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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr.

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Der Marquis von (Larabas
palle Rosenkrantz Roman von
Sechstes Rapitel

(worin Jörgen Steenfeld dem Baron Wildenbrück mit einer Bagatelle von vierzigtausend Kronen
aushilft, und worin Kattrups Prestige ins Wachsen kommt)

aron Wildenbrück hatte ganz richtig die Absicht, Geld zu borgen. Er
besaß ein großes Stammhaus mit ausgedehnten Wäldern und reich¬
lichem Landgut; doch vermochte er niemals mit den Erträgnissen aus¬
zukommen. Er hielt sich Pferde, die viel kosteten -- eine Jacht, die
ebensoviel kostete -- baute darauf los, ohne sich im geringsten um
die Kosten zu bekümmern -- und hatte eine sehr schöne Frau, die ihn
verachtete. Das alles zusammen war sehr teuer.

Folglich mußte er borgen, und da sein Stammhaus sehr reich war, so konnte
er genügend Geld erhalten. Die Administration jedoch hing immer drohend über
seinen- Haupte, und darum hielt er sich am liebsten an seine Freunde und Nach¬
barn, die ihm außerhalb der Lehnskontrolle borgen konnten. Diesesmal brauchte er
vierzigtausend Kronen. Jörgen war sehr wohlwollend gegen ihn; er fühle sich ge¬
schmeichelt, sagte er, durch das Vertrauen, das Wildenbrück ihm erweise, aber er
könne sich nicht verpflichten, bevor er mit seinem Gutsverwalter gesprochen habe.
Außerdem brauche er viel Geld zur Berichtigung der Erbabgaben und so weiter.
So saß denn der Baron da und wartete auf Kalt, der, dank der Lehnsgräsin und
deren Tochter, überaus lange wegblieb.

Als er endlich erschien, mußte sich der Baron Zwang antun, um nicht un¬
höflich zu werden. Geld aber wollte er haben, und den jungen Gutsverwalter
gedachte er schon auf die Beine zu bringen. Kalt ging sehr vorsichtig an die Sache
heran; er wand sich hin und her, machte einen Katzenbuckel und schlich sich wieder
zurück. Es wäre zuviel Geld, als daß man es im Augenblick entbehren könnte, aber
wenn Jörgen schließlich wolle, dann --

Jörgen saß unruhig da, er wußte weder aus noch ein. Da erhob sich Kalt
von dem Lehnstuhl, auf dem er Platz genommen hatte; er sah sehr feierlich aus
und rciusperte sich, als ob er eine Rede halten wolle.

Gutsherr Steenfeld, sagte er, hat mir erzählt, daß er seinem Vater an dessen
Sterbebette zwei Dinge gelobt habe: erstens, niemals seinen Freunden Geld zu
borgen, "lM rein geschäftsmäßig ein Pfand in festem Eigentume zu erhalten,
und zweit _

Der Baron unterbrach ihn. indem er meinte, daß er sich in diesem Falle mit
^reenselds Kaution behelfen könne, doch Kalt fuhr mit Grabesstimme fort: Und
zweitens niemals für etwas Kaution zu leisten. Es gibt ja verschiedne Auffassungen
al K ? man sein Wort zu halten brauche. Ich vermag aber nicht zu
g nom, °"ß es ehrenhaft sein würde, wenn Gutsherr Steenfeld sein gegebnes
Verbrechen bräche,


Grenzboten I 1908 Is


Der Marquis von (Larabas
palle Rosenkrantz Roman von
Sechstes Rapitel

(worin Jörgen Steenfeld dem Baron Wildenbrück mit einer Bagatelle von vierzigtausend Kronen
aushilft, und worin Kattrups Prestige ins Wachsen kommt)

aron Wildenbrück hatte ganz richtig die Absicht, Geld zu borgen. Er
besaß ein großes Stammhaus mit ausgedehnten Wäldern und reich¬
lichem Landgut; doch vermochte er niemals mit den Erträgnissen aus¬
zukommen. Er hielt sich Pferde, die viel kosteten — eine Jacht, die
ebensoviel kostete — baute darauf los, ohne sich im geringsten um
die Kosten zu bekümmern — und hatte eine sehr schöne Frau, die ihn
verachtete. Das alles zusammen war sehr teuer.

Folglich mußte er borgen, und da sein Stammhaus sehr reich war, so konnte
er genügend Geld erhalten. Die Administration jedoch hing immer drohend über
seinen- Haupte, und darum hielt er sich am liebsten an seine Freunde und Nach¬
barn, die ihm außerhalb der Lehnskontrolle borgen konnten. Diesesmal brauchte er
vierzigtausend Kronen. Jörgen war sehr wohlwollend gegen ihn; er fühle sich ge¬
schmeichelt, sagte er, durch das Vertrauen, das Wildenbrück ihm erweise, aber er
könne sich nicht verpflichten, bevor er mit seinem Gutsverwalter gesprochen habe.
Außerdem brauche er viel Geld zur Berichtigung der Erbabgaben und so weiter.
So saß denn der Baron da und wartete auf Kalt, der, dank der Lehnsgräsin und
deren Tochter, überaus lange wegblieb.

