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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
Schöne Literatur

[Spaltenumbruch]

Als ein begeisterter Bewunderer des Fort¬
schritts übersieht er nicht die Kehrseite der
Medaille. Erschütternd ist die Klage, daß
der Weg zur Höhe über Leichen führt, der
Pfad zum sieghafte" Fortschritt mit Blut be¬
sprengt ist, die Lösung der sozialen Frage
mit den modernen Errungenschaften nichts
weniger als gleichen Schritt hält.

Merkwürdigerweise fehlt es dem todkranken
Dichter nicht ganz um Humor, wie die Ballade
"Des armen Ehemanns Himmelfahrt" zeigt.
Und wie tragikomisch ist der Tod, der seinen
Besuch kündet, als Gentleman, als Kavalier
vom Scheitel bis zur Zehe geschildert! Schicht
verfällt auch, obwohl das Leben von Schlag
zu Schlag ausholt, uns zu Bettlern stempelt,
denen morgen, euer" dus für heute reichende
Brot ausgegangen, die Sintflut oder der
Weltuntergang kommen mag, nicht dem Welt¬
schmerz, denn er feiert stets "Ostern der Liebe";
gegen den erdentrückten Pessimismus spielt
er den stärksten Trumpf aus, die unwider-
legliche Tatsache, daß selbst der in starre
Trauer Versenkte angesichts des Todes des
Daseins starken Zauber Preise,


[Ende Spaltensatz]

Und noch ein anderes köstliches Juwel hat
uns der Dichter hinterlassen, das von seiner
künstlerischen Vielseitigkeit beredt Zeugnis ab¬
legt, deu tragischen Akt "Agnmcmnvn", der die
mächtige dramatische Begabung, die große
bildnerische Kraft, die edle Leidenschaft des
gebrochenen, vom Tode gezeichneten Dichters,
seine energische, bohrende, tiefschürfende Cha¬
rakteristik, seine farbenreiche sein prägende
,
Dr. B. Münz- Sprache bekundet.


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
Schöne Literatur

[Spaltenumbruch]

Als ein begeisterter Bewunderer des Fort¬
schritts übersieht er nicht die Kehrseite der
Medaille. Erschütternd ist die Klage, daß
der Weg zur Höhe über Leichen führt, der
Pfad zum sieghafte» Fortschritt mit Blut be¬
sprengt ist, die Lösung der sozialen Frage
mit den modernen Errungenschaften nichts
weniger als gleichen Schritt hält.

Merkwürdigerweise fehlt es dem todkranken
Dichter nicht ganz um Humor, wie die Ballade
„Des armen Ehemanns Himmelfahrt" zeigt.
Und wie tragikomisch ist der Tod, der seinen
Besuch kündet, als Gentleman, als Kavalier
vom Scheitel bis zur Zehe geschildert! Schicht
verfällt auch, obwohl das Leben von Schlag
zu Schlag ausholt, uns zu Bettlern stempelt,
denen morgen, euer» dus für heute reichende
Brot ausgegangen, die Sintflut oder der
Weltuntergang kommen mag, nicht dem Welt¬
schmerz, denn er feiert stets „Ostern der Liebe";
gegen den erdentrückten Pessimismus spielt
er den stärksten Trumpf aus, die unwider-
legliche Tatsache, daß selbst der in starre
Trauer Versenkte angesichts des Todes des
Daseins starken Zauber Preise,


[Ende Spaltensatz]

Und noch ein anderes köstliches Juwel hat
uns der Dichter hinterlassen, das von seiner
künstlerischen Vielseitigkeit beredt Zeugnis ab¬
legt, deu tragischen Akt „Agnmcmnvn", der die
mächtige dramatische Begabung, die große
bildnerische Kraft, die edle Leidenschaft des
gebrochenen, vom Tode gezeichneten Dichters,
seine energische, bohrende, tiefschürfende Cha¬
rakteristik, seine farbenreiche sein prägende
,
Dr. B. Münz- Sprache bekundet.


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[0157] Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Schöne Literatur Als ein begeisterter Bewunderer des Fort¬ schritts übersieht er nicht die Kehrseite der Medaille. Erschütternd ist die Klage, daß der Weg zur Höhe über Leichen führt, der Pfad zum sieghafte» Fortschritt mit Blut be¬ sprengt ist, die Lösung der sozialen Frage mit den modernen Errungenschaften nichts weniger als gleichen Schritt hält. Merkwürdigerweise fehlt es dem todkranken Dichter nicht ganz um Humor, wie die Ballade „Des armen Ehemanns Himmelfahrt" zeigt. Und wie tragikomisch ist der Tod, der seinen Besuch kündet, als Gentleman, als Kavalier vom Scheitel bis zur Zehe geschildert! Schicht verfällt auch, obwohl das Leben von Schlag zu Schlag ausholt, uns zu Bettlern stempelt, denen morgen, euer» dus für heute reichende Brot ausgegangen, die Sintflut oder der Weltuntergang kommen mag, nicht dem Welt¬ schmerz, denn er feiert stets „Ostern der Liebe"; gegen den erdentrückten Pessimismus spielt er den stärksten Trumpf aus, die unwider- legliche Tatsache, daß selbst der in starre Trauer Versenkte angesichts des Todes des Daseins starken Zauber Preise, Und noch ein anderes köstliches Juwel hat uns der Dichter hinterlassen, das von seiner künstlerischen Vielseitigkeit beredt Zeugnis ab¬ legt, deu tragischen Akt „Agnmcmnvn", der die mächtige dramatische Begabung, die große bildnerische Kraft, die edle Leidenschaft des gebrochenen, vom Tode gezeichneten Dichters, seine energische, bohrende, tiefschürfende Cha¬ rakteristik, seine farbenreiche sein prägende , Dr. B. Münz- Sprache bekundet.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/157>, abgerufen am 27.12.2024.