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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

weit über die gesetzliche Verpflichtung hinaus sorgt, kann unmöglich in ihnen einen
"gleichberechtigten Faktor" anerkennen. Der Eine wiegt immer die Hunderte oder
Tausende seiner Arbeiter ans. Das hat auch der Staat anerkannt, indem er sich
der "wirtschaftlich Schwachen" -- eine Bezeichnung, die längst ihren Inhalt ver¬
loren hat, seitdem die wirtschaftlich Schwachen die politisch Stärksten ge¬
worden sind -- mit einer Fürsorge angenommen hat, die sie von der Wiege bis
zum Grabe in eiuer bisher noch zu keinem Zeitalter der Weltgeschichte und auch
in keinem andern Lande erhörten Weise begleitet.

Daß wir damit in diesen ersten fünfundzwanzig Jahren sozialpolitischer Für¬
sorge dem sozialen Frieden näher gekommen seien, wird niemand behaupten wollen;
in den zweiten fünfundzwanzig Jahren könnte es dem Staate bald ergehn wie
Gretchen: Ich habe schon so viel für dich getan, daß mir zu tun fast nichts mehr
übrig bleibt. In dieses Rubrum gehört zum Beispiel die unglaubliche Festlegung
eines Teils der Zolleinnahmen zugunsten einer Witwen- und Waisenversicherung
der Arbeiter, einer an sich gewiß recht idealen und recht erstrebenswerten Maßregel,
die aber nicht auf Kosten der wichtigsten Neichsinteressen und damit als eine Un¬
gerechtigkeit gegen die Gesamtheit der Nation realisiert werden darf. Wo bleibt
da die wirtschaftliche Gleichberechtigung? Diese hat ihren Ausgangspunkt doch in
der Erwägung, daß der Unternehmer seine Ziele nur mit Hilfe seiner Arbeiter
erreichen könne, ohne sie nicht. Ganz richtig. Aber auch der Feldherr kann nur
mit Hilfe seiner Soldaten siegen, die nicht nur ihre Arbeit, sondern ihr Leben ein¬
setzen, ohne sie nicht. Will man da auch eine Gleichberechtigung konstruieren?
Je größer die Verantwortlichkeit des Unternehmers ist, die kein Gesetz ihm ab¬
nehmen kann, desto größer wird auch die wirtschaftliche Ungleichheit sein. Wer ihr
den Garaus machen will, kommt notgedrungen zur Verstaatlichung der ganzen
Arbeit und damit -- zum Ende unsrer gesamten Kultur. Es liegt somit wohl
Grund zu der Annahme vor, daß man im preußischen Kultusministerium einen
Universitätskurator nur höchst ungern als Rufer im Streit, als Bannerträger einer
weit ausgreifenden sozialpolitischen Richtung und inmitten eines gefährlichen Auf¬
standes öffentlich Partei ergreifend sieht. Auch in dem Lobe für die Haltung der
Arbeiter in diesem Aufstand sollte man nicht zu weit gehn; sie wußten genau, daß
bei dem geringsten Aufruhr starke Abwehrmittel des Staats bereitstanden. Herrn
Rottenburg kommt es zweifellos zustatten, daß das Kultusministerium gegenwärtig
hinreichend mit der studentischen Bewegung zu tun hat, aber er würde wahrscheinlich
in eine mißliche Lage und in einen Widerspruch zu sich selbst geraten, wenn er
zum Beispiel gegen die Haltung einschreiten müßte, die auch die Bonner Studenten¬
schaft in der bekannten hannoverschen Angelegenheit bekundet hat. Gerade ein
Universitätsknrcitor sollte zweimal zusehen, wohin ihn theoretisierende Liebhabereien
"K" führen können, zu denen er sich ohne Not öffentlich bekennt.




Philosophische Schriften.

