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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Durch Transkaukasten

der Liebe Gottes sich selbst hingegeben hat, Sünder selig zu machen, der allein
die Menschenherzen von innen heraus beeinflussen kann durch den Geist aus
Gott. Vor ihm soll alle christliche Liebesarbeit die Palme niederlegen, von
ihm neuen Mut und neue lautere demütige Liebeskraft erbitten.




Durch Transkaukasien
H. Toepfer Reiseerinnerungen von

! el der Station Rion, wo die Zweigbahn (acht Werst) nach Kutais,
der alten Hauptstadt von Jmeretien, nach Norden abführt, wird
der Rion zum letztenmal auf einer niedrigen Brücke überschritten,
neben der ein neuer eiserner Bau, nahezu vollendet, demnächst
Idem Verkehr übergeben wird. Kutais, an dem der vom Mamisson-
Paß kommende Rion vorbeiströmt, erscheint uns in geringer Entfernung als eine
blühende Gartenstadt, reich an geschichtlichen Erinnerungen. Leider war es nicht
möglich, unsre Reisepläne mit den unruhigen Zeitläuften und den uns noch
übrig bleibenden Tagen so in Übereinstimmung zu bringen, daß wir einen Aus¬
flug dahin und auf andern Seitenbahnen, zum Beispiel nach Borshom, unter¬
nehmen konnten. Wenngleich auch der ruhige Reisende als solcher erkannt
wird und wenigstens bisher an allen diesen Orten nichts ernstliches zu fürchten
hatte, so mußten wir doch mit unerwünschten Aufenthalt und den von der Be¬
hörde bereiteten Schwierigkeiten rechnen und taten besser, das unruhige Treiben
vom sichern Zug aus zu betrachten, anstatt uns hinein zu begeben. Unser
fernes Reiseziel wäre sonst vielleicht unerreichbar geworden. Auch auf den
Bahnhöfen war ja mancherlei zu bemerken. Ssamtredi, wo die Linie nach
Poli abzweigt, und Rion waren gedrängt voll Kaukasier und stark besetzt mit
Posten. Die ganze zwanzigste Division war auf dieser Strecke aufgeboten
worden und in stärkern und schwächern Abteilungen mit dem Bahnschutze be¬
traut. Verstärkte Gendarmerieposten -- diese übrigens dauernd eine sehr nütz¬
liche und für die asiatischen Strecken geradezu unentbehrliche Einrichtung der
russischen Eisenbahnen -- patrouillierten ans der Plattform, und Sappeure des
ersten kaukasischen Sappeurbataillons waren im Stationsdienst tätig, Offiziere
des zuletzt genannten Truppenteils schienen die Aufsicht auf den Bahnhöfen
übernommen zu haben. Das Publikum bestand natürlich größtenteils aus
Jmeretinzen, ärmern und wohlhabenden, meist in der charakteristischen Burka,
darunter die Tscherkeßka, aus deren Halsausschnitt das bunte seidne Beschmet
heraussieht. Die hohe Lammfellmütze, elegante lange Stiefel und ein ganzes
Waffenarsenal: Säbel, Dolch, Pistolen und Patronen, diese in metallnen Hülsen


Durch Transkaukasten

der Liebe Gottes sich selbst hingegeben hat, Sünder selig zu machen, der allein
die Menschenherzen von innen heraus beeinflussen kann durch den Geist aus
Gott. Vor ihm soll alle christliche Liebesarbeit die Palme niederlegen, von
ihm neuen Mut und neue lautere demütige Liebeskraft erbitten.




