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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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die Stelle der Nebenregister treten könnten, die doch im großen und ganzen gar
keinen Zweck haben, dagegen viel Arbeit und Raum fordern und bei den heutigen
Sicherheitsverhältnissen hinsichtlich der Feuersgefahr kaum nötig werden. Würde
die auf die Nebenregister verwandte Arbeit den Familienstammbüchern zugute
kommen, so böten diese ja auch im Falle der Vernichtung der Hauptregister
einen Ersatz, sicherten für die Zukunft eine zweckentsprechende Familienforschung
und wären geeignet, das Verständnis für die eigne Familie wieder mehr zu
beleben und zu stärken.

Doch das sind nur flüchtige Gedanken, an deren Verwirklichung noch
lange nicht zu denken ist, aber der Zweck dieser Zeilen ist schon erfüllt, wenn
sie Anregung zu weiteren Nachdenken geben sollten, wie für die Zukunft der
R. Krieg Familienforschung zu helfen ist.




Vor hundert Jahren
Gottlob Lgelhaaf von

le Zeiten kommen, wo uns der Zusammenbruch einer tausend¬
jährigen Verfassung unsers Vaterlandes und damit die Möglich¬
keit einer längst unabweisbar gewordnen Neugestaltung durch
den Ablauf eines seitdem verstrichnen Jahrhunderts wieder leb¬
haft ins Gedächtnis gerufen werden. Wie nicht anders zu er¬
warten war, hat sich die in allen Kulturländern so blühende Geschichtschreibung
neuerdings auch diesen Dingen wieder zugewandt und aus den unabsehbaren
Schätzen der Archive neue Aufschlüsse über sie gewonnen. Es möge uns ver¬
gönnt sein, den Lesern einige der Hauptergebnisse wenigstens von dreien dieser
Werke in kritischer Betrachtung vorzuführen.

1

Mit den Zeiten des Zusammenbruchs des Reiches und der Entstehung
des Rheinbundes beschäftigt sich das Werk eines jüngern bayrischen Gelehrten,
Dr. Theodor Bitterauf, Privatdozenten an der Universität München (Ge¬
schichte des Rheinbundes, München, C. H. Beck. 1905). Vorläufig liegt der
erste Band von dreien vor, der aber gerade die Entstehung des Rheinbundes,
auf die es uns heute und hier zunächst ankommt, vollständig enthält. Heinrich
von Treitschke hat bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit die volle Schale
seines patriotischen Zorns über diesen Bund ausgegossen, der die Kräfte zuerst
des deutschen Südens und bald auch die des deutschen Westens dem franzö¬
sischen Machthaber gegen Deutschland zur Verfügung stellte und 1809 allein
es ihm ermöglicht hat, den tapfern Versuch Österreichs zur Abschüttlung der
Ketten, die den Erdteil belasteten, abzuschlagen -- ohne Zweifel zu unserm
Glück, da sonst die heldenhafte Erhebung Preußens von 1813, die die Grund¬
lage feiner und unsrer Größe werden sollte, nicht oder unter sehr veränderten
Uniständen erfolgt wäre. Aber so gewiß man auch vom deutsch-patriotischen


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die Stelle der Nebenregister treten könnten, die doch im großen und ganzen gar
keinen Zweck haben, dagegen viel Arbeit und Raum fordern und bei den heutigen
Sicherheitsverhältnissen hinsichtlich der Feuersgefahr kaum nötig werden. Würde
die auf die Nebenregister verwandte Arbeit den Familienstammbüchern zugute
kommen, so böten diese ja auch im Falle der Vernichtung der Hauptregister
einen Ersatz, sicherten für die Zukunft eine zweckentsprechende Familienforschung
und wären geeignet, das Verständnis für die eigne Familie wieder mehr zu
beleben und zu stärken.

Doch das sind nur flüchtige Gedanken, an deren Verwirklichung noch
lange nicht zu denken ist, aber der Zweck dieser Zeilen ist schon erfüllt, wenn
sie Anregung zu weiteren Nachdenken geben sollten, wie für die Zukunft der
R. Krieg Familienforschung zu helfen ist.




Vor hundert Jahren
Gottlob Lgelhaaf von

le Zeiten kommen, wo uns der Zusammenbruch einer tausend¬
jährigen Verfassung unsers Vaterlandes und damit die Möglich¬
keit einer längst unabweisbar gewordnen Neugestaltung durch
den Ablauf eines seitdem verstrichnen Jahrhunderts wieder leb¬
haft ins Gedächtnis gerufen werden. Wie nicht anders zu er¬
warten war, hat sich die in allen Kulturländern so blühende Geschichtschreibung
neuerdings auch diesen Dingen wieder zugewandt und aus den unabsehbaren
Schätzen der Archive neue Aufschlüsse über sie gewonnen. Es möge uns ver¬
gönnt sein, den Lesern einige der Hauptergebnisse wenigstens von dreien dieser
Werke in kritischer Betrachtung vorzuführen.

1

Mit den Zeiten des Zusammenbruchs des Reiches und der Entstehung
des Rheinbundes beschäftigt sich das Werk eines jüngern bayrischen Gelehrten,
Dr. Theodor Bitterauf, Privatdozenten an der Universität München (Ge¬
schichte des Rheinbundes, München, C. H. Beck. 1905). Vorläufig liegt der
erste Band von dreien vor, der aber gerade die Entstehung des Rheinbundes,
auf die es uns heute und hier zunächst ankommt, vollständig enthält. Heinrich
von Treitschke hat bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit die volle Schale
seines patriotischen Zorns über diesen Bund ausgegossen, der die Kräfte zuerst
des deutschen Südens und bald auch die des deutschen Westens dem franzö¬
sischen Machthaber gegen Deutschland zur Verfügung stellte und 1809 allein
es ihm ermöglicht hat, den tapfern Versuch Österreichs zur Abschüttlung der
Ketten, die den Erdteil belasteten, abzuschlagen — ohne Zweifel zu unserm
Glück, da sonst die heldenhafte Erhebung Preußens von 1813, die die Grund¬
lage feiner und unsrer Größe werden sollte, nicht oder unter sehr veränderten
Uniständen erfolgt wäre. Aber so gewiß man auch vom deutsch-patriotischen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/492>, abgerufen am 03.07.2024.