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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wege -- unter Benutzung von Nachschlüssel und Einbruchwerkzeugen -- zugänglich
gemacht und widerrechtlich kopiert worden. Die Angelegenheit ist jetzt Gegenstand
gerichtlicher Untersuchung, und die Erörterung dieser Seite der Sache kann darum
einstweilen ruhen. Es war aber dabei eine Beobachtung zu machen, die auf die
allgemeine politische Befähigung unsers Volks ein schlechtes Licht wirft. Auffallend
war nämlich dabei, mit welchem Mangel an Überlegung die Öffentlichkeit an die
Sache herantrat, und wie nationale Organe blindlings dem Gegner ins Garn
liefen. Es lag doch ans der Hand, daß die Mitglieder eines nationalen Vereins
nur ihre Pflicht taten, wenn sie auch bei den Wahlen in nationalem Sinne wirkten.
Das Zentrum freilich hatte ein Interesse daran, diese Wirksamkeit als etwas Un¬
rechtes und Ungehöriges hinzustellen. Aber die nationalen Parteien hätten sich doch
nur darüber freuen können. Statt dessen hielten sich auch auf nationaler Seite
viele verpflichtet, in das törichte Geschrei des Zentrums einzustimmen. Das ist ein
charakteristischer Grundzug unsers politischen Lebens. Es braucht sich jemand nur
auf den offnen Markt zu stellen und von einer ganz selbstverständlichen Tatsache
nur in dem Tone zu sprechen, als ob etwas Ungeheuerliches geschehen sei, so werden
sich sicher Unzählige finden, die gegen ihr eignes Interesse und eine bessere Einsicht
auf selbständige Prüfung verzichten und sich den Gedankengang des Gegners gegen
ihre eignen Freunde zu eigen machen. Es ist das ein Mangel an politischer Reife
und Schulung, der bei andern Völkern viel weniger hervortritt.




Ein italienisches Urteil über die deutschen Reichstagswahlen.

Je
seltner die ausländische Presse unsre deutschen Verhältnisse einigermaßen richtig oder
gar wohlwollend beurteilt, desto erfreulicher ist es, in der angesehensten italienischen
Zeitschrift, der Mova ^nwlog-la, vom 1. Februar d. I. einer italienischen Stimme
vittoria äst Princips al IZülow) zu begegnen, die den ganzen Wahlkampf, die Gegensätze,
die sich in ihm gemessen haben, die Aussichten, die sich nunmehr eröffnen, sachkundig und im
ganzen richtig darstellt. Ja der ungenannte XXX Verfasser, ein regelmäßiger politischer
Mitarbeiter der Zeitschrift, hat für den Reichskanzler so viele warme Anerkennung, wie sie
uns in der deutschen Presse niemals begegnet ist. Er kennt ihn persönlich aus der Zeit,
wo der Fürst in Rom deutscher Botschafter war, und sagt von seiner ersten Begegnung
mit ihm: "Ich ging aus dem Palazzo Cassarelli mit der Überzeugung, daß dieser
zugleich liebenswürdige und kraftvolle, geschmeidige und feste Mann, in dessen
schmeichelhaften Worten ein geistvolles Lächeln lag, in dessen klarem Auge es leuchtete
wie der Blitz eines Degens, dazu bestimmt sei, eine noch viel größere Rolle in
der Politik seines Landes zu spielen"; er findet, daß er als Parlamentarier, abge¬
sehen von der Rednergabe, "auch den scharfen Blick, die genaue Auffassung für die
wirkliche Lage und die Lösungen, die sie fordert, besitze". Allerdings, die Stimmung,
die der Auflösung des Reichstags am 13. Dezember vorigen Jahres folgte, über¬
sieht er weder vollständig, noch versteht er sie ganz richtig. Bei ihm sieht es
so aus, als ob das Urteil über diese nationale Tat sie halb als überflüssig, halb
als sehr gewagt bezeichnet habe. Das war jedenfalls nicht die vorherrschende Auf¬
fassung; diese faßte vielmehr bekanntlich die Abstimmung der schwarz-roten Mehr¬
heit als eine" schnöden Verrat an der nationalen Sache auf und erkannte klar,
daß es sich um Sein und Nichtsein der deutschen Weltpolitik, das heißt der Zu¬
kunft Deutschlands handelte. Aber er findet ganz richtig, daß die liberale Presse
die Wahlparole Bülows nicht verstanden, ihren freilich nicht offen und nicht aus¬
führlich ausgesprochnen Grundgedanken, seine Politische Aktion in Zukunft auf das
Zusammenwirken der Konservativen und der Liberalen zu gründen und diesen da¬
durch Gelegenheit zu geben, einen größern Einfluß auf die Regierung zu gewinnen,
gar nicht recht begriffen habe. Die Wähler seien klüger gewesen als ihre Presse


