Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Im Lande Buchara endlich höher stellt als die Hypertrophie der neuen Stilerfindung, die ent¬ Im Lande Buchara Toexfer Reiseerinnernnzen von u unsrer Abfahrt von Beiram-Ali hatten wir uns, der auuühcrnd Im Lande Buchara endlich höher stellt als die Hypertrophie der neuen Stilerfindung, die ent¬ Im Lande Buchara Toexfer Reiseerinnernnzen von u unsrer Abfahrt von Beiram-Ali hatten wir uns, der auuühcrnd <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0036" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302024"/> <fw type="header" place="top"> Im Lande Buchara</fw><lb/> <p xml:id="ID_82" prev="#ID_81"> endlich höher stellt als die Hypertrophie der neuen Stilerfindung, die ent¬<lb/> weder den Zweck oder das Material aus dem Auge verliert und das Rechte<lb/> versäumt. Sicherlich stehen wir im Stadium einer großen neuen Stilentwicklung,<lb/> aber ihr Wesen ist zunächst nicht das Ornament, sondern die Sachlichkeit, nicht<lb/> der Schmuck an sich, sondern der Zweck.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Im Lande Buchara<lb/><note type="byline"> Toexfer</note> Reiseerinnernnzen von</head><lb/> <p xml:id="ID_83"> u unsrer Abfahrt von Beiram-Ali hatten wir uns, der auuühcrnd<lb/> gleichzeitigen Abreise unsers Gastfreundes nach Aschabad zuliebe,<lb/> früher auf dein Bahnhof eingefunden, als nötig war. Dazu<lb/> verspätete sich unser Zug nicht bloß um zwei, wie angekündigt<lb/> worden war, sondern um drei und eine halbe Stunde. So machte<lb/> sich der Unterschied zwischen einem auf vornehmem Fuße eingerichteten Landhaus,<lb/> dessen Herr wie ein kleiner Fürst von seinem Beamten- und Arbeiterheer geehrt<lb/> wird, und einem schlecht eingerichteten Wartesaal, in den sich mancher Unbe¬<lb/> rechtigte eindrängte, allzu bemerkbar, als daß er nicht nach einem hochinteressanter<lb/> Tage in den schönen Stunden des Schlafs vor Mitternacht besonders peinlich<lb/> empfunden worden wäre. Aber auch hier schlug schließlich die Erlösungsstunde<lb/> und brachte uns ein diesesmal noch erträgliches Nachtlager in einem Dnrch-<lb/> gcmgswagen, da wie gewöhnlich die geschlossenen Abteile von höhern und<lb/> niedern Beamten und Offizieren belegt waren. Aber die verspätete Abfahrt<lb/> und die immer mehr zunehmende Verspätung hatten auch ihr gutes: wir be¬<lb/> kamen bei Tageslicht die neue Ann-Darjabrücke und die besonders den Bahnbau<lb/> und deu Betrieb gefährdenden Wüstenstreifen bei Barchcmy links vom Ann und<lb/> bei Fand und Chodsha-Dawlct rechts vom Strom zu sehen. Die Übergänge<lb/> vom ödesten Wüstenland zu reich angebauten Kulturland sind bei der mäßigen<lb/> Fahrgeschwindigkeit besonders auffallend. Schon die Ann - Darjanicderung,<lb/> denn von „Tal" kann man ja nicht sprechen, ist sehr wohl angebaut und zeigt<lb/> wiederum, wie das befruchtende Naß segenspendend wirkt. Hier ist eine alte<lb/> Kultur in voller Blüte. Der Ackerbau wird in wohlgeordneter Wirtschaft betrieben.<lb/> Die Felder sind als unmerklich geneigte Flüchen bearbeitet, zum Teil mit Schatten<lb/> spendenden Bäumen bestanden, sorgfältig abgegrenzt, häufig mit niedrigen Lehm-<lb/> mauern umgeben und durch gerade Wege zugänglich gemacht. Vielfach sind die<lb/> Höfe wie bei uns in Westfalen in der Mitte der ihrem Besitzer gehörenden Felder<lb/> angeordnet. Ein breiter Lehmwall trennt den Bahnkörper von den Feldern<lb/> und den Wegen. Viel altes Gemäuer, Häusertrümmer wie in Alt-Merw, Türme<lb/> und sonstige Neste von Bautätigkeit deuten auf eine lebensvolle Geschichte. Hier<lb/> bei Tschardshui hat Alexander der Große den Oxus überschritten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0036]
Im Lande Buchara
endlich höher stellt als die Hypertrophie der neuen Stilerfindung, die ent¬
weder den Zweck oder das Material aus dem Auge verliert und das Rechte
versäumt. Sicherlich stehen wir im Stadium einer großen neuen Stilentwicklung,
aber ihr Wesen ist zunächst nicht das Ornament, sondern die Sachlichkeit, nicht
der Schmuck an sich, sondern der Zweck.
