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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Uuinaßgebliches

Die Wiederwahl des Präsidenten Roosevelt.

So ist denn nun die
Schlacht um das höchste Amt in der großen nordamerikanischen Republik geschlagen.
Man darf den Sieg der republikanischen Partei und die Wiedererwählung des
Präsidenten Roosevelt wohl nicht nur ein politisches, sondern auch wohl ein historisches
Ereignis nennen. Denn es liegt darin der Wille des Volkes ausgesprochen, einer
großen Volksmehrheit, bei der jetzigen imperialistischen Politik zu bleiben. Ihren
Ursprung hat sie nicht durch und nicht unter Roosevelt genommen. Sie entstand
schon unter seinem Vorgänger Mac Kinley, als Herr Roosevelt weitern Kreisen
wenig und auch den Politikern nur als Literat, als Amateur-Cowboy im fernen
Westen und als tüchtiger Polizeipräsident der Stadt Newyork bekannt war. Mac
Kinley wurde 1896 keineswegs als Imperialist gewählt. Man kannte diese Be¬
zeichnung noch wenig. Das ihm vorausgegcmgne demokratische Regiment Clevelcmds
hatte an die Stelle des hochschutzzöllnerffchen Mac Kinleytarifs den gemäßigtem
Zolltarif gesetzt, der unter dem Namen Wilsons bekannt ist. Gegen diese etwas
freihändlerischere Gesetzgebung und gegen den neuen demokratischen Kandidaten
Bryan, der die Goldwährnng durch die Silberwähruug ersetzen wollte, richtete sich
1896 die Entscheidung der Mehrheit. Erst als Mac Kinley schon Präsident war.
1897, begann die Verwicklung mit Spanien wegen Kubas, die 1898 zum Kriege
führte. Erst aus dem so leicht zu tragenden, so wenig Opfer fordernden und so
ungeahnte Trophäen bringenden Kampfe mit Spanien wallte der Imperialismus
empor. Als Portorico und die Philippinen als Siegesbeute heimgebracht wurden,
packte -- wir wollen nicht sagen, der Durst nach Eroberungen, denn das wäre
zu viel -- aber der Geschmack daran die amerikanische Nation. Man fand mit
einemmal, daß es auf diese Weise doch ganz gut angehe, sich auswärtige Märkte
zu verschaffen, ans denen die amerikanische Industrie einen bevorzugten Absatz ge¬
nießen müsse. Schon damals hallte ganz Europa Wider von den Kampfesrufen
der Nationalisten und Chauvinisten verschiedner Völker, und bald darauf brachten
der südafrikanische Krieg und die chinesischen Wirren in Europa die Gegner noch
mehr in Wallung. Und in den Vereinigten Staaten wallten sie mit. Man fühlte
sich groß als Nation von 76 Millionen (heute etwa 80 Millionen) Einwohnern,
die über wirtschaftliche Kräfte verfügte wie kein andres Land. Man wollte nun
auch mit Streitkräften versehen sein, wenigstens zur See, denn gegen ein stehendes
Landheer hat der Amerikaner immer noch eine unüberwindliche Abneigung.

Wir sagen, Mac Kinley war 1896 nicht als Imperialist gewählt worden,
aber er wurde ein Mann dieser Partei durch den Krieg mit Spanien, und die
Nation ging mit ihm. Bei der Wahl von 1900 flössen Imperialismus und scharfe
Abwehr der Doppelwährungs-, in Wahrheit Silberwährungspolitik ineinander.
Bryan kandidierte wieder und wurde mit noch größerer Mehrheit geschlagen. Roosevelt
kam erst 1901 an Stelle des ermordeten Mac Kinley ans Ruder. Er hatte sich
im kubanischen Kriege als kühner Freischarenführer ausgezeichnet und zugleich politisch
den Imperialismus vertreten. Fast wäre er schon 1900 zur Kandidatur gelangt,
aber als selbständiger Geist war er den Wirepullers, den hinter den Kulissen
arbeitenden Drahtziehern, nicht willkommen. Man speiste ihn mit der Vizepräsident¬
schaft ab, einem ganz einflußloser Amte. In den drei Jahren, seit er die oberste
Stellung in seiner Nation innehat, hat er bei aller Zugehörigkeit zur imperialistischen
Partei doch die Geschäfte mit bemerkenswerter Besonnenheit geführt. Während der
venezolanischen Verwicklung tobten die Hetzer aus Leibeskräften und schürten zum
Kriege mit Deutschland. Roosevelt war der Mann, sie unschädlich zu machen,
er war der Vertrauensmann der Imperialisten und gewann das Zutrauen der
Besonnenen. Während seiner Regierung ereignete sich auf dem Gebiete der Land¬
erwerbungen nichts; die Grenze gegen Kanada wurde durch friedlichen Vertrag mit
Großbritannien geordnet; nur die Entstehung der Republik Panama kann man dem
amerikanischen Chauvinismus ans die Rechnung setzen, aber auch diese sicherlich nicht
Roosevelt persönlich.


