Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
West- und Ostdeutsch

drei Hauptleute, drei Generalstabs- nebst fünf zugeteilten Offizieren eingestellt
werden.

Aus unsrer kurzen Zusammenstellung über den gegenwärtigen Stand des
Militürerziehungs- und -Bildungswesens beim Heere der Vereinigten Staaten
dürfte hervorgehn, das; die praktische und theoretische Heranbildung zum Offizier
und die Weiterbildung des Offiziers auf guter Grundlage ruhen und nach An¬
schauungen geleitet sind, die der ganzen Armee mit stetig wachsendem Nutzen
zugute kommen werden.




West- und Ostdeutsch
Mutterland und Aolonialland
Veto Ucremmel von

! eutzutage wird sehr viel operiert mit der UnVeränderlichkeit der
Rassen, deren Verhältnis zueinander und deren Mischung mitein¬
ander oft als die schlechthin entscheidende historische Tatsache be¬
trachtet wird. Wenn man in Mitteleuropa den Unterschied und die
I Mischungen zwischen der blonden, langschädligen nordischen (ger¬
manischen), der ebenfalls langschädligen, aber dunkeln, kleinern mittelländischen
und der zwischen ihnen stehenden knrzschüdligen und ebenfalls dunkeln alpinen
Nasse festgestellt hat, dann glaubt man wohl die ganze geschichtliche Entwicklung
dieses Erdraums erklärt zu haben. Soviel Beachtenswertes nun diese im all¬
gemeinen von Gobineau und Chamberlain, in Deutschland vor allem von dem
leider zu früh für die Wissenschaft verstorbnen Ludwig Woltmann vertrctne
Theorie haben mag, so werden dabei doch andre Einflüsse, die längst, schon von
Herder und nach ihm von Karl Ritter, Friedrich Ratzel u. a. geltend gemachte
Wirkung des Grund und Bodens wie der gesamten Umwelt und der geschicht¬
lichen Erlebnisse zu wenig in Rechnung gezogen (ein Vorwurf, der übrigens
L. Woltmanns letztes Werk "Die Germanen in Frankreich" nicht trifft). Ge¬
legentlich wird auch kein rechter Unterschied gemacht zwischen dem anthropolo¬
gischen Begriff der Nasse, die auf physischen Merkmalen beruht, und dem histo¬
rischen Begriff des Volkstums, der vor allem bestimmte geistige Eigenschaften
umschließt, und man kommt dann leicht zu dem Irrtum, als ob solche allmäh¬
lich gebildete, historisch gewordne Gemeinschaften wie Stamm und Nation ebenso
verschieden und ebenso unveränderlich seien, wie es die Nassen angeblich sind,
was doch durch die Tatsachen hundertfach widerlegt wird.

Auch auf deutschem Boden spricht man wohl von verschiednen "Rassen",
ohne dabei an die von der Urzeit her noch wirksamen wirklichen Rassen zu
denken; man meint dabei vielmehr die Germanen, Kelten, Slawen usf., also


West- und Ostdeutsch

drei Hauptleute, drei Generalstabs- nebst fünf zugeteilten Offizieren eingestellt
werden.

Aus unsrer kurzen Zusammenstellung über den gegenwärtigen Stand des
Militürerziehungs- und -Bildungswesens beim Heere der Vereinigten Staaten
dürfte hervorgehn, das; die praktische und theoretische Heranbildung zum Offizier
und die Weiterbildung des Offiziers auf guter Grundlage ruhen und nach An¬
schauungen geleitet sind, die der ganzen Armee mit stetig wachsendem Nutzen
zugute kommen werden.




