Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Maßgebliches und Umnaßgebliches Populcire Konzerte. In der blutigen Schlacht bei Mars-la-Tour, am Der Trompeter hieß Binkebank, was auf dasselbe hinausläuft, als ob er Die Tradition will wissen, daß der weise Pythagoras durch diese Laute auf Pinkepank. Das muß immer herhalten, so oft etwas Metallnes angerührt wird, Maßgebliches und Umnaßgebliches Populcire Konzerte. In der blutigen Schlacht bei Mars-la-Tour, am Der Trompeter hieß Binkebank, was auf dasselbe hinausläuft, als ob er Die Tradition will wissen, daß der weise Pythagoras durch diese Laute auf Pinkepank. Das muß immer herhalten, so oft etwas Metallnes angerührt wird, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0490" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302478"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Umnaßgebliches</fw><lb/> </div> <div n="2"> <head> Populcire Konzerte.</head> <p xml:id="ID_2176"> In der blutigen Schlacht bei Mars-la-Tour, am<lb/> 16. August 1870, gab der Major von Schmettau dem Trompeter Befehl, zum<lb/> Sammeln zu blasen. Dieser setzte die Trompete an den Mund; aber so heftig hatte<lb/> der Kampf getobt, daß das Instrument an vielen Stellen durchlöchert war und<lb/> einen klagenden Ton von sich gab. Diese Episode hat Freiligrath besungen (Die<lb/> Trompete von Gravelotte).</p><lb/> <p xml:id="ID_2177"> Der Trompeter hieß Binkebank, was auf dasselbe hinausläuft, als ob er<lb/> Schmidt geheißen hätte. Binkebank oder Pinkepank ist nichts weiter als eine<lb/> Tonmalerei, eine onomatopoetische Bezeichnung der Laute, die der Schmied hervor¬<lb/> bringt, wenn er das Eisen hämmert. „Lieben Brüder, lasset euch nicht erbarmen,<lb/> lasset euer Schwert nicht kalt werden vom Blut, schmiedet Pinkepank auf dem<lb/> Amboß Nimrod!" — so schrieb Thomas Münzer im Bauernkriege an die<lb/> Bergleute zu Mansfeld, er, der sich selber: Thomas Münzer mit dem Schwerte<lb/> Gideonis, Thomas Münzer mit dem Hammer nannte. Der Familienname Pinke¬<lb/> pank ist nicht selten, er kommt zum Beispiel in der Göttinger Gegend vor.</p><lb/> <p xml:id="ID_2178"> Die Tradition will wissen, daß der weise Pythagoras durch diese Laute auf<lb/> die Theorie der musikalischen Intervalle gekommen sei; er soll in einer ägyptischen<lb/> Schmiede auf die verschiednen Klänge aufmerksam geworden sein, die die Hammer<lb/> je nach ihrer Schwere auf dem Amboß gaben. Man hat sogar behauptet, daß<lb/> Händel dem Gehämmer der Schmiede eine seiner Melodien abgehört habe, ungefähr<lb/> wie Beethoven das Motiv, mit dem die C-Moll-Symphonie beginnt, eine Goldammer<lb/> im Walde geliefert haben soll. Es wird allerdings entgegnet, daß die Höhe der<lb/> Note immer dieselbe bleibe, möge der aufschlagende Hammer schwerer sein oder<lb/> leichter, gerade so wie verschiedne Klöppel an derselben Glocke nicht verschieden<lb/> klingen, oder wie die sieben Saiten der antiken Lyra immer nur einen und den¬<lb/> selben Ton angeben, und das Tonvermögen des Instruments durch die Anzahl der<lb/> Saiten genau bestimmt ist. Man vergißt aber, daß auch die Schmiedeambosse ver¬<lb/> schieden und in mehreren Exemplaren vorhanden sind, sodaß, abgesehen von der<lb/> größern Stärke oder Schwäche des Tons, wirklich einige Abwechslung in das Konzert<lb/> hineinkommt. Davon, daß das Eisen seine besondern Töne hat, kann man sich<lb/> auf jedem Bahnhof überzeugen: auf jeder größern Station geht ein Beamter mit<lb/> einem Hammer den Zug entlang und prüft die Nadreifen der Wagen durch<lb/> Hammerschlag auf das Vorhandensein von Sprüngen. Diese verraten sich beim<lb/> Aufschlagen des Hammers durch verschiedenartigen Klang.</p><lb/> <p xml:id="ID_2179" next="#ID_2180"> Pinkepank. Das muß immer herhalten, so oft etwas Metallnes angerührt wird,<lb/> wenn es auch nur eine Münze und schnöder Mammon ist, was klingt. Ich muß<lb/> gestehn, daß Sie nur ans die Pinke sehn! — heißt es im Berliner Metropol¬<lb/> theater, in der Posse, die sich zwischen der Hibernia und dem Handelsminister<lb/> Möller abspielt. Die Pinke ist die Büchse, in die die Einsätze beim Kegeln oder<lb/> beim Kartenspielen kommen; jede Sparbüchse ist eine, während andre Leute lieber<lb/> sagen, daß es klappert. Denn die Lautnachahmuug ist keineswegs konsequent,<lb/> namentlich wird anstatt des Lippenlautes gern das dentate D gewählt. Die<lb/> italienischen Kinder nennen das Geld: it Dinclo; sie wollen das virao haben,<lb/> und der Vater gibt ihnen, wenn sie recht artig sind, das virao. Klingt das nicht<lb/> wie Glockengeläute? — Die Glocke macht tu Italien: Dinäon, man hört hier die<lb/> Glocken äiQäonclg.re>. Wir sagen bekanntlich: Bimbaum, kennen jedoch ebenfalls<lb/> ein Dingdongdang. Streng genommen ist das die englische Manier, das Geläute<lb/> der Glocken wiederzugeben; in Frankreich machen die Glocken: ^mein oder<lb/> lintouin, läuten ist dort tintsr. Auch die Gläser machen in Frankreich beim<lb/> Anstoßen lintiv. Demgemäß läßt auch Dante die Weckuhr 'un to schlagen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0490]
Maßgebliches und Umnaßgebliches
Populcire Konzerte. In der blutigen Schlacht bei Mars-la-Tour, am
16. August 1870, gab der Major von Schmettau dem Trompeter Befehl, zum
Sammeln zu blasen. Dieser setzte die Trompete an den Mund; aber so heftig hatte
der Kampf getobt, daß das Instrument an vielen Stellen durchlöchert war und
einen klagenden Ton von sich gab. Diese Episode hat Freiligrath besungen (Die
Trompete von Gravelotte).
Der Trompeter hieß Binkebank, was auf dasselbe hinausläuft, als ob er
Schmidt geheißen hätte. Binkebank oder Pinkepank ist nichts weiter als eine
Tonmalerei, eine onomatopoetische Bezeichnung der Laute, die der Schmied hervor¬
bringt, wenn er das Eisen hämmert. „Lieben Brüder, lasset euch nicht erbarmen,
lasset euer Schwert nicht kalt werden vom Blut, schmiedet Pinkepank auf dem
Amboß Nimrod!" — so schrieb Thomas Münzer im Bauernkriege an die
Bergleute zu Mansfeld, er, der sich selber: Thomas Münzer mit dem Schwerte
Gideonis, Thomas Münzer mit dem Hammer nannte. Der Familienname Pinke¬
pank ist nicht selten, er kommt zum Beispiel in der Göttinger Gegend vor.
Die Tradition will wissen, daß der weise Pythagoras durch diese Laute auf
die Theorie der musikalischen Intervalle gekommen sei; er soll in einer ägyptischen
Schmiede auf die verschiednen Klänge aufmerksam geworden sein, die die Hammer
je nach ihrer Schwere auf dem Amboß gaben. Man hat sogar behauptet, daß
Händel dem Gehämmer der Schmiede eine seiner Melodien abgehört habe, ungefähr
wie Beethoven das Motiv, mit dem die C-Moll-Symphonie beginnt, eine Goldammer
im Walde geliefert haben soll. Es wird allerdings entgegnet, daß die Höhe der
Note immer dieselbe bleibe, möge der aufschlagende Hammer schwerer sein oder
leichter, gerade so wie verschiedne Klöppel an derselben Glocke nicht verschieden
klingen, oder wie die sieben Saiten der antiken Lyra immer nur einen und den¬
selben Ton angeben, und das Tonvermögen des Instruments durch die Anzahl der
Saiten genau bestimmt ist. Man vergißt aber, daß auch die Schmiedeambosse ver¬
schieden und in mehreren Exemplaren vorhanden sind, sodaß, abgesehen von der
größern Stärke oder Schwäche des Tons, wirklich einige Abwechslung in das Konzert
hineinkommt. Davon, daß das Eisen seine besondern Töne hat, kann man sich
auf jedem Bahnhof überzeugen: auf jeder größern Station geht ein Beamter mit
einem Hammer den Zug entlang und prüft die Nadreifen der Wagen durch
Hammerschlag auf das Vorhandensein von Sprüngen. Diese verraten sich beim
Aufschlagen des Hammers durch verschiedenartigen Klang.
Pinkepank. Das muß immer herhalten, so oft etwas Metallnes angerührt wird,
wenn es auch nur eine Münze und schnöder Mammon ist, was klingt. Ich muß
gestehn, daß Sie nur ans die Pinke sehn! — heißt es im Berliner Metropol¬
theater, in der Posse, die sich zwischen der Hibernia und dem Handelsminister
Möller abspielt. Die Pinke ist die Büchse, in die die Einsätze beim Kegeln oder
beim Kartenspielen kommen; jede Sparbüchse ist eine, während andre Leute lieber
sagen, daß es klappert. Denn die Lautnachahmuug ist keineswegs konsequent,
namentlich wird anstatt des Lippenlautes gern das dentate D gewählt. Die
italienischen Kinder nennen das Geld: it Dinclo; sie wollen das virao haben,
und der Vater gibt ihnen, wenn sie recht artig sind, das virao. Klingt das nicht
wie Glockengeläute? — Die Glocke macht tu Italien: Dinäon, man hört hier die
Glocken äiQäonclg.re>. Wir sagen bekanntlich: Bimbaum, kennen jedoch ebenfalls
ein Dingdongdang. Streng genommen ist das die englische Manier, das Geläute
der Glocken wiederzugeben; in Frankreich machen die Glocken: ^mein oder
lintouin, läuten ist dort tintsr. Auch die Gläser machen in Frankreich beim
Anstoßen lintiv. Demgemäß läßt auch Dante die Weckuhr 'un to schlagen
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