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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Der Kampf gegen die Korruption der Polizei in Newyork

und herüber flutet, der sich des Wohlwollens der französischen Gouverneure
und der chinesischen Mandarinen und ihrer wirksamen Unterstützung erfreut
und von der rührigen ni88ion laiqus Vi'g-n^Ass immer energischer entwickelt
wird. Gilt es doch, sich neben der glücklich aufstrebenden deutschen und eng¬
lischen Kulturarbeit siegreich zu behaupten!


Dr. Johannes Tschiedel


Der Kampf gegen die Korruption der Polizei
in Newyork
Ernst Schultze von Dr.in Hamburg-Großborstel

SXZZMendete es sich um einen Poolroom mit so bedeutenden Ansätzen,
so gibt sich die Polizei natürlich nicht mit dem kleinen Bestechungs¬
gelde von jährlich 2400 Mark zufrieden. Vielmehr wird dann über
die zu zahlenden Abgaben besonders verhandelt.

Wünscht jemand einen Poolroom zu eröffnen, so sucht er zu¬
nächst eine Mittelsperson auf, die die Geschäfte mit der Polizei einleiten und zum
Abschluß bringen kann. Dieser Mittelsperson werden 25 Prozent der Einnahmen
versprochen. Von diesen 25 Prozent behält sie etwa den fünften Teil, während
die verbleibenden vier Fünftel (oder 20 Prozent der gesamten Einnahmen des
Poolrooms) der Polizei zufallen. Von dieser Summe gehn -- ich stütze mich
dabei auf neuerliche Feststellungen der Zeitschrift Outlook -- drei Fünftel an den
Polizeicaptain, ein Fünftel an den Polizeiinspektor und das letzte Fünftel ein
den zweiten Mittelsmann, der die Verhandlungen zwischen dem ersten Mittels¬
mann und der Polizei übernommen hat. Früher pflegte man das Geld an den
Captain im Polizeibureau selbst zu bezahlen. Seitdem aber bei dem plötzlichen
Tode eines Captains etwa 60000 Dollars in seinem Bureauschreibpult gefunden
worden sind, zieht man es vor, die Zahlungen nicht auf dem Grund und Boden
der Polizei zu leisten, sondern anderwärts.

Diese Abgaben werden von der Polizei rücksichtslos eingetrieben. Sie läßt
sich nicht darauf ein, daß jemand etwa zunächst einen Poolroom oder ein
Bordell eröffnet und erst nachher seine Bestechungsgelder bei der Polizei anzu¬
bringen sucht; vielmehr fordert sie Regulierung dieser Pflicht oder eine bindende
Abmachung schon vor der Eröffnung. Es wird allgemein angenommen, daß kein
verbotnes Haus acht Tage lang bestehn kann, ohne daß der Polizeicaptain
davon erfährt, und daß es höchstens zwei Wochen lang betrieben werden kann,
ohne seine Zustimmung zu erhalten. Wird versäumt, rechtzeitig vorher Ab¬
machungen mit ihm zu treffen, so wird das Nest von der Polizei ausgenommen
und zugrunde gerichtet, selbst wenn der Besitzer nachträglich bereit ist, große
Summen für die Duldung zu zahlen.


Der Kampf gegen die Korruption der Polizei in Newyork

und herüber flutet, der sich des Wohlwollens der französischen Gouverneure
und der chinesischen Mandarinen und ihrer wirksamen Unterstützung erfreut
und von der rührigen ni88ion laiqus Vi'g-n^Ass immer energischer entwickelt
wird. Gilt es doch, sich neben der glücklich aufstrebenden deutschen und eng¬
lischen Kulturarbeit siegreich zu behaupten!


Dr. Johannes Tschiedel


Der Kampf gegen die Korruption der Polizei
in Newyork
Ernst Schultze von Dr.in Hamburg-Großborstel

SXZZMendete es sich um einen Poolroom mit so bedeutenden Ansätzen,
so gibt sich die Polizei natürlich nicht mit dem kleinen Bestechungs¬
gelde von jährlich 2400 Mark zufrieden. Vielmehr wird dann über
die zu zahlenden Abgaben besonders verhandelt.

