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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Im Flecken

welche den Münzensammlern unter dem Namen der "Regenbogenschüsselchen"
wohlbekannt sind, mag nicht dem Bette dieses unseres vaterländischen Stromes
entnommen seinl Haben doch an seinen Ufern vor den Römern schon die Kelten
Gold gewonnen und ebenso die Germanen bis in die Zeit des Mittelalters, ja
selbst in die neuere Zeit hinein. Im Mittelalter wurden nachweislich Gold¬
wäschen am Oberrhein bei Straßburg, Freiburg und anderen Orten und am
Mittelrhein bei Worms, Mannheim, Mainz, Bingen und Bacharach betriebe".
In unseren Tagen aber ist der Rhein ein goldarmer Fluß und Deutschland ein
goldarmes Land zu nennen, indessen heiße ich es, wie gesagt, einseitig geurteilt,
wenn so viele unserer dem Goldbergbau entfremdeten Fachleute behaupten, daß
man in unserem Lande keine Aussicht mehr habe, irgendwo im Gebiete der
alten Formationen noch lohnende Golderzvorkommen erschließen zu können.
Wer weiß, ob nicht schon in nächster Zeit weitere bergmännische Aufschlüsse in
der Eifel diese meine Worte als gerechtfertigt werden erscheinen lassen!




Im Flecken
Erzählung aus der russischen Provinz
Alexander Andreas-v, Reyher von
Dreizehntes Kapitel: Die Verhaftung.

Als Okolitsch am folgenden Vormittag eine halbe Stunde vor der bestimmten Zeit
mit Schejin dem Hause des Bezirksaufsehers zuschritt, erblickte er schon von weitem
drei Postwagen, welche auf der Straße hielten. Die Pforte des Hofes war
geöffnet, und an ihr ließen sich die Uniformen von Landwachtmeistern sehen. Der
Bezirksaufseher in voller Dienstkleidung mit dem Säbel und Revolver lief ein
und aus und traf Anordnungen. Mehrere Dorfzehntncr mit dem Abzeichen ihrer
Würde an der Brust standen zusammen und harrten der Dinge, die geschehen
sollten.

Zuvorkommend begrüßte der Aufseher die beiden Ankommenden.

"Alles besorgt, meine Herren, alles besorgt. Der Herr Staatsanwnlt muß
zufrieden sein, wenn er nicht ungerecht ist. Glauben Sie mir, ich habe die Nacht
kein Auge zugetan, habe mich abgehetzt wie ein Hund. Was befehlen Sie nun,
das geschehen solle?"

"Wir?" wunderte sich Schejin. "Was hätten wir zu befehlen!"

"Ja -- aber -- von wem erhalte ich dann weitere Befehle?"

"Wir wissen gar nichts."

"Aber erlauben Sie, um Ihretwillen gibt es doch alle die Unruhe?"

"Ich kann nicht leugnen, daß wir einigermaßen beteiligt sind, das heißt, an
dem Zweck der Vorbereitungen, aber eingeweiht sind wir nicht."

"So--o! Aber was nun weiter?"


Im Flecken

welche den Münzensammlern unter dem Namen der „Regenbogenschüsselchen"
wohlbekannt sind, mag nicht dem Bette dieses unseres vaterländischen Stromes
entnommen seinl Haben doch an seinen Ufern vor den Römern schon die Kelten
Gold gewonnen und ebenso die Germanen bis in die Zeit des Mittelalters, ja
selbst in die neuere Zeit hinein. Im Mittelalter wurden nachweislich Gold¬
wäschen am Oberrhein bei Straßburg, Freiburg und anderen Orten und am
Mittelrhein bei Worms, Mannheim, Mainz, Bingen und Bacharach betriebe».
In unseren Tagen aber ist der Rhein ein goldarmer Fluß und Deutschland ein
goldarmes Land zu nennen, indessen heiße ich es, wie gesagt, einseitig geurteilt,
wenn so viele unserer dem Goldbergbau entfremdeten Fachleute behaupten, daß
man in unserem Lande keine Aussicht mehr habe, irgendwo im Gebiete der
alten Formationen noch lohnende Golderzvorkommen erschließen zu können.
Wer weiß, ob nicht schon in nächster Zeit weitere bergmännische Aufschlüsse in
der Eifel diese meine Worte als gerechtfertigt werden erscheinen lassen!




Im Flecken
Erzählung aus der russischen Provinz
Alexander Andreas-v, Reyher von
Dreizehntes Kapitel: Die Verhaftung.

