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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Amerikawanderungen eines Deutschen

auf eine Wiederherstellung Polens zielen. Diese Sicherheit haben wir nur,
wenn die deutsche Bevölkerung in diesen Gebieten eine sichre Mehrheit bildet
und die Bestrebungen der Polen, sich gesellschaftlich und wirtschaftlich abzu¬
sondern und das Verhältnis der Nationalitäten in der Bevölkerung zu ver¬
schieben, von ihnen -- weil überall durch geeignete Maßregeln unterbunden --
als nutzlos und auf die Dauer zwecklos empfunden werden. Mit einer solchen
polnischen Minderheit wird man in Frieden und Freundschaft leben können,
und sie wird weder in ihrer Sitte und Sprache noch in ihrem Besitz gefährdet
sein. Aber es ist leider noch ein weiter Weg, bis die Polen wirklich das
unschädliche, fremdsprachige Element unsrer preußischen Bevölkerung geworden
sein werden, für das sie von Unkundigen schon jetzt gehalten werden.




Amerikawanderungen eines Deutschen

ohannes Wilda hat soeben den Schlußband seines Reisewerkes*)
über den amerikanischen Kontinent veröffentlicht und damit dem
deutschen Volke, das in auswärtigen Fragen noch immer viel zu
wenig geschult ist und sich nicht daran gewöhnen kann, daß die
I Diplomatie aus einer mystischen Geheimkunst ein Feld der Be-
tätigung für die ganze Nation geworden ist, die Möglichkeit gegeben, sich über
einen der wichtigsten Staatenkomplexe zu informieren. Es ist die Pflicht eines
jeden Deutschen, es seinen britischen Vettern gleichzumachen und die auswärtige
Politik seines Vaterlandes mit demselben Interesse wie die innere zu verfolgen,
denn in kritischen Zeiten würde schwerlich das richtige Nationalgefühl und die
für große Entscheidungen notwendige Begeisterung vorhanden sein, wenn nicht
das ganze Volk mit vollem Verständnis hinter der Politik der Regierung stünde.
Jedes Werk, das dazu beiträgt, die Kenntnis über auswärtige Politik zu ver¬
breiten, ist deshalb ein Stein zum Fundament unsers berechtigten Imperialismus.
Wilda ist dieser Aufgabe in jeder Weise gerecht geworden und hat seine
Schilderungen der verschiednen amerikanischen Republiken mit so strenger
Wahrheitsliebe durchgeführt und mit so interessanten Streiflichtern auf die
gegenwärtige Weltlage durchsetzt, daß jeder Kenner der dortigen Verhältnisse
ihm beipflichten, jeder Leser aber, dem Amerika bisher so gut wie unbekannt
war -- denn wer bekümmerte sich bisher um alle diese interessanten, scheinbar
halbwilden Länder? --, einen richtigen Begriff von ihnen bekommen wird.



*) Amerikawanderungen eines Deutschen von Johannes Wilda. Drei Bände. Berlin, All¬
gemeiner Verein für deutsche Literatur, 1906 und 1907.
Amerikawanderungen eines Deutschen

auf eine Wiederherstellung Polens zielen. Diese Sicherheit haben wir nur,
wenn die deutsche Bevölkerung in diesen Gebieten eine sichre Mehrheit bildet
und die Bestrebungen der Polen, sich gesellschaftlich und wirtschaftlich abzu¬
sondern und das Verhältnis der Nationalitäten in der Bevölkerung zu ver¬
schieben, von ihnen — weil überall durch geeignete Maßregeln unterbunden —
als nutzlos und auf die Dauer zwecklos empfunden werden. Mit einer solchen
polnischen Minderheit wird man in Frieden und Freundschaft leben können,
und sie wird weder in ihrer Sitte und Sprache noch in ihrem Besitz gefährdet
sein. Aber es ist leider noch ein weiter Weg, bis die Polen wirklich das
unschädliche, fremdsprachige Element unsrer preußischen Bevölkerung geworden
sein werden, für das sie von Unkundigen schon jetzt gehalten werden.