Wünscht jemand einen Poolroom zu eröffnen, so sucht er zu¬
nächst eine Mittelsperson auf, die die Geschäfte mit der Polizei einleiten und zum
Abschluß bringen kann. Dieser Mittelsperson werden 25 Prozent der Einnahmen
versprochen. Von diesen 25 Prozent behält sie etwa den fünften Teil, während
die verbleibenden vier Fünftel (oder 20 Prozent der gesamten Einnahmen des
Poolrooms) der Polizei zufallen. Von dieser Summe gehn — ich stütze mich
dabei auf neuerliche Feststellungen der Zeitschrift Outlook — drei Fünftel an den
Polizeicaptain, ein Fünftel an den Polizeiinspektor und das letzte Fünftel ein
den zweiten Mittelsmann, der die Verhandlungen zwischen dem ersten Mittels¬
mann und der Polizei übernommen hat. Früher pflegte man das Geld an den
Captain im Polizeibureau selbst zu bezahlen. Seitdem aber bei dem plötzlichen
Tode eines Captains etwa 60000 Dollars in seinem Bureauschreibpult gefunden
worden sind, zieht man es vor, die Zahlungen nicht auf dem Grund und Boden
der Polizei zu leisten, sondern anderwärts.

Diese Abgaben werden von der Polizei rücksichtslos eingetrieben. Sie läßt
sich nicht darauf ein, daß jemand etwa zunächst einen Poolroom oder ein
Bordell eröffnet und erst nachher seine Bestechungsgelder bei der Polizei anzu¬
bringen sucht; vielmehr fordert sie Regulierung dieser Pflicht oder eine bindende
Abmachung schon vor der Eröffnung. Es wird allgemein angenommen, daß kein
verbotnes Haus acht Tage lang bestehn kann, ohne daß der Polizeicaptain
davon erfährt, und daß es höchstens zwei Wochen lang betrieben werden kann,
ohne seine Zustimmung zu erhalten. Wird versäumt, rechtzeitig vorher Ab¬
machungen mit ihm zu treffen, so wird das Nest von der Polizei ausgenommen
und zugrunde gerichtet, selbst wenn der Besitzer nachträglich bereit ist, große
Summen für die Duldung zu zahlen.


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[0417] Der Kampf gegen die Korruption der Polizei in Newyork und herüber flutet, der sich des Wohlwollens der französischen Gouverneure und der chinesischen Mandarinen und ihrer wirksamen Unterstützung erfreut und von der rührigen ni88ion laiqus Vi'g-n^Ass immer energischer entwickelt wird. Gilt es doch, sich neben der glücklich aufstrebenden deutschen und eng¬ lischen Kulturarbeit siegreich zu behaupten! Dr. Johannes Tschiedel Der Kampf gegen die Korruption der Polizei in Newyork Ernst Schultze von Dr.in Hamburg-Großborstel SXZZMendete es sich um einen Poolroom mit so bedeutenden Ansätzen, so gibt sich die Polizei natürlich nicht mit dem kleinen Bestechungs¬ gelde von jährlich 2400 Mark zufrieden. Vielmehr wird dann über die zu zahlenden Abgaben besonders verhandelt. Wünscht jemand einen Poolroom zu eröffnen, so sucht er zu¬ nächst eine Mittelsperson auf, die die Geschäfte mit der Polizei einleiten und zum Abschluß bringen kann. Dieser Mittelsperson werden 25 Prozent der Einnahmen versprochen. Von diesen 25 Prozent behält sie etwa den fünften Teil, während die verbleibenden vier Fünftel (oder 20 Prozent der gesamten Einnahmen des Poolrooms) der Polizei zufallen. Von dieser Summe gehn — ich stütze mich dabei auf neuerliche Feststellungen der Zeitschrift Outlook — drei Fünftel an den Polizeicaptain, ein Fünftel an den Polizeiinspektor und das letzte Fünftel ein den zweiten Mittelsmann, der die Verhandlungen zwischen dem ersten Mittels¬ mann und der Polizei übernommen hat. Früher pflegte man das Geld an den Captain im Polizeibureau selbst zu bezahlen. Seitdem aber bei dem plötzlichen Tode eines Captains etwa 60000 Dollars in seinem Bureauschreibpult gefunden worden sind, zieht man es vor, die Zahlungen nicht auf dem Grund und Boden der Polizei zu leisten, sondern anderwärts. Diese Abgaben werden von der Polizei rücksichtslos eingetrieben. Sie läßt sich nicht darauf ein, daß jemand etwa zunächst einen Poolroom oder ein Bordell eröffnet und erst nachher seine Bestechungsgelder bei der Polizei anzu¬ bringen sucht; vielmehr fordert sie Regulierung dieser Pflicht oder eine bindende Abmachung schon vor der Eröffnung. Es wird allgemein angenommen, daß kein verbotnes Haus acht Tage lang bestehn kann, ohne daß der Polizeicaptain davon erfährt, und daß es höchstens zwei Wochen lang betrieben werden kann, ohne seine Zustimmung zu erhalten. Wird versäumt, rechtzeitig vorher Ab¬ machungen mit ihm zu treffen, so wird das Nest von der Polizei ausgenommen und zugrunde gerichtet, selbst wenn der Besitzer nachträglich bereit ist, große Summen für die Duldung zu zahlen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/417>, abgerufen am 27.06.2024.