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Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr.

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Die Reichsfinanzreforin

Fuß- und der Feldartillerie, die in dein bisherigen provisorischen Zustande oft
genug Veranlassung zu störenden Reibungen boten, sind jetzt in klarer und
einfacher Weise geregelt.

Alles in allem genommen bedeutet das Reglement einen neuen Schritt
in der Kriegsbereitschaft unsers Heeres nach vorwärts und ist berufen, auch
uuter den Offizieren andrer Waffengattungen Verständnis für die Bedeutung
der Fußartillerie im modernen Kampfe zu erwecken. Ob es etwas Abschließendes
bedeutet, ist eine andre Frage. Der nahe Zusammenhang, in den das Ein¬
greifen der Fußartillerie auf dem Schlachtfelde die Infanterie zur Feldartillerie
bringt, sodaß diese mehr und mehr enge Schwesterwaffen im Kampfe um die
feindliche Jnfanteriestellung werden, birgt vielleicht die Keime zu neuen Ent¬
wicklungen. Wer weiß, ob wir nicht wieder den Bataillonsgeschützen Friedrichs
des Großen zusteuern! Wer weiß, welche Rolle die Maschinengewehre hierbei
spielen werden! Die fortschreitende Technik bietet hier immer neue Probleme.




Die Reichsfinanzreform
Geh. Regierungsrat Seidel von

MM>n dem dritten Kapitel des ersten Buches der Schrift "Die
Reichsfinanzreform, ein Führer" wird die Bedeutung der
Reichsfinanzreforin für die Kriegsbereitschaft näher dar¬
gelegt. Nur durch völlige Kriegsbereitschaft des Heeres und
I durch einsichtsvolle Geldwirtschaft kann unter Umständen für ein
Land ein Krieg vermieden werden. Alle Aufwendungen für die militärisch-
inaritime Rüstung sind nichts weiter als eine nationale Versicherungsprämie,
eine Versicherungsprämie in doppeltem Sinne: sie bietet zunächst eine Ver¬
sicherung gegen den Ausbruch eines Krieges, und sie bietet für den Kriegsfall
eine Versicherung gegen den ungünstigen Ausgang. Trotzdem das Deutsche
Reich zufolge seiner Grenzlage in der höchsten internationalen Gefahrenklasse
steht, sind die Aufwendungen für die internationale Versicherungsprämie in
Dentschland nicht die absolut und bei weitem nicht die relativ höchsten. Nach
der Denkschrift des Neichschatzamtes hat das Deutsche Reich im Jahre 1907
für Heer und Flotte zusammen 1100 Millionen Mark aufgewandt, England
dagegen 1208 Millionen, wobei allerdings anzuerkennen ist, daß die großen
überseeischen Besitzungen für das Inselreich die Ausdehnung seiner Grenzen
bedeutend erweitern. Nach der Kopfzahl hatte Deutschland für Heer und
Flotte nicht ganz 18 Mark pro Kopf nufzubriugeu, dagegen Frankreich über 23
und England fast 28 Mark. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, daß die
sogenannten unproduktiven Ausgaben in Deutschland einschließlich der Bundes-


Die Reichsfinanzreforin

Fuß- und der Feldartillerie, die in dein bisherigen provisorischen Zustande oft
genug Veranlassung zu störenden Reibungen boten, sind jetzt in klarer und
einfacher Weise geregelt.

Alles in allem genommen bedeutet das Reglement einen neuen Schritt
in der Kriegsbereitschaft unsers Heeres nach vorwärts und ist berufen, auch
uuter den Offizieren andrer Waffengattungen Verständnis für die Bedeutung
der Fußartillerie im modernen Kampfe zu erwecken. Ob es etwas Abschließendes
bedeutet, ist eine andre Frage. Der nahe Zusammenhang, in den das Ein¬
greifen der Fußartillerie auf dem Schlachtfelde die Infanterie zur Feldartillerie
bringt, sodaß diese mehr und mehr enge Schwesterwaffen im Kampfe um die
feindliche Jnfanteriestellung werden, birgt vielleicht die Keime zu neuen Ent¬
wicklungen. Wer weiß, ob wir nicht wieder den Bataillonsgeschützen Friedrichs
des Großen zusteuern! Wer weiß, welche Rolle die Maschinengewehre hierbei
spielen werden! Die fortschreitende Technik bietet hier immer neue Probleme.




Die Reichsfinanzreform
Geh. Regierungsrat Seidel von

MM>n dem dritten Kapitel des ersten Buches der Schrift „Die
Reichsfinanzreform, ein Führer" wird die Bedeutung der
Reichsfinanzreforin für die Kriegsbereitschaft näher dar¬
gelegt. Nur durch völlige Kriegsbereitschaft des Heeres und
I durch einsichtsvolle Geldwirtschaft kann unter Umständen für ein
Land ein Krieg vermieden werden. Alle Aufwendungen für die militärisch-
inaritime Rüstung sind nichts weiter als eine nationale Versicherungsprämie,
eine Versicherungsprämie in doppeltem Sinne: sie bietet zunächst eine Ver¬
sicherung gegen den Ausbruch eines Krieges, und sie bietet für den Kriegsfall
eine Versicherung gegen den ungünstigen Ausgang. Trotzdem das Deutsche
Reich zufolge seiner Grenzlage in der höchsten internationalen Gefahrenklasse
steht, sind die Aufwendungen für die internationale Versicherungsprämie in
Dentschland nicht die absolut und bei weitem nicht die relativ höchsten. Nach
der Denkschrift des Neichschatzamtes hat das Deutsche Reich im Jahre 1907
für Heer und Flotte zusammen 1100 Millionen Mark aufgewandt, England
dagegen 1208 Millionen, wobei allerdings anzuerkennen ist, daß die großen
überseeischen Besitzungen für das Inselreich die Ausdehnung seiner Grenzen
bedeutend erweitern. Nach der Kopfzahl hatte Deutschland für Heer und
Flotte nicht ganz 18 Mark pro Kopf nufzubriugeu, dagegen Frankreich über 23
und England fast 28 Mark. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, daß die
sogenannten unproduktiven Ausgaben in Deutschland einschließlich der Bundes-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_312350/636>, abgerufen am 12.12.2024.