Durch Transkaukasien
H. Toepfer Reiseerinnerungen von

! el der Station Rion, wo die Zweigbahn (acht Werst) nach Kutais,
der alten Hauptstadt von Jmeretien, nach Norden abführt, wird
der Rion zum letztenmal auf einer niedrigen Brücke überschritten,
neben der ein neuer eiserner Bau, nahezu vollendet, demnächst
Idem Verkehr übergeben wird. Kutais, an dem der vom Mamisson-
Paß kommende Rion vorbeiströmt, erscheint uns in geringer Entfernung als eine
blühende Gartenstadt, reich an geschichtlichen Erinnerungen. Leider war es nicht
möglich, unsre Reisepläne mit den unruhigen Zeitläuften und den uns noch
übrig bleibenden Tagen so in Übereinstimmung zu bringen, daß wir einen Aus¬
flug dahin und auf andern Seitenbahnen, zum Beispiel nach Borshom, unter¬
nehmen konnten. Wenngleich auch der ruhige Reisende als solcher erkannt
wird und wenigstens bisher an allen diesen Orten nichts ernstliches zu fürchten
hatte, so mußten wir doch mit unerwünschten Aufenthalt und den von der Be¬
hörde bereiteten Schwierigkeiten rechnen und taten besser, das unruhige Treiben
vom sichern Zug aus zu betrachten, anstatt uns hinein zu begeben. Unser
fernes Reiseziel wäre sonst vielleicht unerreichbar geworden. Auch auf den
Bahnhöfen war ja mancherlei zu bemerken. Ssamtredi, wo die Linie nach
Poli abzweigt, und Rion waren gedrängt voll Kaukasier und stark besetzt mit
Posten. Die ganze zwanzigste Division war auf dieser Strecke aufgeboten
worden und in stärkern und schwächern Abteilungen mit dem Bahnschutze be¬
traut. Verstärkte Gendarmerieposten — diese übrigens dauernd eine sehr nütz¬
liche und für die asiatischen Strecken geradezu unentbehrliche Einrichtung der
russischen Eisenbahnen — patrouillierten ans der Plattform, und Sappeure des
ersten kaukasischen Sappeurbataillons waren im Stationsdienst tätig, Offiziere
des zuletzt genannten Truppenteils schienen die Aufsicht auf den Bahnhöfen
übernommen zu haben. Das Publikum bestand natürlich größtenteils aus
Jmeretinzen, ärmern und wohlhabenden, meist in der charakteristischen Burka,
darunter die Tscherkeßka, aus deren Halsausschnitt das bunte seidne Beschmet
heraussieht. Die hohe Lammfellmütze, elegante lange Stiefel und ein ganzes
Waffenarsenal: Säbel, Dolch, Pistolen und Patronen, diese in metallnen Hülsen


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[0621] Durch Transkaukasten der Liebe Gottes sich selbst hingegeben hat, Sünder selig zu machen, der allein die Menschenherzen von innen heraus beeinflussen kann durch den Geist aus Gott. Vor ihm soll alle christliche Liebesarbeit die Palme niederlegen, von ihm neuen Mut und neue lautere demütige Liebeskraft erbitten. Durch Transkaukasien H. Toepfer Reiseerinnerungen von ! el der Station Rion, wo die Zweigbahn (acht Werst) nach Kutais, der alten Hauptstadt von Jmeretien, nach Norden abführt, wird der Rion zum letztenmal auf einer niedrigen Brücke überschritten, neben der ein neuer eiserner Bau, nahezu vollendet, demnächst Idem Verkehr übergeben wird. Kutais, an dem der vom Mamisson- Paß kommende Rion vorbeiströmt, erscheint uns in geringer Entfernung als eine blühende Gartenstadt, reich an geschichtlichen Erinnerungen. Leider war es nicht möglich, unsre Reisepläne mit den unruhigen Zeitläuften und den uns noch übrig bleibenden Tagen so in Übereinstimmung zu bringen, daß wir einen Aus¬ flug dahin und auf andern Seitenbahnen, zum Beispiel nach Borshom, unter¬ nehmen konnten. Wenngleich auch der ruhige Reisende als solcher erkannt wird und wenigstens bisher an allen diesen Orten nichts ernstliches zu fürchten hatte, so mußten wir doch mit unerwünschten Aufenthalt und den von der Be¬ hörde bereiteten Schwierigkeiten rechnen und taten besser, das unruhige Treiben vom sichern Zug aus zu betrachten, anstatt uns hinein zu begeben. Unser fernes Reiseziel wäre sonst vielleicht unerreichbar geworden. Auch auf den Bahnhöfen war ja mancherlei zu bemerken. Ssamtredi, wo die Linie nach Poli abzweigt, und Rion waren gedrängt voll Kaukasier und stark besetzt mit Posten. Die ganze zwanzigste Division war auf dieser Strecke aufgeboten worden und in stärkern und schwächern Abteilungen mit dem Bahnschutze be¬ traut. Verstärkte Gendarmerieposten — diese übrigens dauernd eine sehr nütz¬ liche und für die asiatischen Strecken geradezu unentbehrliche Einrichtung der russischen Eisenbahnen — patrouillierten ans der Plattform, und Sappeure des ersten kaukasischen Sappeurbataillons waren im Stationsdienst tätig, Offiziere des zuletzt genannten Truppenteils schienen die Aufsicht auf den Bahnhöfen übernommen zu haben. Das Publikum bestand natürlich größtenteils aus Jmeretinzen, ärmern und wohlhabenden, meist in der charakteristischen Burka, darunter die Tscherkeßka, aus deren Halsausschnitt das bunte seidne Beschmet heraussieht. Die hohe Lammfellmütze, elegante lange Stiefel und ein ganzes Waffenarsenal: Säbel, Dolch, Pistolen und Patronen, diese in metallnen Hülsen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/621>, abgerufen am 26.12.2024.