Maßgebliches und Uuinaßgebliches

Die Wiederwahl des Präsidenten Roosevelt.

So ist denn nun die
Schlacht um das höchste Amt in der großen nordamerikanischen Republik geschlagen.
Man darf den Sieg der republikanischen Partei und die Wiedererwählung des
Präsidenten Roosevelt wohl nicht nur ein politisches, sondern auch wohl ein historisches
Ereignis nennen. Denn es liegt darin der Wille des Volkes ausgesprochen, einer
großen Volksmehrheit, bei der jetzigen imperialistischen Politik zu bleiben. Ihren
Ursprung hat sie nicht durch und nicht unter Roosevelt genommen. Sie entstand
schon unter seinem Vorgänger Mac Kinley, als Herr Roosevelt weitern Kreisen
wenig und auch den Politikern nur als Literat, als Amateur-Cowboy im fernen
Westen und als tüchtiger Polizeipräsident der Stadt Newyork bekannt war. Mac
Kinley wurde 1896 keineswegs als Imperialist gewählt. Man kannte diese Be¬
zeichnung noch wenig. Das ihm vorausgegcmgne demokratische Regiment Clevelcmds
hatte an die Stelle des hochschutzzöllnerffchen Mac Kinleytarifs den gemäßigtem
Zolltarif gesetzt, der unter dem Namen Wilsons bekannt ist. Gegen diese etwas
freihändlerischere Gesetzgebung und gegen den neuen demokratischen Kandidaten
Bryan, der die Goldwährnng durch die Silberwähruug ersetzen wollte, richtete sich
1896 die Entscheidung der Mehrheit. Erst als Mac Kinley schon Präsident war.
1897, begann die Verwicklung mit Spanien wegen Kubas, die 1898 zum Kriege
führte. Erst aus dem so leicht zu tragenden, so wenig Opfer fordernden und so
ungeahnte Trophäen bringenden Kampfe mit Spanien wallte der Imperialismus
empor. Als Portorico und die Philippinen als Siegesbeute heimgebracht wurden,
packte — wir wollen nicht sagen, der Durst nach Eroberungen, denn das wäre
zu viel — aber der Geschmack daran die amerikanische Nation. Man fand mit
einemmal, daß es auf diese Weise doch ganz gut angehe, sich auswärtige Märkte
zu verschaffen, ans denen die amerikanische Industrie einen bevorzugten Absatz ge¬
nießen müsse. Schon damals hallte ganz Europa Wider von den Kampfesrufen
der Nationalisten und Chauvinisten verschiedner Völker, und bald darauf brachten
der südafrikanische Krieg und die chinesischen Wirren in Europa die Gegner noch
mehr in Wallung. Und in den Vereinigten Staaten wallten sie mit. Man fühlte
sich groß als Nation von 76 Millionen (heute etwa 80 Millionen) Einwohnern,
die über wirtschaftliche Kräfte verfügte wie kein andres Land. Man wollte nun
auch mit Streitkräften versehen sein, wenigstens zur See, denn gegen ein stehendes
Landheer hat der Amerikaner immer noch eine unüberwindliche Abneigung.

Wir sagen, Mac Kinley war 1896 nicht als Imperialist gewählt worden,
aber er wurde ein Mann dieser Partei durch den Krieg mit Spanien, und die
Nation ging mit ihm. Bei der Wahl von 1900 flössen Imperialismus und scharfe
Abwehr der Doppelwährungs-, in Wahrheit Silberwährungspolitik ineinander.
Bryan kandidierte wieder und wurde mit noch größerer Mehrheit geschlagen. Roosevelt
kam erst 1901 an Stelle des ermordeten Mac Kinley ans Ruder. Er hatte sich
im kubanischen Kriege als kühner Freischarenführer ausgezeichnet und zugleich politisch
den Imperialismus vertreten. Fast wäre er schon 1900 zur Kandidatur gelangt,
aber als selbständiger Geist war er den Wirepullers, den hinter den Kulissen
arbeitenden Drahtziehern, nicht willkommen. Man speiste ihn mit der Vizepräsident¬
schaft ab, einem ganz einflußloser Amte. In den drei Jahren, seit er die oberste
Stellung in seiner Nation innehat, hat er bei aller Zugehörigkeit zur imperialistischen
Partei doch die Geschäfte mit bemerkenswerter Besonnenheit geführt. Während der
venezolanischen Verwicklung tobten die Hetzer aus Leibeskräften und schürten zum
Kriege mit Deutschland. Roosevelt war der Mann, sie unschädlich zu machen,
er war der Vertrauensmann der Imperialisten und gewann das Zutrauen der
Besonnenen. Während seiner Regierung ereignete sich auf dem Gebiete der Land¬
erwerbungen nichts; die Grenze gegen Kanada wurde durch friedlichen Vertrag mit
Großbritannien geordnet; nur die Entstehung der Republik Panama kann man dem
amerikanischen Chauvinismus ans die Rechnung setzen, aber auch diese sicherlich nicht
Roosevelt persönlich.