Als er endlich erschien, mußte sich der Baron Zwang antun, um nicht un¬
höflich zu werden. Geld aber wollte er haben, und den jungen Gutsverwalter
gedachte er schon auf die Beine zu bringen. Kalt ging sehr vorsichtig an die Sache
heran; er wand sich hin und her, machte einen Katzenbuckel und schlich sich wieder
zurück. Es wäre zuviel Geld, als daß man es im Augenblick entbehren könnte, aber
wenn Jörgen schließlich wolle, dann —

Jörgen saß unruhig da, er wußte weder aus noch ein. Da erhob sich Kalt
von dem Lehnstuhl, auf dem er Platz genommen hatte; er sah sehr feierlich aus
und rciusperte sich, als ob er eine Rede halten wolle.

Gutsherr Steenfeld, sagte er, hat mir erzählt, daß er seinem Vater an dessen
Sterbebette zwei Dinge gelobt habe: erstens, niemals seinen Freunden Geld zu
borgen, »lM rein geschäftsmäßig ein Pfand in festem Eigentume zu erhalten,
und zweit _

Der Baron unterbrach ihn. indem er meinte, daß er sich in diesem Falle mit
^reenselds Kaution behelfen könne, doch Kalt fuhr mit Grabesstimme fort: Und
zweitens niemals für etwas Kaution zu leisten. Es gibt ja verschiedne Auffassungen
al K ? man sein Wort zu halten brauche. Ich vermag aber nicht zu
g nom, °"ß es ehrenhaft sein würde, wenn Gutsherr Steenfeld sein gegebnes
Verbrechen bräche,


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[0145] [Abbildung] Der Marquis von (Larabas palle Rosenkrantz Roman von Sechstes Rapitel (worin Jörgen Steenfeld dem Baron Wildenbrück mit einer Bagatelle von vierzigtausend Kronen aushilft, und worin Kattrups Prestige ins Wachsen kommt) aron Wildenbrück hatte ganz richtig die Absicht, Geld zu borgen. Er besaß ein großes Stammhaus mit ausgedehnten Wäldern und reich¬ lichem Landgut; doch vermochte er niemals mit den Erträgnissen aus¬ zukommen. Er hielt sich Pferde, die viel kosteten — eine Jacht, die ebensoviel kostete — baute darauf los, ohne sich im geringsten um die Kosten zu bekümmern — und hatte eine sehr schöne Frau, die ihn verachtete. Das alles zusammen war sehr teuer. Folglich mußte er borgen, und da sein Stammhaus sehr reich war, so konnte er genügend Geld erhalten. Die Administration jedoch hing immer drohend über seinen- Haupte, und darum hielt er sich am liebsten an seine Freunde und Nach¬ barn, die ihm außerhalb der Lehnskontrolle borgen konnten. Diesesmal brauchte er vierzigtausend Kronen. Jörgen war sehr wohlwollend gegen ihn; er fühle sich ge¬ schmeichelt, sagte er, durch das Vertrauen, das Wildenbrück ihm erweise, aber er könne sich nicht verpflichten, bevor er mit seinem Gutsverwalter gesprochen habe. Außerdem brauche er viel Geld zur Berichtigung der Erbabgaben und so weiter. So saß denn der Baron da und wartete auf Kalt, der, dank der Lehnsgräsin und deren Tochter, überaus lange wegblieb. Als er endlich erschien, mußte sich der Baron Zwang antun, um nicht un¬ höflich zu werden. Geld aber wollte er haben, und den jungen Gutsverwalter gedachte er schon auf die Beine zu bringen. Kalt ging sehr vorsichtig an die Sache heran; er wand sich hin und her, machte einen Katzenbuckel und schlich sich wieder zurück. Es wäre zuviel Geld, als daß man es im Augenblick entbehren könnte, aber wenn Jörgen schließlich wolle, dann — Jörgen saß unruhig da, er wußte weder aus noch ein. Da erhob sich Kalt von dem Lehnstuhl, auf dem er Platz genommen hatte; er sah sehr feierlich aus und rciusperte sich, als ob er eine Rede halten wolle. Gutsherr Steenfeld, sagte er, hat mir erzählt, daß er seinem Vater an dessen Sterbebette zwei Dinge gelobt habe: erstens, niemals seinen Freunden Geld zu borgen, »lM rein geschäftsmäßig ein Pfand in festem Eigentume zu erhalten, und zweit _ Der Baron unterbrach ihn. indem er meinte, daß er sich in diesem Falle mit ^reenselds Kaution behelfen könne, doch Kalt fuhr mit Grabesstimme fort: Und zweitens niemals für etwas Kaution zu leisten. Es gibt ja verschiedne Auffassungen al K ? man sein Wort zu halten brauche. Ich vermag aber nicht zu g nom, °"ß es ehrenhaft sein würde, wenn Gutsherr Steenfeld sein gegebnes Verbrechen bräche, Grenzboten I 1908 Is

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311080/145>, abgerufen am 27.06.2024.