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wege — unter Benutzung von Nachschlüssel und Einbruchwerkzeugen — zugänglich
gemacht und widerrechtlich kopiert worden. Die Angelegenheit ist jetzt Gegenstand
gerichtlicher Untersuchung, und die Erörterung dieser Seite der Sache kann darum
einstweilen ruhen. Es war aber dabei eine Beobachtung zu machen, die auf die
allgemeine politische Befähigung unsers Volks ein schlechtes Licht wirft. Auffallend
war nämlich dabei, mit welchem Mangel an Überlegung die Öffentlichkeit an die
Sache herantrat, und wie nationale Organe blindlings dem Gegner ins Garn
liefen. Es lag doch ans der Hand, daß die Mitglieder eines nationalen Vereins
nur ihre Pflicht taten, wenn sie auch bei den Wahlen in nationalem Sinne wirkten.
Das Zentrum freilich hatte ein Interesse daran, diese Wirksamkeit als etwas Un¬
rechtes und Ungehöriges hinzustellen. Aber die nationalen Parteien hätten sich doch
nur darüber freuen können. Statt dessen hielten sich auch auf nationaler Seite
viele verpflichtet, in das törichte Geschrei des Zentrums einzustimmen. Das ist ein
charakteristischer Grundzug unsers politischen Lebens. Es braucht sich jemand nur
auf den offnen Markt zu stellen und von einer ganz selbstverständlichen Tatsache
nur in dem Tone zu sprechen, als ob etwas Ungeheuerliches geschehen sei, so werden
sich sicher Unzählige finden, die gegen ihr eignes Interesse und eine bessere Einsicht
auf selbständige Prüfung verzichten und sich den Gedankengang des Gegners gegen
ihre eignen Freunde zu eigen machen. Es ist das ein Mangel an politischer Reife
und Schulung, der bei andern Völkern viel weniger hervortritt.




Ein italienisches Urteil über die deutschen Reichstagswahlen.

Je
seltner die ausländische Presse unsre deutschen Verhältnisse einigermaßen richtig oder
gar wohlwollend beurteilt, desto erfreulicher ist es, in der angesehensten italienischen
Zeitschrift, der Mova ^nwlog-la, vom 1. Februar d. I. einer italienischen Stimme
vittoria äst Princips al IZülow) zu begegnen, die den ganzen Wahlkampf, die Gegensätze,
die sich in ihm gemessen haben, die Aussichten, die sich nunmehr eröffnen, sachkundig und im
ganzen richtig darstellt. Ja der ungenannte XXX Verfasser, ein regelmäßiger politischer
Mitarbeiter der Zeitschrift, hat für den Reichskanzler so viele warme Anerkennung, wie sie
uns in der deutschen Presse niemals begegnet ist. Er kennt ihn persönlich aus der Zeit,
wo der Fürst in Rom deutscher Botschafter war, und sagt von seiner ersten Begegnung
mit ihm: „Ich ging aus dem Palazzo Cassarelli mit der Überzeugung, daß dieser
zugleich liebenswürdige und kraftvolle, geschmeidige und feste Mann, in dessen
schmeichelhaften Worten ein geistvolles Lächeln lag, in dessen klarem Auge es leuchtete
wie der Blitz eines Degens, dazu bestimmt sei, eine noch viel größere Rolle in
der Politik seines Landes zu spielen"; er findet, daß er als Parlamentarier, abge¬
sehen von der Rednergabe, „auch den scharfen Blick, die genaue Auffassung für die
wirkliche Lage und die Lösungen, die sie fordert, besitze". Allerdings, die Stimmung,
die der Auflösung des Reichstags am 13. Dezember vorigen Jahres folgte, über¬
sieht er weder vollständig, noch versteht er sie ganz richtig. Bei ihm sieht es
so aus, als ob das Urteil über diese nationale Tat sie halb als überflüssig, halb
als sehr gewagt bezeichnet habe. Das war jedenfalls nicht die vorherrschende Auf¬
fassung; diese faßte vielmehr bekanntlich die Abstimmung der schwarz-roten Mehr¬
heit als eine» schnöden Verrat an der nationalen Sache auf und erkannte klar,
daß es sich um Sein und Nichtsein der deutschen Weltpolitik, das heißt der Zu¬
kunft Deutschlands handelte. Aber er findet ganz richtig, daß die liberale Presse
die Wahlparole Bülows nicht verstanden, ihren freilich nicht offen und nicht aus¬
führlich ausgesprochnen Grundgedanken, seine Politische Aktion in Zukunft auf das
Zusammenwirken der Konservativen und der Liberalen zu gründen und diesen da¬
durch Gelegenheit zu geben, einen größern Einfluß auf die Regierung zu gewinnen,
gar nicht recht begriffen habe. Die Wähler seien klüger gewesen als ihre Presse


