Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.Die Ausbildung der Verwaltungsbeamten in Preußen <Lari Negenborn von j n den Jahren 1902 und 1903 hat die preußische Negierung dem Der Entwurf von 1903 ist deshalb nicht Gesetz geworden, weil sich Der Gesetzentwurf war damit gescheitert, er hat aber wenigstens den Die Ausbildung der Verwaltungsbeamten in Preußen <Lari Negenborn von j n den Jahren 1902 und 1903 hat die preußische Negierung dem Der Entwurf von 1903 ist deshalb nicht Gesetz geworden, weil sich Der Gesetzentwurf war damit gescheitert, er hat aber wenigstens den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0611" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/295830"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341879_295218/figures/grenzboten_341879_295218_295830_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Ausbildung der Verwaltungsbeamten in Preußen<lb/><note type="byline"> <Lari Negenborn</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_3106"> j n den Jahren 1902 und 1903 hat die preußische Negierung dem<lb/> Landtage Gesetzentwürfe über die Befähigung zum höhern Ver¬<lb/> waltungsdienste vorgelegt, die beide gescheitert sind. Nach dem<lb/> Gesetzentwurfe von 1902 sollte das Studium von sechs Semestern<lb/> lauf sieben verlängert werden, und der angehende Verwaltungs¬<lb/> beamte dann acht Monate bei Justizbehörden und zwei Jahre zehn Monate<lb/> bei der Regierung, darunter mindestens ein Jahr bei einem Landrate, beschäftigt<lb/> werden. Jn dem Gesetzentwurfe von 1903 verzichtete die Negierung auf die<lb/> Ausdehnung der Studienzeit und schlug dafür eine Beschäftigung von neun<lb/> Monaten beim Amtsgericht und von drei Jahren und drei Monaten im Verwal¬<lb/> tungsdienste vor. Die Minister sollten aber berechtigt sein, die Dauer der Be¬<lb/> schäftigung beim Amtsgericht unter entsprechender Verlängerung der Vorberei¬<lb/> tung im Verwaltungsdienste noch weiter herabzusetzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3107"> Der Entwurf von 1903 ist deshalb nicht Gesetz geworden, weil sich<lb/> die Regierung und das Abgeordnetenhaus über eine Bestimmung nicht einigen<lb/> konnten, die im Vergleich zu dem übrigen Inhalte des Gesetzes nebensächlich<lb/> war, nämlich darüber, ob die Regierungsreferendare von dem Regierungs¬<lb/> präsidenten oder von dem Minister ernannt werden sollen. Bisher war es<lb/> Rechtens in Preußen, daß dem Regierungspräsidenten die Auswahl und die<lb/> Ernennung der Referendare zustand, aber die vereinigten Liberalen und das<lb/> Zentrum verlangten, daß dieses Recht künftig nur dem Minister des Innern<lb/> und dem der Finanzen zustehn solle, und sie begründeten diese Forderung<lb/> damit, daß die Präsidenten bei der Anstellung der Referendare zu viel persön¬<lb/> liche Rücksichten walten ließen oder doch gegen ihren eignen Willen walten<lb/> lassen müßten. Von den Vertretern der Regierung wurde mit Recht darauf<lb/> hingewiesen, daß die Minister doch nur nach den Anträgen der Regierungs¬<lb/> präsidenten würden entscheiden können, daß die Bestimmung also nur eine Ver¬<lb/> mehrung des Schreibwerks zur Folge haben würde, und daß im übrigen gerade<lb/> bei der Ernennung der Referendare durch die Minister die Gefahr einer parla¬<lb/> mentarischen Patronage entstehn würde, die unbedingt vermieden werden müsse.<lb/> Die genannten Parteien bestanden aber auf ihrer Forderung, und man kann<lb/> sich des Eindrucks nicht erwehren, daß bei ihnen Gründe angesprochen haben,<lb/> die mit dem Gegenstande selbst nichts zu tun hatten.</p><lb/> <p xml:id="ID_3108" next="#ID_3109"> Der Gesetzentwurf war damit gescheitert, er hat aber wenigstens den<lb/> Nutzen gebracht, daß über alle mit der Ausbildung der Verwaltungsbeamten<lb/> zusammenhängenden Fragen in beiden Häusern des Landtags eingehend ver¬<lb/> handelt worden ist. Die Ansichten gingen natürlich sehr weit auseinander!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0611]
[Abbildung]
Die Ausbildung der Verwaltungsbeamten in Preußen
<Lari Negenborn von
j n den Jahren 1902 und 1903 hat die preußische Negierung dem
Landtage Gesetzentwürfe über die Befähigung zum höhern Ver¬
waltungsdienste vorgelegt, die beide gescheitert sind. Nach dem
Gesetzentwurfe von 1902 sollte das Studium von sechs Semestern
lauf sieben verlängert werden, und der angehende Verwaltungs¬
beamte dann acht Monate bei Justizbehörden und zwei Jahre zehn Monate
bei der Regierung, darunter mindestens ein Jahr bei einem Landrate, beschäftigt
werden. Jn dem Gesetzentwurfe von 1903 verzichtete die Negierung auf die
Ausdehnung der Studienzeit und schlug dafür eine Beschäftigung von neun
Monaten beim Amtsgericht und von drei Jahren und drei Monaten im Verwal¬
tungsdienste vor. Die Minister sollten aber berechtigt sein, die Dauer der Be¬
schäftigung beim Amtsgericht unter entsprechender Verlängerung der Vorberei¬
tung im Verwaltungsdienste noch weiter herabzusetzen.
Der Entwurf von 1903 ist deshalb nicht Gesetz geworden, weil sich
die Regierung und das Abgeordnetenhaus über eine Bestimmung nicht einigen
konnten, die im Vergleich zu dem übrigen Inhalte des Gesetzes nebensächlich
war, nämlich darüber, ob die Regierungsreferendare von dem Regierungs¬
präsidenten oder von dem Minister ernannt werden sollen. Bisher war es
Rechtens in Preußen, daß dem Regierungspräsidenten die Auswahl und die
Ernennung der Referendare zustand, aber die vereinigten Liberalen und das
Zentrum verlangten, daß dieses Recht künftig nur dem Minister des Innern
und dem der Finanzen zustehn solle, und sie begründeten diese Forderung
damit, daß die Präsidenten bei der Anstellung der Referendare zu viel persön¬
liche Rücksichten walten ließen oder doch gegen ihren eignen Willen walten
lassen müßten. Von den Vertretern der Regierung wurde mit Recht darauf
hingewiesen, daß die Minister doch nur nach den Anträgen der Regierungs¬
präsidenten würden entscheiden können, daß die Bestimmung also nur eine Ver¬
mehrung des Schreibwerks zur Folge haben würde, und daß im übrigen gerade
bei der Ernennung der Referendare durch die Minister die Gefahr einer parla¬
mentarischen Patronage entstehn würde, die unbedingt vermieden werden müsse.
Die genannten Parteien bestanden aber auf ihrer Forderung, und man kann
sich des Eindrucks nicht erwehren, daß bei ihnen Gründe angesprochen haben,
die mit dem Gegenstande selbst nichts zu tun hatten.
Der Gesetzentwurf war damit gescheitert, er hat aber wenigstens den
Nutzen gebracht, daß über alle mit der Ausbildung der Verwaltungsbeamten
zusammenhängenden Fragen in beiden Häusern des Landtags eingehend ver¬
handelt worden ist. Die Ansichten gingen natürlich sehr weit auseinander!
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