Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Zweites Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Erstens dürften vor dem Konzerte und während der Pansen weder Speisen noch Die Erfüllung dieser Bedingungen konnte ihm der Hofrat zusichern, und nach Endlich -- es war etwa zwei Stunden später -- erschien der große Mann (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel. ("Gehalt des Staatssekretärs." Fragen der Geschäftsordnung. sozialpolitische Debatten. Aus dem preußischen Abgeordnetenhause.) Wenn jemand zufällig, ohne die parlamentarischen Gebräuche der Gegenwart Maßgebliches und Unmaßgebliches Erstens dürften vor dem Konzerte und während der Pansen weder Speisen noch Die Erfüllung dieser Bedingungen konnte ihm der Hofrat zusichern, und nach Endlich — es war etwa zwei Stunden später — erschien der große Mann (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel. („Gehalt des Staatssekretärs." Fragen der Geschäftsordnung. sozialpolitische Debatten. Aus dem preußischen Abgeordnetenhause.) Wenn jemand zufällig, ohne die parlamentarischen Gebräuche der Gegenwart <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0216" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/302204"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_991" prev="#ID_990"> Erstens dürften vor dem Konzerte und während der Pansen weder Speisen noch<lb/> Getränke verabreicht werden. Zweitens müsse er sowohl als erster wie als letzter<lb/> auftreten. Drittens wünsche er, daß die beiden ersten Stuhlreihen nur von schönen<lb/> jungen Damen eingenommen würden, da es ihm fatal sei, während des Spieles<lb/> häßliche oder alte Gesichter sehen zu müssen. Viertens hätten sämtliche Damen<lb/> vorher den Fächer beiseite zu legen, denn nichts sei störender als das Auf- und<lb/> Niederklappen von einigen Dutzend Fächern. Fünftens dürfte keiner der Herren<lb/> während seines Spieles Tabak schnupfen, und Sechstens rechne er darauf, daß nie¬<lb/> mand mit Mu Ah mitis llsurs parfümiert sei, denn davon bekomme er die furcht-<lb/> barsten Kopfschmerzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_992"> Die Erfüllung dieser Bedingungen konnte ihm der Hofrat zusichern, und nach<lb/> einigem Hinundherverhandeln wurde der Tag des Konzerts festgesetzt. Als die<lb/> Stunde herankam, wo es seinen Anfang nehmen sollte, waren die Zuhörer voll¬<lb/> zählig versammelt, von den Mitwirkenden fehlte nur Amadeus Quietschky. Man<lb/> war in großer Verlegenheit und sandte schließlich einen Bedienten in seine Woh¬<lb/> nung, der jedoch mit dem Bescheid zurückkehrte, der Meister sei nicht zu Hause<lb/> gewesen. Man mußte wohl oder übel weiter warten.</p><lb/> <p xml:id="ID_993"> Endlich — es war etwa zwei Stunden später — erschien der große Mann<lb/> und erklärte mit heitrer Miene, er komme geradeswegs aus dem Klassigschen Kaffee¬<lb/> hause, wo er Mittwochs immer seine Tarockpartie habe. Leider habe er neulich<lb/> nicht daran gedacht, sonst würde er für das Konzert einen andern Tag gewählt<lb/> haben. Ob ein zuverlässiger Mann zur Stelle sei, der seine Geige holen könnte?<lb/> Die jüngern Herren der Gesellschaft stritten sich um die Ehre, dem Maestro ihre<lb/> Dienste anzubieten, und der Glückliche, dem Quietschky schließlich den Schlüssel zu<lb/> seiner Wohnung anvertraute, wurde von allen nach Gebühr beneidet.</p><lb/> <p xml:id="ID_994"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <div n="2"> <head> Reichsspiegel. </head><lb/> <note type="argument"> („Gehalt des Staatssekretärs." 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Man<lb/> könnte höchstens sagen, daß dem Reichstage ja alljährlich eine große Zahl von An¬<lb/> trägen und Anfragen vorliegt, worin alles enthalten ist, was an präzisierbaren<lb/> Wünschen innerhalb der Volksvertretung festgestellt werden kann. Dann wird aber<lb/> der andre erst recht fragen: Warum muß denn das alles beim „Gehalt des Staats¬<lb/> sekretärs" noch einmal breitgetreten werden? Und darauf muß man vernünftiger¬<lb/> weise die Antwort schuldig bleiben. Die einzige Erklärung liegt in der tyrannischen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0216]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Erstens dürften vor dem Konzerte und während der Pansen weder Speisen noch
Getränke verabreicht werden. Zweitens müsse er sowohl als erster wie als letzter
auftreten. Drittens wünsche er, daß die beiden ersten Stuhlreihen nur von schönen
jungen Damen eingenommen würden, da es ihm fatal sei, während des Spieles
häßliche oder alte Gesichter sehen zu müssen. Viertens hätten sämtliche Damen
vorher den Fächer beiseite zu legen, denn nichts sei störender als das Auf- und
Niederklappen von einigen Dutzend Fächern. Fünftens dürfte keiner der Herren
während seines Spieles Tabak schnupfen, und Sechstens rechne er darauf, daß nie¬
mand mit Mu Ah mitis llsurs parfümiert sei, denn davon bekomme er die furcht-
barsten Kopfschmerzen.
