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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Napoleon der Lrste in Dresden ^807

zwischen freilich schon ein wenig abgedampfte Übermut der Dreimillionenpartei
nach den letzten Wahlen hat auch Virtuosen der Sorglosigkeit etwas nachdenklich
gemacht.




Napoleon der Erste in Dresden ^807
(Schluß)

put in der Nacht kam die Einwohnerschaft Dresdens am Sonn¬
abend zur Ruhe, und zeitig war sie Sonntag den 19. Juli wieder
auf den Beinen. Mit ziemlicher Bestimmtheit trat das Gerücht
auf, daß Napoleon dem Gottesdienst in der Hofkirche beiwohnen
werde. Da suchte sich jeder, wenn irgend möglich, einen Platz
in der katholischen Kirche zu sichern, denn wahrend des Gottesdienstes hatte
man ja Muße, den Gewaltigen einmal genau zu betrachten. So war die Kirche
denn bis auf den letzten Platz besetzt, als in der zwölften Stunde Napoleon
in der Tat neben dem König und der Königin in der Hofloge erschien. Mit
großer Pracht wurde das Hochamt abgehalten, aber die Gedanken der An¬
dächtigen "waren mehr bei dem Herrn der Erde als bei dem des Himmels."

Vor der Kirche hatte Napoleon die Aufwartung des diplomatischen Korps
entgegengenommen. Nach der Kirche begab er sich selbst zur Königin und stattete
ihr eine Visite ab. Spät am Nachmittag fuhr er mit dem König und dessen
Brüdern nebst Gefolge hinüber nach der Neustadt in das Japanische Palais,
worin damals außer der Königlichen Bibliothek auch noch die Antikensnmmlung
untergebracht war, die jetzt im Erdgeschoß des Albertinums steht. Beim Be-
treten des Palastes empfing den .Kaiser der Oberstallmeister Graf Marcolini
und überreichte ihn: einen lateinisch abgefaßten Willkommengruß. Im Stil der
Zeit war er in Lapidarschrift "auf einem Royalbogen prächtig gedruckt" und
kann als typisches Beispiel der höfischen Schmeichelei gelten, mit der man
damals dem verwöhnten Günstling des Glücks begegnete, ^avolsonem > 8ecmli
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?uturg,s sxsinv1g.r ^ Ksrmgnisi tosäeris Leg-loren ^ Ho8tibu8 mstusucluiu ^ 3ni8
gmgmlsm j Lulu8 ^ Nirjsstg.3 ^ Immortg.lieg.eka gntieivgvit ^ Kgxcmia, ^ Hrmm
ip8s I liestituit j Orimvit > sglutgt. Die beigefügte deutsche Übersetzung
klang noch überschwenglicher. Wie weit man übrigens damit Napoleons eignen
Gedanken und Wünschen entgegenkam, zeigen schlagend die Worte: Laxonig.,
ciug-in ipss rs8klenn. Sie sind nur eine Übersetzung von Napoleons eignen Worten,
die er am 29. Januar in einer Botschaft an den französischen Senat ausge¬
sprochen hatte^): lig. ludion 8g.xonus avg.it xsrclu sein iuelspsnÄgnss is 14 oc>
todrs 1756; eile l'g, rseouvrss is 14 ootokrs 1806. ^prs8 oiuciuguts -uiusss"
la Lg.x<z, gg.rg.reif xg.r le trg-its cle ?08en^ g. os88s et'ßtrs vroviues xru88isnns.



*) 0orrs"pooä"it<)s as Napoleon I, Bd. XIV, S. 2SS, Ur. 11722 (UvM"M M Löuat).
Napoleon der Lrste in Dresden ^807

zwischen freilich schon ein wenig abgedampfte Übermut der Dreimillionenpartei
nach den letzten Wahlen hat auch Virtuosen der Sorglosigkeit etwas nachdenklich
gemacht.




Napoleon der Erste in Dresden ^807
(Schluß)

put in der Nacht kam die Einwohnerschaft Dresdens am Sonn¬
abend zur Ruhe, und zeitig war sie Sonntag den 19. Juli wieder
auf den Beinen. Mit ziemlicher Bestimmtheit trat das Gerücht
auf, daß Napoleon dem Gottesdienst in der Hofkirche beiwohnen
werde. Da suchte sich jeder, wenn irgend möglich, einen Platz
in der katholischen Kirche zu sichern, denn wahrend des Gottesdienstes hatte
man ja Muße, den Gewaltigen einmal genau zu betrachten. So war die Kirche
denn bis auf den letzten Platz besetzt, als in der zwölften Stunde Napoleon
in der Tat neben dem König und der Königin in der Hofloge erschien. Mit
großer Pracht wurde das Hochamt abgehalten, aber die Gedanken der An¬
dächtigen „waren mehr bei dem Herrn der Erde als bei dem des Himmels."