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[0414] Maßgebliches und Uuinaßgebliches Die Wiederwahl des Präsidenten Roosevelt. So ist denn nun die Schlacht um das höchste Amt in der großen nordamerikanischen Republik geschlagen. Man darf den Sieg der republikanischen Partei und die Wiedererwählung des Präsidenten Roosevelt wohl nicht nur ein politisches, sondern auch wohl ein historisches Ereignis nennen. Denn es liegt darin der Wille des Volkes ausgesprochen, einer großen Volksmehrheit, bei der jetzigen imperialistischen Politik zu bleiben. Ihren Ursprung hat sie nicht durch und nicht unter Roosevelt genommen. Sie entstand schon unter seinem Vorgänger Mac Kinley, als Herr Roosevelt weitern Kreisen wenig und auch den Politikern nur als Literat, als Amateur-Cowboy im fernen Westen und als tüchtiger Polizeipräsident der Stadt Newyork bekannt war. Mac Kinley wurde 1896 keineswegs als Imperialist gewählt. Man kannte diese Be¬ zeichnung noch wenig. Das ihm vorausgegcmgne demokratische Regiment Clevelcmds hatte an die Stelle des hochschutzzöllnerffchen Mac Kinleytarifs den gemäßigtem Zolltarif gesetzt, der unter dem Namen Wilsons bekannt ist. Gegen diese etwas freihändlerischere Gesetzgebung und gegen den neuen demokratischen Kandidaten Bryan, der die Goldwährnng durch die Silberwähruug ersetzen wollte, richtete sich 1896 die Entscheidung der Mehrheit. Erst als Mac Kinley schon Präsident war. 1897, begann die Verwicklung mit Spanien wegen Kubas, die 1898 zum Kriege führte. Erst aus dem so leicht zu tragenden, so wenig Opfer fordernden und so ungeahnte Trophäen bringenden Kampfe mit Spanien wallte der Imperialismus empor. Als Portorico und die Philippinen als Siegesbeute heimgebracht wurden, packte — wir wollen nicht sagen, der Durst nach Eroberungen, denn das wäre zu viel — aber der Geschmack daran die amerikanische Nation. Man fand mit einemmal, daß es auf diese Weise doch ganz gut angehe, sich auswärtige Märkte zu verschaffen, ans denen die amerikanische Industrie einen bevorzugten Absatz ge¬ nießen müsse. Schon damals hallte ganz Europa Wider von den Kampfesrufen der Nationalisten und Chauvinisten verschiedner Völker, und bald darauf brachten der südafrikanische Krieg und die chinesischen Wirren in Europa die Gegner noch mehr in Wallung. Und in den Vereinigten Staaten wallten sie mit. Man fühlte sich groß als Nation von 76 Millionen (heute etwa 80 Millionen) Einwohnern, die über wirtschaftliche Kräfte verfügte wie kein andres Land. Man wollte nun auch mit Streitkräften versehen sein, wenigstens zur See, denn gegen ein stehendes Landheer hat der Amerikaner immer noch eine unüberwindliche Abneigung. Wir sagen, Mac Kinley war 1896 nicht als Imperialist gewählt worden, aber er wurde ein Mann dieser Partei durch den Krieg mit Spanien, und die Nation ging mit ihm. Bei der Wahl von 1900 flössen Imperialismus und scharfe Abwehr der Doppelwährungs-, in Wahrheit Silberwährungspolitik ineinander. Bryan kandidierte wieder und wurde mit noch größerer Mehrheit geschlagen. Roosevelt kam erst 1901 an Stelle des ermordeten Mac Kinley ans Ruder. Er hatte sich im kubanischen Kriege als kühner Freischarenführer ausgezeichnet und zugleich politisch den Imperialismus vertreten. Fast wäre er schon 1900 zur Kandidatur gelangt, aber als selbständiger Geist war er den Wirepullers, den hinter den Kulissen arbeitenden Drahtziehern, nicht willkommen. Man speiste ihn mit der Vizepräsident¬ schaft ab, einem ganz einflußloser Amte. In den drei Jahren, seit er die oberste Stellung in seiner Nation innehat, hat er bei aller Zugehörigkeit zur imperialistischen Partei doch die Geschäfte mit bemerkenswerter Besonnenheit geführt. Während der venezolanischen Verwicklung tobten die Hetzer aus Leibeskräften und schürten zum Kriege mit Deutschland. Roosevelt war der Mann, sie unschädlich zu machen, er war der Vertrauensmann der Imperialisten und gewann das Zutrauen der Besonnenen. Während seiner Regierung ereignete sich auf dem Gebiete der Land¬ erwerbungen nichts; die Grenze gegen Kanada wurde durch friedlichen Vertrag mit Großbritannien geordnet; nur die Entstehung der Republik Panama kann man dem amerikanischen Chauvinismus ans die Rechnung setzen, aber auch diese sicherlich nicht Roosevelt persönlich.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/414>, abgerufen am 26.06.2024.