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[0444] Maßgebliches und Unmaßgebliches Wege — unter Benutzung von Nachschlüssel und Einbruchwerkzeugen — zugänglich gemacht und widerrechtlich kopiert worden. Die Angelegenheit ist jetzt Gegenstand gerichtlicher Untersuchung, und die Erörterung dieser Seite der Sache kann darum einstweilen ruhen. Es war aber dabei eine Beobachtung zu machen, die auf die allgemeine politische Befähigung unsers Volks ein schlechtes Licht wirft. Auffallend war nämlich dabei, mit welchem Mangel an Überlegung die Öffentlichkeit an die Sache herantrat, und wie nationale Organe blindlings dem Gegner ins Garn liefen. Es lag doch ans der Hand, daß die Mitglieder eines nationalen Vereins nur ihre Pflicht taten, wenn sie auch bei den Wahlen in nationalem Sinne wirkten. Das Zentrum freilich hatte ein Interesse daran, diese Wirksamkeit als etwas Un¬ rechtes und Ungehöriges hinzustellen. Aber die nationalen Parteien hätten sich doch nur darüber freuen können. Statt dessen hielten sich auch auf nationaler Seite viele verpflichtet, in das törichte Geschrei des Zentrums einzustimmen. Das ist ein charakteristischer Grundzug unsers politischen Lebens. Es braucht sich jemand nur auf den offnen Markt zu stellen und von einer ganz selbstverständlichen Tatsache nur in dem Tone zu sprechen, als ob etwas Ungeheuerliches geschehen sei, so werden sich sicher Unzählige finden, die gegen ihr eignes Interesse und eine bessere Einsicht auf selbständige Prüfung verzichten und sich den Gedankengang des Gegners gegen ihre eignen Freunde zu eigen machen. Es ist das ein Mangel an politischer Reife und Schulung, der bei andern Völkern viel weniger hervortritt. Ein italienisches Urteil über die deutschen Reichstagswahlen. Je seltner die ausländische Presse unsre deutschen Verhältnisse einigermaßen richtig oder gar wohlwollend beurteilt, desto erfreulicher ist es, in der angesehensten italienischen Zeitschrift, der Mova ^nwlog-la, vom 1. Februar d. I. einer italienischen Stimme vittoria äst Princips al IZülow) zu begegnen, die den ganzen Wahlkampf, die Gegensätze, die sich in ihm gemessen haben, die Aussichten, die sich nunmehr eröffnen, sachkundig und im ganzen richtig darstellt. Ja der ungenannte XXX Verfasser, ein regelmäßiger politischer Mitarbeiter der Zeitschrift, hat für den Reichskanzler so viele warme Anerkennung, wie sie uns in der deutschen Presse niemals begegnet ist. Er kennt ihn persönlich aus der Zeit, wo der Fürst in Rom deutscher Botschafter war, und sagt von seiner ersten Begegnung mit ihm: „Ich ging aus dem Palazzo Cassarelli mit der Überzeugung, daß dieser zugleich liebenswürdige und kraftvolle, geschmeidige und feste Mann, in dessen schmeichelhaften Worten ein geistvolles Lächeln lag, in dessen klarem Auge es leuchtete wie der Blitz eines Degens, dazu bestimmt sei, eine noch viel größere Rolle in der Politik seines Landes zu spielen"; er findet, daß er als Parlamentarier, abge¬ sehen von der Rednergabe, „auch den scharfen Blick, die genaue Auffassung für die wirkliche Lage und die Lösungen, die sie fordert, besitze". Allerdings, die Stimmung, die der Auflösung des Reichstags am 13. Dezember vorigen Jahres folgte, über¬ sieht er weder vollständig, noch versteht er sie ganz richtig. Bei ihm sieht es so aus, als ob das Urteil über diese nationale Tat sie halb als überflüssig, halb als sehr gewagt bezeichnet habe. Das war jedenfalls nicht die vorherrschende Auf¬ fassung; diese faßte vielmehr bekanntlich die Abstimmung der schwarz-roten Mehr¬ heit als eine» schnöden Verrat an der nationalen Sache auf und erkannte klar, daß es sich um Sein und Nichtsein der deutschen Weltpolitik, das heißt der Zu¬ kunft Deutschlands handelte. Aber er findet ganz richtig, daß die liberale Presse die Wahlparole Bülows nicht verstanden, ihren freilich nicht offen und nicht aus¬ führlich ausgesprochnen Grundgedanken, seine Politische Aktion in Zukunft auf das Zusammenwirken der Konservativen und der Liberalen zu gründen und diesen da¬ durch Gelegenheit zu geben, einen größern Einfluß auf die Regierung zu gewinnen, gar nicht recht begriffen habe. Die Wähler seien klüger gewesen als ihre Presse

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_301253/444>, abgerufen am 27.06.2024.