Als Okolitsch am folgenden Vormittag eine halbe Stunde vor der bestimmten Zeit
mit Schejin dem Hause des Bezirksaufsehers zuschritt, erblickte er schon von weitem
drei Postwagen, welche auf der Straße hielten. Die Pforte des Hofes war
geöffnet, und an ihr ließen sich die Uniformen von Landwachtmeistern sehen. Der
Bezirksaufseher in voller Dienstkleidung mit dem Säbel und Revolver lief ein
und aus und traf Anordnungen. Mehrere Dorfzehntncr mit dem Abzeichen ihrer
Würde an der Brust standen zusammen und harrten der Dinge, die geschehen
sollten.

Zuvorkommend begrüßte der Aufseher die beiden Ankommenden.

„Alles besorgt, meine Herren, alles besorgt. Der Herr Staatsanwnlt muß
zufrieden sein, wenn er nicht ungerecht ist. Glauben Sie mir, ich habe die Nacht
kein Auge zugetan, habe mich abgehetzt wie ein Hund. Was befehlen Sie nun,
das geschehen solle?"

„Wir?" wunderte sich Schejin. „Was hätten wir zu befehlen!"

„Ja — aber — von wem erhalte ich dann weitere Befehle?"

„Wir wissen gar nichts."

„Aber erlauben Sie, um Ihretwillen gibt es doch alle die Unruhe?"

„Ich kann nicht leugnen, daß wir einigermaßen beteiligt sind, das heißt, an
dem Zweck der Vorbereitungen, aber eingeweiht sind wir nicht."

„So—o! Aber was nun weiter?"


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[0192] Im Flecken welche den Münzensammlern unter dem Namen der „Regenbogenschüsselchen" wohlbekannt sind, mag nicht dem Bette dieses unseres vaterländischen Stromes entnommen seinl Haben doch an seinen Ufern vor den Römern schon die Kelten Gold gewonnen und ebenso die Germanen bis in die Zeit des Mittelalters, ja selbst in die neuere Zeit hinein. Im Mittelalter wurden nachweislich Gold¬ wäschen am Oberrhein bei Straßburg, Freiburg und anderen Orten und am Mittelrhein bei Worms, Mannheim, Mainz, Bingen und Bacharach betriebe». In unseren Tagen aber ist der Rhein ein goldarmer Fluß und Deutschland ein goldarmes Land zu nennen, indessen heiße ich es, wie gesagt, einseitig geurteilt, wenn so viele unserer dem Goldbergbau entfremdeten Fachleute behaupten, daß man in unserem Lande keine Aussicht mehr habe, irgendwo im Gebiete der alten Formationen noch lohnende Golderzvorkommen erschließen zu können. Wer weiß, ob nicht schon in nächster Zeit weitere bergmännische Aufschlüsse in der Eifel diese meine Worte als gerechtfertigt werden erscheinen lassen! Im Flecken Erzählung aus der russischen Provinz Alexander Andreas-v, Reyher von Dreizehntes Kapitel: Die Verhaftung. Als Okolitsch am folgenden Vormittag eine halbe Stunde vor der bestimmten Zeit mit Schejin dem Hause des Bezirksaufsehers zuschritt, erblickte er schon von weitem drei Postwagen, welche auf der Straße hielten. Die Pforte des Hofes war geöffnet, und an ihr ließen sich die Uniformen von Landwachtmeistern sehen. Der Bezirksaufseher in voller Dienstkleidung mit dem Säbel und Revolver lief ein und aus und traf Anordnungen. Mehrere Dorfzehntncr mit dem Abzeichen ihrer Würde an der Brust standen zusammen und harrten der Dinge, die geschehen sollten. Zuvorkommend begrüßte der Aufseher die beiden Ankommenden. „Alles besorgt, meine Herren, alles besorgt. Der Herr Staatsanwnlt muß zufrieden sein, wenn er nicht ungerecht ist. Glauben Sie mir, ich habe die Nacht kein Auge zugetan, habe mich abgehetzt wie ein Hund. Was befehlen Sie nun, das geschehen solle?" „Wir?" wunderte sich Schejin. „Was hätten wir zu befehlen!" „Ja — aber — von wem erhalte ich dann weitere Befehle?" „Wir wissen gar nichts." „Aber erlauben Sie, um Ihretwillen gibt es doch alle die Unruhe?" „Ich kann nicht leugnen, daß wir einigermaßen beteiligt sind, das heißt, an dem Zweck der Vorbereitungen, aber eingeweiht sind wir nicht." „So—o! Aber was nun weiter?"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/192>, abgerufen am 27.12.2024.