Im Jahrgang 1903 der Grenzboten, Seite 79
des ersten Bandes, haben wir an der Hand Cassirers gezeigt, was Leibniz für
die Naturwissenschaften geleistet hat. Wer sich aus Leibniz selbst noch genauer
darüber unterrichten will, braucht jetzt nicht mehr die französischen und die lateinischen
Originalwerke zu studieren. Als 107. Band der Philosophischen Bibliothek (Leipzig,
Dürrsche Buchhandlung, 1904) ist erschienen: G. W. Leibniz. Hauptschriften zur
Grundlegung der Philosophie. Übersetzt von Dr. A. Büchmann. Durchgesehen
und mit Einleitung und Erläuterungen herausgegeben von Dr. E. Cassirer.
Dieses Unternehmen unterscheidet sich von den schon vorhandnen Übersetzungen und
Sammlungen dadurch, daß in einer Auswahl die zusammengehörigen Abhandlungen
zusammengestellt werden, und der Studierende einen Begriff davon bekommt, wie
sich Leibnizens Weltansicht in der Polemik gegen Cartesius, Spinoza, Newton
und andre Philosophen allmählich entwickelt hat. Die sehr guten Einleitungen
und Erläuterungen machen den Zusammenhang vollends klar. Der vorliegende
erste Band enthält Schriften zur Logik und Mathematik, zur Phvronomie und
Dynamik und zur Metaphysik. In der letzten Gruppe werden Cartesius, Male-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

weit über die gesetzliche Verpflichtung hinaus sorgt, kann unmöglich in ihnen einen
„gleichberechtigten Faktor" anerkennen. Der Eine wiegt immer die Hunderte oder
Tausende seiner Arbeiter ans. Das hat auch der Staat anerkannt, indem er sich
der „wirtschaftlich Schwachen" — eine Bezeichnung, die längst ihren Inhalt ver¬
loren hat, seitdem die wirtschaftlich Schwachen die politisch Stärksten ge¬
worden sind — mit einer Fürsorge angenommen hat, die sie von der Wiege bis
zum Grabe in eiuer bisher noch zu keinem Zeitalter der Weltgeschichte und auch
in keinem andern Lande erhörten Weise begleitet.

Daß wir damit in diesen ersten fünfundzwanzig Jahren sozialpolitischer Für¬
sorge dem sozialen Frieden näher gekommen seien, wird niemand behaupten wollen;
in den zweiten fünfundzwanzig Jahren könnte es dem Staate bald ergehn wie
Gretchen: Ich habe schon so viel für dich getan, daß mir zu tun fast nichts mehr
übrig bleibt. In dieses Rubrum gehört zum Beispiel die unglaubliche Festlegung
eines Teils der Zolleinnahmen zugunsten einer Witwen- und Waisenversicherung
der Arbeiter, einer an sich gewiß recht idealen und recht erstrebenswerten Maßregel,
die aber nicht auf Kosten der wichtigsten Neichsinteressen und damit als eine Un¬
gerechtigkeit gegen die Gesamtheit der Nation realisiert werden darf. Wo bleibt
da die wirtschaftliche Gleichberechtigung? Diese hat ihren Ausgangspunkt doch in
der Erwägung, daß der Unternehmer seine Ziele nur mit Hilfe seiner Arbeiter
erreichen könne, ohne sie nicht. Ganz richtig. Aber auch der Feldherr kann nur
mit Hilfe seiner Soldaten siegen, die nicht nur ihre Arbeit, sondern ihr Leben ein¬
setzen, ohne sie nicht. Will man da auch eine Gleichberechtigung konstruieren?
Je größer die Verantwortlichkeit des Unternehmers ist, die kein Gesetz ihm ab¬
nehmen kann, desto größer wird auch die wirtschaftliche Ungleichheit sein. Wer ihr
den Garaus machen will, kommt notgedrungen zur Verstaatlichung der ganzen
Arbeit und damit — zum Ende unsrer gesamten Kultur. Es liegt somit wohl
Grund zu der Annahme vor, daß man im preußischen Kultusministerium einen
Universitätskurator nur höchst ungern als Rufer im Streit, als Bannerträger einer
weit ausgreifenden sozialpolitischen Richtung und inmitten eines gefährlichen Auf¬
standes öffentlich Partei ergreifend sieht. Auch in dem Lobe für die Haltung der
Arbeiter in diesem Aufstand sollte man nicht zu weit gehn; sie wußten genau, daß
bei dem geringsten Aufruhr starke Abwehrmittel des Staats bereitstanden. Herrn
Rottenburg kommt es zweifellos zustatten, daß das Kultusministerium gegenwärtig
hinreichend mit der studentischen Bewegung zu tun hat, aber er würde wahrscheinlich
in eine mißliche Lage und in einen Widerspruch zu sich selbst geraten, wenn er
zum Beispiel gegen die Haltung einschreiten müßte, die auch die Bonner Studenten¬
schaft in der bekannten hannoverschen Angelegenheit bekundet hat. Gerade ein
Universitätsknrcitor sollte zweimal zusehen, wohin ihn theoretisierende Liebhabereien
«K» führen können, zu denen er sich ohne Not öffentlich bekennt.




