtiger äußerer Anlaß für sie hinfällig
geworden ist, nämlich der Protest gegen das bisherige Verbot der Feuerbestattung
y, in Preußen und gegen die Intoleranz ihrer Gegner.


Bank und Geld

Die Reichsbank am Quartalsschluß — Einfluß der Lombardverteuerung auf den
Status — Ausländische Guthaben — Ungenügende Barreserven der Banken — Not¬
wendigkeit und Mittel der Abhilfe

Der Quartalswechsel mit seinen gefurchtsten Geldansprüchen ist vorüber.
Die Abwicklung hat sich leichter vollzogen, als man erwartet hatte, und der
Druck auf den Geldmarkt hat keinerlei beängstigende Formen angenommen.
So erfreulich die Konstatierung dieser Tatsache ist, so darf man doch nicht ver¬
gessen, daß es vornehmlich der Hilfe des Auslandes zu verdanken ist, wenn
die Nachfrage nach Geld nicht zu einer schärferen Pressung geführt hat. Die
Summen, welche Paris, Brüssel und Amsterdam von Deutschland zu fordern
haben, sind, wie sich schon aus der Bewegung der Wechselkurse im Monat Juni
ergibt, außerordentlich bedeutend und mit einer halben Milliarde kaum zu hoch
veranschlagt. Ein nicht zu unterschätzender Sukkurs in einem kritischen Augen¬
blick! Da bietet es denn besonderes Interesse zu sehen, wie sich der Status
der Reichsbank an: Quartalsschluß gestaltet hat. Hat die Verteuerung der
Lombardkredite eine Verminderung der Ansprüche zur Folge gehabt? Die Frage
ist im ganzen zu verneinen. Allerdings sind die Lombarddarlehen in diesem
Jahre wesentlich niedriger als in den: vorjährigen Parallelmonat, sie belaufen
sich nur auf 73 Millionen gegen 255 Millionen im Jahre 1910. Aber, genau
wie man es vorausgesehen hatte: die Wechselanlage ist dafür um so stärker
gestiegen; die Zunahme gegen die Vorwoche beträgt nicht weniger als 432 Millionen
und ist um 180 Millionen größer als die des Vorjahres. Die Verminderung
des Lombardkontos und die Zunahme des Wechselkontos gleichen sich also völlig
aus; mit andern Worten: die Inanspruchnahme der Bank ist dieselbe geblieben
oder vielmehr noch um eine Kleinigkeit gewachsen, da die Verschlechterung
des Status der letzten Juniwoche sich in diesem Jahre auf 633,6 Millionen
gegen 628,7 im Vorjahr stellt. Dagegen ist das Deckungsverhältnis der Noten
ein besseres geworden. Dies ist die ganz natürliche Folge des Umstandes, daß
die Lombardanlage nicht als Notendeckuug in Betracht kommt. Die Metall-


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[0104] Reichsspiegel noch klären. Jedenfalls wäre es falsch, wenn mau gerade in diesem Falle Andersdenkende beeinflussen wollte. Hoffentlich wird für die Zukunft die Feuer¬ bestattung nur da Eingang finden, wo bestimmte Verhältnisse für sie sprechen, im allgemeinen aber die Erdbestattung bestehen bleiben, für die, abgesehen von einigen großstädtischen Verhältnissen, wirklich viele überzeugende Gründe sprechen. Tatsächlich hat bisher ja auch die Feuerbestattung selbst unter den Kreisen, die sie sich leisten konnten, nicht die Ausdehnung gefunden, die man nach dem Geschrei in der Öffentlichkeit annehmen mußte, und vielleicht wird sie in Zukunft noch etwas zurückgehen, nachdem ein wichtiger äußerer Anlaß für sie hinfällig geworden ist, nämlich der Protest gegen das bisherige Verbot der Feuerbestattung y, in Preußen und gegen die Intoleranz ihrer Gegner. Bank und Geld Die Reichsbank am Quartalsschluß — Einfluß der Lombardverteuerung auf den Status — Ausländische Guthaben — Ungenügende Barreserven der Banken — Not¬ wendigkeit und Mittel der Abhilfe Der Quartalswechsel mit seinen gefurchtsten Geldansprüchen ist vorüber. Die Abwicklung hat sich leichter vollzogen, als man erwartet hatte, und der Druck auf den Geldmarkt hat keinerlei beängstigende Formen angenommen. So erfreulich die Konstatierung dieser Tatsache ist, so darf man doch nicht ver¬ gessen, daß es vornehmlich der Hilfe des Auslandes zu verdanken ist, wenn die Nachfrage nach Geld nicht zu einer schärferen Pressung geführt hat. Die Summen, welche Paris, Brüssel und Amsterdam von Deutschland zu fordern haben, sind, wie sich schon aus der Bewegung der Wechselkurse im Monat Juni ergibt, außerordentlich bedeutend und mit einer halben Milliarde kaum zu hoch veranschlagt. Ein nicht zu unterschätzender Sukkurs in einem kritischen Augen¬ blick! Da bietet es denn besonderes Interesse zu sehen, wie sich der Status der Reichsbank an: Quartalsschluß gestaltet hat. Hat die Verteuerung der Lombardkredite eine Verminderung der Ansprüche zur Folge gehabt? Die Frage ist im ganzen zu verneinen. Allerdings sind die Lombarddarlehen in diesem Jahre wesentlich niedriger als in den: vorjährigen Parallelmonat, sie belaufen sich nur auf 73 Millionen gegen 255 Millionen im Jahre 1910. Aber, genau wie man es vorausgesehen hatte: die Wechselanlage ist dafür um so stärker gestiegen; die Zunahme gegen die Vorwoche beträgt nicht weniger als 432 Millionen und ist um 180 Millionen größer als die des Vorjahres. Die Verminderung des Lombardkontos und die Zunahme des Wechselkontos gleichen sich also völlig aus; mit andern Worten: die Inanspruchnahme der Bank ist dieselbe geblieben oder vielmehr noch um eine Kleinigkeit gewachsen, da die Verschlechterung des Status der letzten Juniwoche sich in diesem Jahre auf 633,6 Millionen gegen 628,7 im Vorjahr stellt. Dagegen ist das Deckungsverhältnis der Noten ein besseres geworden. Dies ist die ganz natürliche Folge des Umstandes, daß die Lombardanlage nicht als Notendeckuug in Betracht kommt. Die Metall-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/104>, abgerufen am 29.12.2024.