Vor der Kirche hatte Napoleon die Aufwartung des diplomatischen Korps
entgegengenommen. Nach der Kirche begab er sich selbst zur Königin und stattete
ihr eine Visite ab. Spät am Nachmittag fuhr er mit dem König und dessen
Brüdern nebst Gefolge hinüber nach der Neustadt in das Japanische Palais,
worin damals außer der Königlichen Bibliothek auch noch die Antikensnmmlung
untergebracht war, die jetzt im Erdgeschoß des Albertinums steht. Beim Be-
treten des Palastes empfing den .Kaiser der Oberstallmeister Graf Marcolini
und überreichte ihn: einen lateinisch abgefaßten Willkommengruß. Im Stil der
Zeit war er in Lapidarschrift „auf einem Royalbogen prächtig gedruckt" und
kann als typisches Beispiel der höfischen Schmeichelei gelten, mit der man
damals dem verwöhnten Günstling des Glücks begegnete, ^avolsonem > 8ecmli
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ip8s I liestituit j Orimvit > sglutgt. Die beigefügte deutsche Übersetzung
klang noch überschwenglicher. Wie weit man übrigens damit Napoleons eignen
Gedanken und Wünschen entgegenkam, zeigen schlagend die Worte: Laxonig.,
ciug-in ipss rs8klenn. Sie sind nur eine Übersetzung von Napoleons eignen Worten,
die er am 29. Januar in einer Botschaft an den französischen Senat ausge¬
sprochen hatte^): lig. ludion 8g.xonus avg.it xsrclu sein iuelspsnÄgnss is 14 oc>
todrs 1756; eile l'g, rseouvrss is 14 ootokrs 1806. ^prs8 oiuciuguts -uiusss»
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*) 0orrs»pooä«it<)s as Napoleon I, Bd. XIV, S. 2SS, Ur. 11722 (UvM»M M Löuat).
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[0440] Napoleon der Lrste in Dresden ^807 zwischen freilich schon ein wenig abgedampfte Übermut der Dreimillionenpartei nach den letzten Wahlen hat auch Virtuosen der Sorglosigkeit etwas nachdenklich gemacht. Napoleon der Erste in Dresden ^807 (Schluß) put in der Nacht kam die Einwohnerschaft Dresdens am Sonn¬ abend zur Ruhe, und zeitig war sie Sonntag den 19. Juli wieder auf den Beinen. Mit ziemlicher Bestimmtheit trat das Gerücht auf, daß Napoleon dem Gottesdienst in der Hofkirche beiwohnen werde. Da suchte sich jeder, wenn irgend möglich, einen Platz in der katholischen Kirche zu sichern, denn wahrend des Gottesdienstes hatte man ja Muße, den Gewaltigen einmal genau zu betrachten. So war die Kirche denn bis auf den letzten Platz besetzt, als in der zwölften Stunde Napoleon in der Tat neben dem König und der Königin in der Hofloge erschien. Mit großer Pracht wurde das Hochamt abgehalten, aber die Gedanken der An¬ dächtigen „waren mehr bei dem Herrn der Erde als bei dem des Himmels." Vor der Kirche hatte Napoleon die Aufwartung des diplomatischen Korps entgegengenommen. Nach der Kirche begab er sich selbst zur Königin und stattete ihr eine Visite ab. Spät am Nachmittag fuhr er mit dem König und dessen Brüdern nebst Gefolge hinüber nach der Neustadt in das Japanische Palais, worin damals außer der Königlichen Bibliothek auch noch die Antikensnmmlung untergebracht war, die jetzt im Erdgeschoß des Albertinums steht. Beim Be- treten des Palastes empfing den .Kaiser der Oberstallmeister Graf Marcolini und überreichte ihn: einen lateinisch abgefaßten Willkommengruß. Im Stil der Zeit war er in Lapidarschrift „auf einem Royalbogen prächtig gedruckt" und kann als typisches Beispiel der höfischen Schmeichelei gelten, mit der man damals dem verwöhnten Günstling des Glücks begegnete, ^avolsonem > 8ecmli ?rineivsm ^ Ooirü ini1nig.va.us umso c-.ig.rum ^ ?rg,68frei8 astgti8 8vsoimsn ^ ?uturg,s sxsinv1g.r ^ Ksrmgnisi tosäeris Leg-loren ^ Ho8tibu8 mstusucluiu ^ 3ni8 gmgmlsm j Lulu8 ^ Nirjsstg.3 ^ Immortg.lieg.eka gntieivgvit ^ Kgxcmia, ^ Hrmm ip8s I liestituit j Orimvit > sglutgt. Die beigefügte deutsche Übersetzung klang noch überschwenglicher. Wie weit man übrigens damit Napoleons eignen Gedanken und Wünschen entgegenkam, zeigen schlagend die Worte: Laxonig., ciug-in ipss rs8klenn. Sie sind nur eine Übersetzung von Napoleons eignen Worten, die er am 29. Januar in einer Botschaft an den französischen Senat ausge¬ sprochen hatte^): lig. ludion 8g.xonus avg.it xsrclu sein iuelspsnÄgnss is 14 oc> todrs 1756; eile l'g, rseouvrss is 14 ootokrs 1806. ^prs8 oiuciuguts -uiusss» la Lg.x<z, gg.rg.reif xg.r le trg-its cle ?08en^ g. os88s et'ßtrs vroviues xru88isnns. *) 0orrs»pooä«it<)s as Napoleon I, Bd. XIV, S. 2SS, Ur. 11722 (UvM»M M Löuat).

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/440>, abgerufen am 26.06.2024.