Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.Ein ungedruckter Brief Hebbels Brief an Delius hielt Hebbel, der in seiner zweiten Kritik Delius als den "gewissen¬ Hebbel an Delius: Hochgeehrter Herr! seyen Sie nicht verwundert, daß ich Ihnen siedet unter Kreuzband einige Mit ausgezeichnetster Hochachtung Ihr ganz ergebener Dr. Fr. Hebbel, Ritter mehrerer Orden pp. Wien den Am May 18K1. Ein ungedruckter Brief Hebbels Brief an Delius hielt Hebbel, der in seiner zweiten Kritik Delius als den „gewissen¬ Hebbel an Delius: Hochgeehrter Herr! seyen Sie nicht verwundert, daß ich Ihnen siedet unter Kreuzband einige Mit ausgezeichnetster Hochachtung Ihr ganz ergebener Dr. Fr. Hebbel, Ritter mehrerer Orden pp. Wien den Am May 18K1. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0156" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/317769"/> <fw type="header" place="top"> Ein ungedruckter Brief Hebbels</fw><lb/> <p xml:id="ID_739" prev="#ID_738"> Brief an Delius hielt Hebbel, der in seiner zweiten Kritik Delius als den „gewissen¬<lb/> haften und geistreichen Editor eines englischen Shakespeare in Deutschland" anführte,<lb/> wohl darum für angebracht, weil Bodenstedt in seiner Einleitung zum 2. Bande<lb/> Professor Delius besonders dafür dankte, daß er „aus reinem Eifer für die Sache<lb/> die Güte hatte, alle Correcturbogen zu lesen und mit Randglossen und Änderungs¬<lb/> vorschlägen zu versehen". (Bodenstedt, „Zeitgenossen" Bd. II. Nachschrift S. XXXVII).</p><lb/> <p xml:id="ID_740"> Hebbel an Delius:</p><lb/> <note type="salute"> Hochgeehrter Herr!</note><lb/> <p xml:id="ID_741"> seyen Sie nicht verwundert, daß ich Ihnen siedet unter Kreuzband einige<lb/> Nummern der Wiener Zeitung übersende, die ein Paar Aufsätze von mir ent¬<lb/> halten. Es geschieht nicht, weil der letzte derselben auch Ihrer und Ihres gro߬<lb/> artigen Unternehmens flüchtig gedenkt; ich habe nicht das Recht, Sie zu loben,<lb/> denn wenn ich auch den Shakespeare und was zu ihm gehört, über ein Viertel-<lb/> Jahrhundert studire, so ging ich doch auf andere Zwecke aus, wie Sie. Es<lb/> geschieht nur, weil Sie höchst wahrscheinlich ein Buch gelesen haben (wenigstens<lb/> nennt der Verfasser Sie an einer Stelle seinen Freund), das mir Dinge in den<lb/> Mund legt, die außerhalb des Tollhauses wohl noch Niemand gesagt hat und<lb/> weil Ihnen die Abhandlung von mir, worin diese Dinge stehen sollen, bei der<lb/> bescheidenen Stelle, welche die Wiener Zeitung in der gelehrten Welt spielt,<lb/> schwerlich zu Gesicht gekommen ist. Könnte ich Ihnen diese Abhandlung selbst<lb/> vorlegen, so würden Sie dieselbe ohne Zweifel in Ton und Fassung ganz so<lb/> angemessen und in der Materie hoffentlich nicht viel weniger gründlich finden<lb/> wie jede andere ihrer Art; leider kann das erst geschehen, wenn meine vermischten<lb/> Schriften erscheinen, da die Zeitungsnummern natürlich längst vergriffen sind. Ich<lb/> muß' mich daher darauf beschränken, Ihnen die nothgedrungene Ehrenrettung<lb/> meines gesunden Menschen-Verstandes zu überschicken; diesen sähe ich mir von<lb/> einem Manne, der einen und denselben Acker mit mir bebaut, wenn auch auf<lb/> verschiedene Weise, nicht gern abgesprochen und Sie müssen mir ihn absolut ab¬<lb/> sprechen, solange Sie nur meinen Gegner kennen.</p><lb/> <note type="closer"> Mit ausgezeichnetster Hochachtung<lb/> Ihr ganz ergebener<lb/><note type="byline"> Dr. Fr. Hebbel,<lb/> Ritter mehrerer Orden pp.</note></note><lb/> <p xml:id="ID_742"> Wien den Am May 18K1.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0156]
Ein ungedruckter Brief Hebbels
Brief an Delius hielt Hebbel, der in seiner zweiten Kritik Delius als den „gewissen¬
haften und geistreichen Editor eines englischen Shakespeare in Deutschland" anführte,
wohl darum für angebracht, weil Bodenstedt in seiner Einleitung zum 2. Bande
Professor Delius besonders dafür dankte, daß er „aus reinem Eifer für die Sache
die Güte hatte, alle Correcturbogen zu lesen und mit Randglossen und Änderungs¬
vorschlägen zu versehen". (Bodenstedt, „Zeitgenossen" Bd. II. Nachschrift S. XXXVII).
Hebbel an Delius:
Hochgeehrter Herr!
seyen Sie nicht verwundert, daß ich Ihnen siedet unter Kreuzband einige
Nummern der Wiener Zeitung übersende, die ein Paar Aufsätze von mir ent¬
halten. Es geschieht nicht, weil der letzte derselben auch Ihrer und Ihres gro߬
artigen Unternehmens flüchtig gedenkt; ich habe nicht das Recht, Sie zu loben,
denn wenn ich auch den Shakespeare und was zu ihm gehört, über ein Viertel-
Jahrhundert studire, so ging ich doch auf andere Zwecke aus, wie Sie. Es
geschieht nur, weil Sie höchst wahrscheinlich ein Buch gelesen haben (wenigstens
nennt der Verfasser Sie an einer Stelle seinen Freund), das mir Dinge in den
Mund legt, die außerhalb des Tollhauses wohl noch Niemand gesagt hat und
weil Ihnen die Abhandlung von mir, worin diese Dinge stehen sollen, bei der
bescheidenen Stelle, welche die Wiener Zeitung in der gelehrten Welt spielt,
schwerlich zu Gesicht gekommen ist. Könnte ich Ihnen diese Abhandlung selbst
vorlegen, so würden Sie dieselbe ohne Zweifel in Ton und Fassung ganz so
angemessen und in der Materie hoffentlich nicht viel weniger gründlich finden
wie jede andere ihrer Art; leider kann das erst geschehen, wenn meine vermischten
Schriften erscheinen, da die Zeitungsnummern natürlich längst vergriffen sind. Ich
muß' mich daher darauf beschränken, Ihnen die nothgedrungene Ehrenrettung
meines gesunden Menschen-Verstandes zu überschicken; diesen sähe ich mir von
einem Manne, der einen und denselben Acker mit mir bebaut, wenn auch auf
verschiedene Weise, nicht gern abgesprochen und Sie müssen mir ihn absolut ab¬
sprechen, solange Sie nur meinen Gegner kennen.
Mit ausgezeichnetster Hochachtung
Ihr ganz ergebener
Dr. Fr. Hebbel,
Ritter mehrerer Orden pp.
Wien den Am May 18K1.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |