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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Der Eintritt des Großherzogtums Baden in den Norddeutschen Bund

heit auch eher zur Vermittlung beitragen könnten als die Regierung eines
Mittelstaats.

Eine Äußerung des Herrn von Montgascon veranlaßte Freydorf zu der
Bemerkung, es scheine Frankreich darauf anzukommen, in Berlin sagen zu
können, daß in einem Kriegsfalle Baden und die süddeutschen Staaten nicht
auf der Seite Preußens stehn würden. Herr von Montgascon stellte in Ab¬
rede, daß er dies habe sagen oder andeuten wollen.

Von der Mission des Grafen Tauffkirchen sprechend gab Herr von Mont¬
gascon zu verstehn, daß die Tätigkeit dieses Diplomaten in Berlin und Wien
in München auch von dem König von Bayern und von dortigen hochgestellten
Personen übel aufgenommen worden sei. Der Dank an Baden wurde trotz
Freydorfs Ablehnung mehrfach wiederholt.

Herr von Montgascon mag unter dem Eindruck geschieden sein, daß Baden
in einem Kriege wegen Luxemburg auf der Seite Preußens stehn werde.


2. Unterredungen Freydorfs mit dem französischen Geschäftsträger in Karls¬
ruhe über den Anschluß Badens oder der süddeutschen Staaten an den Nord¬
deutschen Bund (9. und ^2. Juli M7)

Der französische Gesandte Baron von Montgascon leitete die Unterhaltung
mit Freydorf, die dieser an den Empfangstagen am 9. und am 12. Juli 1867 ge¬
habt hatte, mit der Erwähnung des offiziösen Artikels der "Karlsruher Zeitung"
vom 3. Juli 1867 ein, worin die Nachricht andrer Zeitungen über Gespräche
des Großherzogs von Baden mit dem Kaiser und dessen Ministern desavouiert
wurde. Baron Montgascon schien irgendeinen Sinn in diesen Artikel hinein¬
gelegt zu haben, der nicht darin lag, schien darüber von Marquis Moustier
berichtet, jedoch da man in Paris ohne Zweifel Sinn und Zweck des Artikels
richtig erkannte, keine entsprechende Weisung erhalten zu haben.

Baron Montgascon fuhr fort, es liege seiner Negierung daran, daß die
großherzvgliche Regierung ihrer Bevölkerung nicht glauben mache, die kaiser¬
liche Regierung habe über das Verhältnis der süddeutschen Staaten zum Nord¬
deutschen Bunde andre Gedanken und Gefühle, als von denen sie wirklich
beseelt sei, und hierüber gebe die Depesche Auskunft, deren Inhalt er Herrn
von Freydorf mitzuteilen beauftragt sei.

Baron Montgascon beklagte zunächst namens der kaiserlichen Regierung
die reißenden Fortschritte, die der Anschluß der süddeutschen Staaten an Nord¬
deutschland mache. Obgleich der Ausdruck nicht gebraucht wurde, daß durch
die Vorgänge der Artikel IV des Prager Friedens vom 23. August 1866
verletzt sei, schien man zu glauben, daß ein engerer Anschluß Süddeutschlands
an Norddeutschland gegen Wortlaut und Sinn des Prager Friedens verstoße.

Die Pariser Depesche vom 27. Juni 1867 (hier wurde deren Wortlaut
verlesen) bedauerte sodann, daß die süddeutschen Staaten in demselben Augen¬
blick, wo ihnen der Prager Vertrag erlaubt habe, sich zu einigen und eine
unabhängige internationale Existenz zu gründen, es vorgezogen hätten, sich
durch die Schutz- und Trutzbündnisse vom August 1866 in die Abhängigkeit


Der Eintritt des Großherzogtums Baden in den Norddeutschen Bund

heit auch eher zur Vermittlung beitragen könnten als die Regierung eines
Mittelstaats.

Eine Äußerung des Herrn von Montgascon veranlaßte Freydorf zu der
Bemerkung, es scheine Frankreich darauf anzukommen, in Berlin sagen zu
können, daß in einem Kriegsfalle Baden und die süddeutschen Staaten nicht
auf der Seite Preußens stehn würden. Herr von Montgascon stellte in Ab¬
rede, daß er dies habe sagen oder andeuten wollen.

Von der Mission des Grafen Tauffkirchen sprechend gab Herr von Mont¬
gascon zu verstehn, daß die Tätigkeit dieses Diplomaten in Berlin und Wien
in München auch von dem König von Bayern und von dortigen hochgestellten
Personen übel aufgenommen worden sei. Der Dank an Baden wurde trotz
Freydorfs Ablehnung mehrfach wiederholt.

Herr von Montgascon mag unter dem Eindruck geschieden sein, daß Baden
in einem Kriege wegen Luxemburg auf der Seite Preußens stehn werde.


2. Unterredungen Freydorfs mit dem französischen Geschäftsträger in Karls¬
ruhe über den Anschluß Badens oder der süddeutschen Staaten an den Nord¬
deutschen Bund (9. und ^2. Juli M7)

Der französische Gesandte Baron von Montgascon leitete die Unterhaltung
mit Freydorf, die dieser an den Empfangstagen am 9. und am 12. Juli 1867 ge¬
habt hatte, mit der Erwähnung des offiziösen Artikels der „Karlsruher Zeitung"
vom 3. Juli 1867 ein, worin die Nachricht andrer Zeitungen über Gespräche
des Großherzogs von Baden mit dem Kaiser und dessen Ministern desavouiert
wurde. Baron Montgascon schien irgendeinen Sinn in diesen Artikel hinein¬
gelegt zu haben, der nicht darin lag, schien darüber von Marquis Moustier
berichtet, jedoch da man in Paris ohne Zweifel Sinn und Zweck des Artikels
richtig erkannte, keine entsprechende Weisung erhalten zu haben.

Baron Montgascon fuhr fort, es liege seiner Negierung daran, daß die
großherzvgliche Regierung ihrer Bevölkerung nicht glauben mache, die kaiser¬
liche Regierung habe über das Verhältnis der süddeutschen Staaten zum Nord¬
deutschen Bunde andre Gedanken und Gefühle, als von denen sie wirklich
beseelt sei, und hierüber gebe die Depesche Auskunft, deren Inhalt er Herrn
von Freydorf mitzuteilen beauftragt sei.

Baron Montgascon beklagte zunächst namens der kaiserlichen Regierung
die reißenden Fortschritte, die der Anschluß der süddeutschen Staaten an Nord¬
deutschland mache. Obgleich der Ausdruck nicht gebraucht wurde, daß durch
die Vorgänge der Artikel IV des Prager Friedens vom 23. August 1866
verletzt sei, schien man zu glauben, daß ein engerer Anschluß Süddeutschlands
an Norddeutschland gegen Wortlaut und Sinn des Prager Friedens verstoße.

Die Pariser Depesche vom 27. Juni 1867 (hier wurde deren Wortlaut
verlesen) bedauerte sodann, daß die süddeutschen Staaten in demselben Augen¬
blick, wo ihnen der Prager Vertrag erlaubt habe, sich zu einigen und eine
unabhängige internationale Existenz zu gründen, es vorgezogen hätten, sich
durch die Schutz- und Trutzbündnisse vom August 1866 in die Abhängigkeit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/73>, abgerufen am 15.01.2025.