Im Lande Buchara
Toexfer Reiseerinnernnzen von
u unsrer Abfahrt von Beiram-Ali hatten wir uns, der auuühcrnd
gleichzeitigen Abreise unsers Gastfreundes nach Aschabad zuliebe,
früher auf dein Bahnhof eingefunden, als nötig war. Dazu
verspätete sich unser Zug nicht bloß um zwei, wie angekündigt
worden war, sondern um drei und eine halbe Stunde. So machte
sich der Unterschied zwischen einem auf vornehmem Fuße eingerichteten Landhaus,
dessen Herr wie ein kleiner Fürst von seinem Beamten- und Arbeiterheer geehrt
wird, und einem schlecht eingerichteten Wartesaal, in den sich mancher Unbe¬
rechtigte eindrängte, allzu bemerkbar, als daß er nicht nach einem hochinteressanter
Tage in den schönen Stunden des Schlafs vor Mitternacht besonders peinlich
empfunden worden wäre. Aber auch hier schlug schließlich die Erlösungsstunde
und brachte uns ein diesesmal noch erträgliches Nachtlager in einem Dnrch-
gcmgswagen, da wie gewöhnlich die geschlossenen Abteile von höhern und
niedern Beamten und Offizieren belegt waren. Aber die verspätete Abfahrt
und die immer mehr zunehmende Verspätung hatten auch ihr gutes: wir be¬
kamen bei Tageslicht die neue Ann-Darjabrücke und die besonders den Bahnbau
und deu Betrieb gefährdenden Wüstenstreifen bei Barchcmy links vom Ann und
bei Fand und Chodsha-Dawlct rechts vom Strom zu sehen. Die Übergänge
vom ödesten Wüstenland zu reich angebauten Kulturland sind bei der mäßigen
Fahrgeschwindigkeit besonders auffallend. Schon die Ann - Darjanicderung,
denn von „Tal" kann man ja nicht sprechen, ist sehr wohl angebaut und zeigt
wiederum, wie das befruchtende Naß segenspendend wirkt. Hier ist eine alte
Kultur in voller Blüte. Der Ackerbau wird in wohlgeordneter Wirtschaft betrieben.
Die Felder sind als unmerklich geneigte Flüchen bearbeitet, zum Teil mit Schatten
spendenden Bäumen bestanden, sorgfältig abgegrenzt, häufig mit niedrigen Lehm-
mauern umgeben und durch gerade Wege zugänglich gemacht. Vielfach sind die
Höfe wie bei uns in Westfalen in der Mitte der ihrem Besitzer gehörenden Felder
angeordnet. Ein breiter Lehmwall trennt den Bahnkörper von den Feldern
und den Wegen. Viel altes Gemäuer, Häusertrümmer wie in Alt-Merw, Türme
und sonstige Neste von Bautätigkeit deuten auf eine lebensvolle Geschichte. Hier
bei Tschardshui hat Alexander der Große den Oxus überschritten.
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