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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Ärztlicherseits vielfach als ideales Schnupfen¬
mittel bezeichnet. -- Wirkung frappant.formen
clmvpfengegen

Griechen und Vulgären im Kampf um Makedonien
von Karl Dieterich

! urch die neusten Attentate der bulgarischen Verschwörer in Saloniki
ist die makedonische Frage wieder einmal akut geworden; die be¬
gehrlichen Blicke aller Balkanvölker richten sich von neuem auf
das unglückselige Land, und ein jedes beginnt wieder seine An¬
sprüche geltend zumachen. Wenn auch der inszenierte bulgarische
Pulses schwerlich den beabsichtigten Erfolg haben, und die Aufteilung der Beute
Wohl noch auf sich warten lassen wird, so ist es doch gut, sich auf Grund un¬
parteiischer und zuverlässiger Darstellungen ein Urteil über die tatsächliche Lage
zu bilden. Solche Darstellungen haben wir in Deutschland leider nicht, was
bezeichnend ist für das geringe Interesse, das man bei uns noch immer den
orientalischen Dingen entgegenbringt. Wir müssen uns vielmehr darüber Be¬
lehrung bei unsern westlichen Nachbarn verschaffen, die in dem vortrefflichen,
schon in der dritten Auflage vorliegenden Buche von V. Berard, 1^ ^nrauis
et 1'L6U6in8ins oontömporg-in (Paris, Alcan, 1897) eine musterhaft klare und
anziehende historische und ethnologische Entwicklung der makedonischer Zustände
haben. Denn das ganze Buch ist, was aus dem Titel leider nicht deutlich
hervorgeht, Makedonien gewidmet und sicher das beste, was darüber geschrieben
worden ist. Der Zweck dieser Zeilen soll es sein, auf das bei uns nicht ge¬
nügend bekannte Werk hinzuweisen, indem wir uns im folgenden sein Haupt-
und Kernstück, die Darstellung des makedonischer Kampfes, herausgreifen und
Mr Grundlage unsrer Betrachtung machen.

Von allen Völkern des Balkans, die sich um Makedonien bekämpfen, den
Bulgaren, Serben, Griechen und Rumänen, kommen schließlich nur zwei in
Frage, die Bulgaren und die Griechen. Die Serben spielen in der mittelalter¬
lichen Geschichte Makedoniens kaum eine Rolle: sie haben es nur neunzig Jahre
lang im Besitz gehabt, etwa von 1280 bis 1370. Vorher waren die Bulgaren
und die Griechen, nachher die Türken die Herren. Die Bulgaren hatten es
zweimal inne, von 914 bis 1018 und dann von 1196 bis 1241. In der
Zwischenzeit stand es, also hundertsiebzig Jahre lang, unter der Herrschaft von
Byzanz. Also etwa dreihundertsiebzig Jahre lang war es bulgarisch oder
griechisch (byzantinisch), neunzig Jahre serbisch, und seit mehr als fünfhundert


Krenzbotcn IV 1905 45"



Ärztlicherseits vielfach als ideales Schnupfen¬
mittel bezeichnet. — Wirkung frappant.formen
clmvpfengegen

Griechen und Vulgären im Kampf um Makedonien
von Karl Dieterich

! urch die neusten Attentate der bulgarischen Verschwörer in Saloniki
ist die makedonische Frage wieder einmal akut geworden; die be¬
gehrlichen Blicke aller Balkanvölker richten sich von neuem auf
das unglückselige Land, und ein jedes beginnt wieder seine An¬
sprüche geltend zumachen. Wenn auch der inszenierte bulgarische
Pulses schwerlich den beabsichtigten Erfolg haben, und die Aufteilung der Beute
Wohl noch auf sich warten lassen wird, so ist es doch gut, sich auf Grund un¬
parteiischer und zuverlässiger Darstellungen ein Urteil über die tatsächliche Lage
zu bilden. Solche Darstellungen haben wir in Deutschland leider nicht, was
bezeichnend ist für das geringe Interesse, das man bei uns noch immer den
orientalischen Dingen entgegenbringt. Wir müssen uns vielmehr darüber Be¬
lehrung bei unsern westlichen Nachbarn verschaffen, die in dem vortrefflichen,
schon in der dritten Auflage vorliegenden Buche von V. Berard, 1^ ^nrauis
et 1'L6U6in8ins oontömporg-in (Paris, Alcan, 1897) eine musterhaft klare und
anziehende historische und ethnologische Entwicklung der makedonischer Zustände
haben. Denn das ganze Buch ist, was aus dem Titel leider nicht deutlich
hervorgeht, Makedonien gewidmet und sicher das beste, was darüber geschrieben
worden ist. Der Zweck dieser Zeilen soll es sein, auf das bei uns nicht ge¬
nügend bekannte Werk hinzuweisen, indem wir uns im folgenden sein Haupt-
und Kernstück, die Darstellung des makedonischer Kampfes, herausgreifen und
Mr Grundlage unsrer Betrachtung machen.