West- und Ostdeutsch
Mutterland und Aolonialland
Veto Ucremmel von

! eutzutage wird sehr viel operiert mit der UnVeränderlichkeit der
Rassen, deren Verhältnis zueinander und deren Mischung mitein¬
ander oft als die schlechthin entscheidende historische Tatsache be¬
trachtet wird. Wenn man in Mitteleuropa den Unterschied und die
I Mischungen zwischen der blonden, langschädligen nordischen (ger¬
manischen), der ebenfalls langschädligen, aber dunkeln, kleinern mittelländischen
und der zwischen ihnen stehenden knrzschüdligen und ebenfalls dunkeln alpinen
Nasse festgestellt hat, dann glaubt man wohl die ganze geschichtliche Entwicklung
dieses Erdraums erklärt zu haben. Soviel Beachtenswertes nun diese im all¬
gemeinen von Gobineau und Chamberlain, in Deutschland vor allem von dem
leider zu früh für die Wissenschaft verstorbnen Ludwig Woltmann vertrctne
Theorie haben mag, so werden dabei doch andre Einflüsse, die längst, schon von
Herder und nach ihm von Karl Ritter, Friedrich Ratzel u. a. geltend gemachte
Wirkung des Grund und Bodens wie der gesamten Umwelt und der geschicht¬
lichen Erlebnisse zu wenig in Rechnung gezogen (ein Vorwurf, der übrigens
L. Woltmanns letztes Werk „Die Germanen in Frankreich" nicht trifft). Ge¬
legentlich wird auch kein rechter Unterschied gemacht zwischen dem anthropolo¬
gischen Begriff der Nasse, die auf physischen Merkmalen beruht, und dem histo¬
rischen Begriff des Volkstums, der vor allem bestimmte geistige Eigenschaften
umschließt, und man kommt dann leicht zu dem Irrtum, als ob solche allmäh¬
lich gebildete, historisch gewordne Gemeinschaften wie Stamm und Nation ebenso
verschieden und ebenso unveränderlich seien, wie es die Nassen angeblich sind,
was doch durch die Tatsachen hundertfach widerlegt wird.

Auch auf deutschem Boden spricht man wohl von verschiednen „Rassen",
ohne dabei an die von der Urzeit her noch wirksamen wirklichen Rassen zu
denken; man meint dabei vielmehr die Germanen, Kelten, Slawen usf., also


