Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Und weg war sie. Geduldig nahm dann der Knabe die halbfertige Harfe des Spielmanns zur sorglich und ernsthaft. (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel. Die zweite Januarwoche steht für Deutschland im Zeichen Die Dringlichkeit einer solchen Betriebsmittelgemeinschaft, als Ersatz für die Die Betriebsmittelgemeinschaft ist scheinbar eine Angelegenheit, die das Interesse Maßgebliches und Unmaßgebliches Und weg war sie. Geduldig nahm dann der Knabe die halbfertige Harfe des Spielmanns zur sorglich und ernsthaft. (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel. Die zweite Januarwoche steht für Deutschland im Zeichen Die Dringlichkeit einer solchen Betriebsmittelgemeinschaft, als Ersatz für die Die Betriebsmittelgemeinschaft ist scheinbar eine Angelegenheit, die das Interesse <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0122" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/87599"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_496"> Und weg war sie.</p><lb/> <p xml:id="ID_497"> Geduldig nahm dann der Knabe die halbfertige Harfe des Spielmanns zur<lb/> Hand, die Fintje so achtlos hingeworfen hatte, und vergoldete sie langsam und</p><lb/> <p xml:id="ID_498"> sorglich und ernsthaft.</p><lb/> <p xml:id="ID_499"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches und Unmaßgebliches</head><lb/> <div n="2"> <head> Reichsspiegel.</head> <p xml:id="ID_500"> Die zweite Januarwoche steht für Deutschland im Zeichen<lb/> einer wichtigen Verkehrsneuerung, der Betriebsmittelgemeinschast der deutschen<lb/> Eisenbahnen, über die eine am 9. dieses Monats in Berlin eröffnete Konferenz<lb/> berät. Die Betriebsmittelgemeinschaft soll den Umlauf des rollenden Materials in<lb/> Deutschland einheitlich und zwar in dem Sinne regeln, daß die Güterwagen nicht<lb/> wie bisher von der Ankunfts- und Entleerungsstation sofort ihrer heimatlichen Ver¬<lb/> waltung voll oder leer zurückgesandt werden müssen, sondern daß das Material<lb/> aller Verwaltungen da zur Verwendung gelangt, wo es gerade ist. Erst damit<lb/> wird eine einheitliche und zweckmäßige Regelung des Güterverkehrs auf den deutschen<lb/> Eisenbahnen möglich. Gegenwärtig haben wir den Zustand, daß bei Güteranhäufung<lb/> die Absendung nicht selten aus Wagenmangel Verzögerungen erleidet, während vor-<lb/> handne Güterwagen andrer Verwaltungen leer zurückgesandt werden müssen. Die<lb/> Disposition über das für den deutschen Güterverkehr nötige Material erfolgte bisher<lb/> nicht nach dem Bedarf, sondern nach den Landesgrenzen, während doch ausschließlich<lb/> die Forderungen des Verkehrs dafür maßgebend sein sollten. Infolgedessen trat<lb/> zum Beispiel alljährlich im Herbst sür einzelne Teile des Reichs großer Wagen-<lb/> mangel ein, während in andern Gegenden lange Reihen von Güterwagen unbenutzt<lb/> standen. Fortan soll die Verfügung über das Material von einer Zentralstelle aus<lb/> und nach keiner andern Rücksicht als der des Bedarfs geschehen. Damit wird vor¬<lb/> aussichtlich das ganze Gütertransportwesen eine große Beschleunigung erfahren, für<lb/> sämtliche Verwaltungen wahrscheinlich auch eine nicht unwesentliche Verbilligung.</p><lb/> <p xml:id="ID_501"> Die Dringlichkeit einer solchen Betriebsmittelgemeinschaft, als Ersatz für die<lb/> fehlende Eisenbahngemeinschaft, war nicht länger von der Hand zu weisen. Was<lb/> sie in Zukunft leisten soll, ist ein kleiner Bruchteil der segensreichen Folgen, die<lb/> Deutschland von einer Verwirklichung des Reichseisenbahngedankens zu erwarten<lb/> gehabt hätte. Die Notwendigkeit, Mittel und Wege aufzusuchen, um das, was ein<lb/> einheitliches Reichseisenbahnwesen geleistet haben würde, wenigstens in einigen Teilen<lb/> zu erreichen, ist ein nachträglicher Beweis für die Richtigkeit jenes in unsrer Zeit<lb/> freilich unausführbar gewordnen Gedankens, unausführbar geworden durch die über¬<lb/> reichen Erträgnisse der preußischen Staatsbahnen, die deren Erwerbung durch das<lb/> Reich ebenso unmöglich machen, wie es für Preußen unmöglich wäre, sich ihrer<lb/> auch um einen hohen Preis zu entschlagen. Dieses breite Rückgrat des preußischen<lb/> Staatswohlstandes würde heute des Reiches sein, wenn politische Kurzsichtigkeit<lb/> und Parlamentarischer Unverstand nicht den Reichseisenbahngedanken ebenso wie das<lb/> Tabakmonopol der langen Reihe verpaßter Gelegenheiten angegliedert hätten, an<lb/> denen die Geschichte Deutschlands leider so reich ist, und die in der Frage der<lb/> Finanzreform, der Kolonialpolitik und der Flottenpolitik eine so traurige Ver¬<lb/> längerung erfahren hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_502" next="#ID_503"> Die Betriebsmittelgemeinschaft ist scheinbar eine Angelegenheit, die das Interesse<lb/> des großen Publikums außerhalb der am Gütertransport beteiligten Kreise nur<lb/> wenig in Anspruch nimmt. In der Praxis wird sie aber zweifellos zu einer hohen<lb/> Bedeutung auf dem Gebiete des nationalen Wirtschaftslebens emporwachsen und<lb/> sich so dereinst als ein nicht kleiner Schritt in unsrer nationalen Entwicklung dar¬</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0122]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Und weg war sie.