Von allen Völkern des Balkans, die sich um Makedonien bekämpfen, den
Bulgaren, Serben, Griechen und Rumänen, kommen schließlich nur zwei in
Frage, die Bulgaren und die Griechen. Die Serben spielen in der mittelalter¬
lichen Geschichte Makedoniens kaum eine Rolle: sie haben es nur neunzig Jahre
lang im Besitz gehabt, etwa von 1280 bis 1370. Vorher waren die Bulgaren
und die Griechen, nachher die Türken die Herren. Die Bulgaren hatten es
zweimal inne, von 914 bis 1018 und dann von 1196 bis 1241. In der
Zwischenzeit stand es, also hundertsiebzig Jahre lang, unter der Herrschaft von
Byzanz. Also etwa dreihundertsiebzig Jahre lang war es bulgarisch oder
griechisch (byzantinisch), neunzig Jahre serbisch, und seit mehr als fünfhundert


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[0349] [Abbildung] [Abbildung] Ärztlicherseits vielfach als ideales Schnupfen¬ mittel bezeichnet. — Wirkung frappant.formen clmvpfengegen Griechen und Vulgären im Kampf um Makedonien von Karl Dieterich ! urch die neusten Attentate der bulgarischen Verschwörer in Saloniki ist die makedonische Frage wieder einmal akut geworden; die be¬ gehrlichen Blicke aller Balkanvölker richten sich von neuem auf das unglückselige Land, und ein jedes beginnt wieder seine An¬ sprüche geltend zumachen. Wenn auch der inszenierte bulgarische Pulses schwerlich den beabsichtigten Erfolg haben, und die Aufteilung der Beute Wohl noch auf sich warten lassen wird, so ist es doch gut, sich auf Grund un¬ parteiischer und zuverlässiger Darstellungen ein Urteil über die tatsächliche Lage zu bilden. Solche Darstellungen haben wir in Deutschland leider nicht, was bezeichnend ist für das geringe Interesse, das man bei uns noch immer den orientalischen Dingen entgegenbringt. Wir müssen uns vielmehr darüber Be¬ lehrung bei unsern westlichen Nachbarn verschaffen, die in dem vortrefflichen, schon in der dritten Auflage vorliegenden Buche von V. Berard, 1^ ^nrauis et 1'L6U6in8ins oontömporg-in (Paris, Alcan, 1897) eine musterhaft klare und anziehende historische und ethnologische Entwicklung der makedonischer Zustände haben. Denn das ganze Buch ist, was aus dem Titel leider nicht deutlich hervorgeht, Makedonien gewidmet und sicher das beste, was darüber geschrieben worden ist. Der Zweck dieser Zeilen soll es sein, auf das bei uns nicht ge¬ nügend bekannte Werk hinzuweisen, indem wir uns im folgenden sein Haupt- und Kernstück, die Darstellung des makedonischer Kampfes, herausgreifen und Mr Grundlage unsrer Betrachtung machen. Von allen Völkern des Balkans, die sich um Makedonien bekämpfen, den Bulgaren, Serben, Griechen und Rumänen, kommen schließlich nur zwei in Frage, die Bulgaren und die Griechen. Die Serben spielen in der mittelalter¬ lichen Geschichte Makedoniens kaum eine Rolle: sie haben es nur neunzig Jahre lang im Besitz gehabt, etwa von 1280 bis 1370. Vorher waren die Bulgaren und die Griechen, nachher die Türken die Herren. Die Bulgaren hatten es zweimal inne, von 914 bis 1018 und dann von 1196 bis 1241. In der Zwischenzeit stand es, also hundertsiebzig Jahre lang, unter der Herrschaft von Byzanz. Also etwa dreihundertsiebzig Jahre lang war es bulgarisch oder griechisch (byzantinisch), neunzig Jahre serbisch, und seit mehr als fünfhundert Krenzbotcn IV 1905 45»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/349>, abgerufen am 15.01.2025.