Amerikawanderungen eines Deutschen

ohannes Wilda hat soeben den Schlußband seines Reisewerkes*)
über den amerikanischen Kontinent veröffentlicht und damit dem
deutschen Volke, das in auswärtigen Fragen noch immer viel zu
wenig geschult ist und sich nicht daran gewöhnen kann, daß die
I Diplomatie aus einer mystischen Geheimkunst ein Feld der Be-
tätigung für die ganze Nation geworden ist, die Möglichkeit gegeben, sich über
einen der wichtigsten Staatenkomplexe zu informieren. Es ist die Pflicht eines
jeden Deutschen, es seinen britischen Vettern gleichzumachen und die auswärtige
Politik seines Vaterlandes mit demselben Interesse wie die innere zu verfolgen,
denn in kritischen Zeiten würde schwerlich das richtige Nationalgefühl und die
für große Entscheidungen notwendige Begeisterung vorhanden sein, wenn nicht
das ganze Volk mit vollem Verständnis hinter der Politik der Regierung stünde.
Jedes Werk, das dazu beiträgt, die Kenntnis über auswärtige Politik zu ver¬
breiten, ist deshalb ein Stein zum Fundament unsers berechtigten Imperialismus.
Wilda ist dieser Aufgabe in jeder Weise gerecht geworden und hat seine
Schilderungen der verschiednen amerikanischen Republiken mit so strenger
Wahrheitsliebe durchgeführt und mit so interessanten Streiflichtern auf die
gegenwärtige Weltlage durchsetzt, daß jeder Kenner der dortigen Verhältnisse
ihm beipflichten, jeder Leser aber, dem Amerika bisher so gut wie unbekannt
war — denn wer bekümmerte sich bisher um alle diese interessanten, scheinbar
halbwilden Länder? —, einen richtigen Begriff von ihnen bekommen wird.



*) Amerikawanderungen eines Deutschen von Johannes Wilda. Drei Bände. Berlin, All¬
gemeiner Verein für deutsche Literatur, 1906 und 1907.
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[0072] Amerikawanderungen eines Deutschen auf eine Wiederherstellung Polens zielen. Diese Sicherheit haben wir nur, wenn die deutsche Bevölkerung in diesen Gebieten eine sichre Mehrheit bildet und die Bestrebungen der Polen, sich gesellschaftlich und wirtschaftlich abzu¬ sondern und das Verhältnis der Nationalitäten in der Bevölkerung zu ver¬ schieben, von ihnen — weil überall durch geeignete Maßregeln unterbunden — als nutzlos und auf die Dauer zwecklos empfunden werden. Mit einer solchen polnischen Minderheit wird man in Frieden und Freundschaft leben können, und sie wird weder in ihrer Sitte und Sprache noch in ihrem Besitz gefährdet sein. Aber es ist leider noch ein weiter Weg, bis die Polen wirklich das unschädliche, fremdsprachige Element unsrer preußischen Bevölkerung geworden sein werden, für das sie von Unkundigen schon jetzt gehalten werden. Amerikawanderungen eines Deutschen ohannes Wilda hat soeben den Schlußband seines Reisewerkes*) über den amerikanischen Kontinent veröffentlicht und damit dem deutschen Volke, das in auswärtigen Fragen noch immer viel zu wenig geschult ist und sich nicht daran gewöhnen kann, daß die I Diplomatie aus einer mystischen Geheimkunst ein Feld der Be- tätigung für die ganze Nation geworden ist, die Möglichkeit gegeben, sich über einen der wichtigsten Staatenkomplexe zu informieren. Es ist die Pflicht eines jeden Deutschen, es seinen britischen Vettern gleichzumachen und die auswärtige Politik seines Vaterlandes mit demselben Interesse wie die innere zu verfolgen, denn in kritischen Zeiten würde schwerlich das richtige Nationalgefühl und die für große Entscheidungen notwendige Begeisterung vorhanden sein, wenn nicht das ganze Volk mit vollem Verständnis hinter der Politik der Regierung stünde. Jedes Werk, das dazu beiträgt, die Kenntnis über auswärtige Politik zu ver¬ breiten, ist deshalb ein Stein zum Fundament unsers berechtigten Imperialismus. Wilda ist dieser Aufgabe in jeder Weise gerecht geworden und hat seine Schilderungen der verschiednen amerikanischen Republiken mit so strenger Wahrheitsliebe durchgeführt und mit so interessanten Streiflichtern auf die gegenwärtige Weltlage durchsetzt, daß jeder Kenner der dortigen Verhältnisse ihm beipflichten, jeder Leser aber, dem Amerika bisher so gut wie unbekannt war — denn wer bekümmerte sich bisher um alle diese interessanten, scheinbar halbwilden Länder? —, einen richtigen Begriff von ihnen bekommen wird. *) Amerikawanderungen eines Deutschen von Johannes Wilda. Drei Bände. Berlin, All¬ gemeiner Verein für deutsche Literatur, 1906 und 1907.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/72>, abgerufen am 27.06.2024.