Philosophische Schriften.

Im Jahrgang 1903 der Grenzboten, Seite 79
des ersten Bandes, haben wir an der Hand Cassirers gezeigt, was Leibniz für
die Naturwissenschaften geleistet hat. Wer sich aus Leibniz selbst noch genauer
darüber unterrichten will, braucht jetzt nicht mehr die französischen und die lateinischen
Originalwerke zu studieren. Als 107. Band der Philosophischen Bibliothek (Leipzig,
Dürrsche Buchhandlung, 1904) ist erschienen: G. W. Leibniz. Hauptschriften zur
Grundlegung der Philosophie. Übersetzt von Dr. A. Büchmann. Durchgesehen
und mit Einleitung und Erläuterungen herausgegeben von Dr. E. Cassirer.
Dieses Unternehmen unterscheidet sich von den schon vorhandnen Übersetzungen und
Sammlungen dadurch, daß in einer Auswahl die zusammengehörigen Abhandlungen
zusammengestellt werden, und der Studierende einen Begriff davon bekommt, wie
sich Leibnizens Weltansicht in der Polemik gegen Cartesius, Spinoza, Newton
und andre Philosophen allmählich entwickelt hat. Die sehr guten Einleitungen
und Erläuterungen machen den Zusammenhang vollends klar. Der vorliegende
erste Band enthält Schriften zur Logik und Mathematik, zur Phvronomie und
Dynamik und zur Metaphysik. In der letzten Gruppe werden Cartesius, Male-