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0188" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/303604"/>
          <fw type="header" place="top"> West- und Ostdeutsch</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_750" prev="#ID_749"> drei Hauptleute, drei Generalstabs- nebst fünf zugeteilten Offizieren eingestellt<lb/>
werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_751"> Aus unsrer kurzen Zusammenstellung über den gegenwärtigen Stand des<lb/>
Militürerziehungs- und -Bildungswesens beim Heere der Vereinigten Staaten<lb/>
dürfte hervorgehn, das; die praktische und theoretische Heranbildung zum Offizier<lb/>
und die Weiterbildung des Offiziers auf guter Grundlage ruhen und nach An¬<lb/>
schauungen geleitet sind, die der ganzen Armee mit stetig wachsendem Nutzen<lb/>
zugute kommen werden.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> West- und Ostdeutsch<lb/>
Mutterland und Aolonialland<lb/><note type="byline"> Veto Ucremmel</note> von </head><lb/>
          <p xml:id="ID_752"> ! eutzutage wird sehr viel operiert mit der UnVeränderlichkeit der<lb/>
Rassen, deren Verhältnis zueinander und deren Mischung mitein¬<lb/>
ander oft als die schlechthin entscheidende historische Tatsache be¬<lb/>
trachtet wird. Wenn man in Mitteleuropa den Unterschied und die<lb/>
I Mischungen zwischen der blonden, langschädligen nordischen (ger¬<lb/>
manischen), der ebenfalls langschädligen, aber dunkeln, kleinern mittelländischen<lb/>
und der zwischen ihnen stehenden knrzschüdligen und ebenfalls dunkeln alpinen<lb/>
Nasse festgestellt hat, dann glaubt man wohl die ganze geschichtliche Entwicklung<lb/>
dieses Erdraums erklärt zu haben. Soviel Beachtenswertes nun diese im all¬<lb/>
gemeinen von Gobineau und Chamberlain, in Deutschland vor allem von dem<lb/>
leider zu früh für die Wissenschaft verstorbnen Ludwig Woltmann vertrctne<lb/>
Theorie haben mag, so werden dabei doch andre Einflüsse, die längst, schon von<lb/>
Herder und nach ihm von Karl Ritter, Friedrich Ratzel u. a. geltend gemachte<lb/>
Wirkung des Grund und Bodens wie der gesamten Umwelt und der geschicht¬<lb/>
lichen Erlebnisse zu wenig in Rechnung gezogen (ein Vorwurf, der übrigens<lb/>
L. Woltmanns letztes Werk &#x201E;Die Germanen in Frankreich" nicht trifft). Ge¬<lb/>
legentlich wird auch kein rechter Unterschied gemacht zwischen dem anthropolo¬<lb/>
gischen Begriff der Nasse, die auf physischen Merkmalen beruht, und dem histo¬<lb/>
rischen Begriff des Volkstums, der vor allem bestimmte geistige Eigenschaften<lb/>
umschließt, und man kommt dann leicht zu dem Irrtum, als ob solche allmäh¬<lb/>
lich gebildete, historisch gewordne Gemeinschaften wie Stamm und Nation ebenso<lb/>
verschieden und ebenso unveränderlich seien, wie es die Nassen angeblich sind,<lb/>
was doch durch die Tatsachen hundertfach widerlegt wird.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_753" next="#ID_754"> Auch auf deutschem Boden spricht man wohl von verschiednen &#x201E;Rassen",<lb/>
ohne dabei an die von der Urzeit her noch wirksamen wirklichen Rassen zu<lb/>
denken; man meint dabei vielmehr die Germanen, Kelten, Slawen usf., also</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0188] West- und Ostdeutsch drei Hauptleute, drei Generalstabs- nebst fünf zugeteilten Offizieren eingestellt werden. Aus unsrer kurzen Zusammenstellung über den gegenwärtigen Stand des Militürerziehungs- und -Bildungswesens beim Heere der Vereinigten Staaten dürfte hervorgehn, das; die praktische und theoretische Heranbildung zum Offizier und die Weiterbildung des Offiziers auf guter Grundlage ruhen und nach An¬ schauungen geleitet sind, die der ganzen Armee mit stetig wachsendem Nutzen zugute kommen werden. West- und Ostdeutsch Mutterland und Aolonialland Veto Ucremmel von ! eutzutage wird sehr viel operiert mit der UnVeränderlichkeit der Rassen, deren Verhältnis zueinander und deren Mischung mitein¬ ander oft als die schlechthin entscheidende historische Tatsache be¬ trachtet wird. Wenn man in Mitteleuropa den Unterschied und die I Mischungen zwischen der blonden, langschädligen nordischen (ger¬ manischen), der ebenfalls langschädligen, aber dunkeln, kleinern mittelländischen und der zwischen ihnen stehenden knrzschüdligen und ebenfalls dunkeln alpinen Nasse festgestellt hat, dann glaubt man wohl die ganze geschichtliche Entwicklung dieses Erdraums erklärt zu haben. Soviel Beachtenswertes nun diese im all¬ gemeinen von Gobineau und Chamberlain, in Deutschland vor allem von dem leider zu früh für die Wissenschaft verstorbnen Ludwig Woltmann vertrctne Theorie haben mag, so werden dabei doch andre Einflüsse, die längst, schon von Herder und nach ihm von Karl Ritter, Friedrich Ratzel u. a. geltend gemachte Wirkung des Grund und Bodens wie der gesamten Umwelt und der geschicht¬ lichen Erlebnisse zu wenig in Rechnung gezogen (ein Vorwurf, der übrigens L. Woltmanns letztes Werk „Die Germanen in Frankreich" nicht trifft). Ge¬ legentlich wird auch kein rechter Unterschied gemacht zwischen dem anthropolo¬ gischen Begriff der Nasse, die auf physischen Merkmalen beruht, und dem histo¬ rischen Begriff des Volkstums, der vor allem bestimmte geistige Eigenschaften umschließt, und man kommt dann leicht zu dem Irrtum, als ob solche allmäh¬ lich gebildete, historisch gewordne Gemeinschaften wie Stamm und Nation ebenso verschieden und ebenso unveränderlich seien, wie es die Nassen angeblich sind, was doch durch die Tatsachen hundertfach widerlegt wird. Auch auf deutschem Boden spricht man wohl von verschiednen „Rassen", ohne dabei an die von der Urzeit her noch wirksamen wirklichen Rassen zu denken; man meint dabei vielmehr die Germanen, Kelten, Slawen usf., also

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/188
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_303415/188>, abgerufen am 29.06.2024.