Die Erfüllung dieser Bedingungen konnte ihm der Hofrat zusichern, und nach
einigem Hinundherverhandeln wurde der Tag des Konzerts festgesetzt. Als die
Stunde herankam, wo es seinen Anfang nehmen sollte, waren die Zuhörer voll¬
zählig versammelt, von den Mitwirkenden fehlte nur Amadeus Quietschky. Man
war in großer Verlegenheit und sandte schließlich einen Bedienten in seine Woh¬
nung, der jedoch mit dem Bescheid zurückkehrte, der Meister sei nicht zu Hause
gewesen. Man mußte wohl oder übel weiter warten.
Endlich — es war etwa zwei Stunden später — erschien der große Mann
und erklärte mit heitrer Miene, er komme geradeswegs aus dem Klassigschen Kaffee¬
hause, wo er Mittwochs immer seine Tarockpartie habe. Leider habe er neulich
nicht daran gedacht, sonst würde er für das Konzert einen andern Tag gewählt
haben. Ob ein zuverlässiger Mann zur Stelle sei, der seine Geige holen könnte?
Die jüngern Herren der Gesellschaft stritten sich um die Ehre, dem Maestro ihre
Dienste anzubieten, und der Glückliche, dem Quietschky schließlich den Schlüssel zu
seiner Wohnung anvertraute, wurde von allen nach Gebühr beneidet.
(Fortsetzung folgt)
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel.
(„Gehalt des Staatssekretärs." Fragen der Geschäftsordnung.
sozialpolitische Debatten. Aus dem preußischen Abgeordnetenhause.)
Wenn jemand zufällig, ohne die parlamentarischen Gebräuche der Gegenwart
zu kennen, hört, daß der Reichstag wochenlang über das Gehalt eines Staats¬
sekretärs debattiert hat, so wird ihni das gewiß zunächst unbegreiflich sein. Macht
man ihm dann klar, daß dies die Form ist, in der der Reichstag seine sozial¬
politischen Wünsche und Ansichten zu äußern pflegt, so wird ihm zwar die Sache
etwas verständlicher erscheinen, aber es bleibt auch dann noch die verwunderte Frage
übrig, warum diese Ansichten und Wünsche nicht in eine präzisierte, für den Gesetz¬
geber brauchbare Form gebracht und an der Stelle, wohin sie gehören, erörtert
werden. Auf solche Frage muß man freilich die Antwort schuldig bleiben. Man
könnte höchstens sagen, daß dem Reichstage ja alljährlich eine große Zahl von An¬
trägen und Anfragen vorliegt, worin alles enthalten ist, was an präzisierbaren
Wünschen innerhalb der Volksvertretung festgestellt werden kann. Dann wird aber
der andre erst recht fragen: Warum muß denn das alles beim „Gehalt des Staats¬
sekretärs" noch einmal breitgetreten werden? Und darauf muß man vernünftiger¬
weise die Antwort schuldig bleiben. Die einzige Erklärung liegt in der tyrannischen
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