Geduldig nahm dann der Knabe die halbfertige Harfe des Spielmanns zur
Hand, die Fintje so achtlos hingeworfen hatte, und vergoldete sie langsam und
sorglich und ernsthaft.
(Fortsetzung folgt)
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel. Die zweite Januarwoche steht für Deutschland im Zeichen
einer wichtigen Verkehrsneuerung, der Betriebsmittelgemeinschast der deutschen
Eisenbahnen, über die eine am 9. dieses Monats in Berlin eröffnete Konferenz
berät. Die Betriebsmittelgemeinschaft soll den Umlauf des rollenden Materials in
Deutschland einheitlich und zwar in dem Sinne regeln, daß die Güterwagen nicht
wie bisher von der Ankunfts- und Entleerungsstation sofort ihrer heimatlichen Ver¬
waltung voll oder leer zurückgesandt werden müssen, sondern daß das Material
aller Verwaltungen da zur Verwendung gelangt, wo es gerade ist. Erst damit
wird eine einheitliche und zweckmäßige Regelung des Güterverkehrs auf den deutschen
Eisenbahnen möglich. Gegenwärtig haben wir den Zustand, daß bei Güteranhäufung
die Absendung nicht selten aus Wagenmangel Verzögerungen erleidet, während vor-
handne Güterwagen andrer Verwaltungen leer zurückgesandt werden müssen. Die
Disposition über das für den deutschen Güterverkehr nötige Material erfolgte bisher
nicht nach dem Bedarf, sondern nach den Landesgrenzen, während doch ausschließlich
die Forderungen des Verkehrs dafür maßgebend sein sollten. Infolgedessen trat
zum Beispiel alljährlich im Herbst sür einzelne Teile des Reichs großer Wagen-
mangel ein, während in andern Gegenden lange Reihen von Güterwagen unbenutzt
standen. Fortan soll die Verfügung über das Material von einer Zentralstelle aus
und nach keiner andern Rücksicht als der des Bedarfs geschehen. Damit wird vor¬
aussichtlich das ganze Gütertransportwesen eine große Beschleunigung erfahren, für
sämtliche Verwaltungen wahrscheinlich auch eine nicht unwesentliche Verbilligung.
Die Dringlichkeit einer solchen Betriebsmittelgemeinschaft, als Ersatz für die
fehlende Eisenbahngemeinschaft, war nicht länger von der Hand zu weisen. Was
sie in Zukunft leisten soll, ist ein kleiner Bruchteil der segensreichen Folgen, die
Deutschland von einer Verwirklichung des Reichseisenbahngedankens zu erwarten
gehabt hätte. Die Notwendigkeit, Mittel und Wege aufzusuchen, um das, was ein
einheitliches Reichseisenbahnwesen geleistet haben würde, wenigstens in einigen Teilen
zu erreichen, ist ein nachträglicher Beweis für die Richtigkeit jenes in unsrer Zeit
freilich unausführbar gewordnen Gedankens, unausführbar geworden durch die über¬
reichen Erträgnisse der preußischen Staatsbahnen, die deren Erwerbung durch das
Reich ebenso unmöglich machen, wie es für Preußen unmöglich wäre, sich ihrer
auch um einen hohen Preis zu entschlagen. Dieses breite Rückgrat des preußischen
Staatswohlstandes würde heute des Reiches sein, wenn politische Kurzsichtigkeit
und Parlamentarischer Unverstand nicht den Reichseisenbahngedanken ebenso wie das
Tabakmonopol der langen Reihe verpaßter Gelegenheiten angegliedert hätten, an
denen die Geschichte Deutschlands leider so reich ist, und die in der Frage der
Finanzreform, der Kolonialpolitik und der Flottenpolitik eine so traurige Ver¬
längerung erfahren hat.
Die Betriebsmittelgemeinschaft ist scheinbar eine Angelegenheit, die das Interesse
des großen Publikums außerhalb der am Gütertransport beteiligten Kreise nur
wenig in Anspruch nimmt. In der Praxis wird sie aber zweifellos zu einer hohen
Bedeutung auf dem Gebiete des nationalen Wirtschaftslebens emporwachsen und
sich so dereinst als ein nicht kleiner Schritt in unsrer nationalen Entwicklung dar¬
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