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[0472] Maßgebliches und Unmaßgebliches weit über die gesetzliche Verpflichtung hinaus sorgt, kann unmöglich in ihnen einen „gleichberechtigten Faktor" anerkennen. Der Eine wiegt immer die Hunderte oder Tausende seiner Arbeiter ans. Das hat auch der Staat anerkannt, indem er sich der „wirtschaftlich Schwachen" — eine Bezeichnung, die längst ihren Inhalt ver¬ loren hat, seitdem die wirtschaftlich Schwachen die politisch Stärksten ge¬ worden sind — mit einer Fürsorge angenommen hat, die sie von der Wiege bis zum Grabe in eiuer bisher noch zu keinem Zeitalter der Weltgeschichte und auch in keinem andern Lande erhörten Weise begleitet. Daß wir damit in diesen ersten fünfundzwanzig Jahren sozialpolitischer Für¬ sorge dem sozialen Frieden näher gekommen seien, wird niemand behaupten wollen; in den zweiten fünfundzwanzig Jahren könnte es dem Staate bald ergehn wie Gretchen: Ich habe schon so viel für dich getan, daß mir zu tun fast nichts mehr übrig bleibt. In dieses Rubrum gehört zum Beispiel die unglaubliche Festlegung eines Teils der Zolleinnahmen zugunsten einer Witwen- und Waisenversicherung der Arbeiter, einer an sich gewiß recht idealen und recht erstrebenswerten Maßregel, die aber nicht auf Kosten der wichtigsten Neichsinteressen und damit als eine Un¬ gerechtigkeit gegen die Gesamtheit der Nation realisiert werden darf. Wo bleibt da die wirtschaftliche Gleichberechtigung? Diese hat ihren Ausgangspunkt doch in der Erwägung, daß der Unternehmer seine Ziele nur mit Hilfe seiner Arbeiter erreichen könne, ohne sie nicht. Ganz richtig. Aber auch der Feldherr kann nur mit Hilfe seiner Soldaten siegen, die nicht nur ihre Arbeit, sondern ihr Leben ein¬ setzen, ohne sie nicht. Will man da auch eine Gleichberechtigung konstruieren? Je größer die Verantwortlichkeit des Unternehmers ist, die kein Gesetz ihm ab¬ nehmen kann, desto größer wird auch die wirtschaftliche Ungleichheit sein. Wer ihr den Garaus machen will, kommt notgedrungen zur Verstaatlichung der ganzen Arbeit und damit — zum Ende unsrer gesamten Kultur. Es liegt somit wohl Grund zu der Annahme vor, daß man im preußischen Kultusministerium einen Universitätskurator nur höchst ungern als Rufer im Streit, als Bannerträger einer weit ausgreifenden sozialpolitischen Richtung und inmitten eines gefährlichen Auf¬ standes öffentlich Partei ergreifend sieht. Auch in dem Lobe für die Haltung der Arbeiter in diesem Aufstand sollte man nicht zu weit gehn; sie wußten genau, daß bei dem geringsten Aufruhr starke Abwehrmittel des Staats bereitstanden. Herrn Rottenburg kommt es zweifellos zustatten, daß das Kultusministerium gegenwärtig hinreichend mit der studentischen Bewegung zu tun hat, aber er würde wahrscheinlich in eine mißliche Lage und in einen Widerspruch zu sich selbst geraten, wenn er zum Beispiel gegen die Haltung einschreiten müßte, die auch die Bonner Studenten¬ schaft in der bekannten hannoverschen Angelegenheit bekundet hat. Gerade ein Universitätsknrcitor sollte zweimal zusehen, wohin ihn theoretisierende Liebhabereien «K» führen können, zu denen er sich ohne Not öffentlich bekennt. Philosophische Schriften. Im Jahrgang 1903 der Grenzboten, Seite 79 des ersten Bandes, haben wir an der Hand Cassirers gezeigt, was Leibniz für die Naturwissenschaften geleistet hat. Wer sich aus Leibniz selbst noch genauer darüber unterrichten will, braucht jetzt nicht mehr die französischen und die lateinischen Originalwerke zu studieren. Als 107. Band der Philosophischen Bibliothek (Leipzig, Dürrsche Buchhandlung, 1904) ist erschienen: G. W. Leibniz. Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie. Übersetzt von Dr. A. Büchmann. Durchgesehen und mit Einleitung und Erläuterungen herausgegeben von Dr. E. Cassirer. Dieses Unternehmen unterscheidet sich von den schon vorhandnen Übersetzungen und Sammlungen dadurch, daß in einer Auswahl die zusammengehörigen Abhandlungen zusammengestellt werden, und der Studierende einen Begriff davon bekommt, wie sich Leibnizens Weltansicht in der Polemik gegen Cartesius, Spinoza, Newton und andre Philosophen allmählich entwickelt hat. Die sehr guten Einleitungen und Erläuterungen machen den Zusammenhang vollends klar. Der vorliegende erste Band enthält Schriften zur Logik und Mathematik, zur Phvronomie und Dynamik und zur Metaphysik. In der letzten Gruppe werden Cartesius, Male-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/472>, abgerufen am 23.07.2024.