Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.Erinnerungen aus der preußischen Archivverwaltung h. Forst von(Schluß) >le Frage, welche Vorbildung zum Eintritt in den Archivdienst Wer dann die Einberufung erhielt, mußte zunächst eine bestimmte Zeit, Die etatmäßigen, das heißt ohne Kündiguugsrecht und mit Pensions¬ Erinnerungen aus der preußischen Archivverwaltung h. Forst von(Schluß) >le Frage, welche Vorbildung zum Eintritt in den Archivdienst Wer dann die Einberufung erhielt, mußte zunächst eine bestimmte Zeit, Die etatmäßigen, das heißt ohne Kündiguugsrecht und mit Pensions¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0449" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/294866"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341879_294416/figures/grenzboten_341879_294416_294866_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Erinnerungen aus der preußischen Archivverwaltung<lb/><note type="byline"> h. Forst</note> von(Schluß)</head><lb/> <p xml:id="ID_1984"> >le Frage, welche Vorbildung zum Eintritt in den Archivdienst<lb/> iwtwendig sei, war noch unter Duncker uicht geregelt. Ohne<lb/> Unterschied hatte man Philologen und Juristen als Aspiranten<lb/> eingestellt, und wenn sie sich in der Praxis bewährten, befördert.<lb/> ISybel verfuhr darin strenger; er verlangte zunächst den Nach¬<lb/> weis, daß der Kandidat mit einer Dissertation über eine historische Frage den<lb/> Doktortitel erworben hätte. War das der Fall, so wurde der Kandidat auf<lb/> die Aspirantenliste gesetzt. Aus dieser Liste wühlte Sybel denn, sobald eine<lb/> Hilfsarbeiterstelle frei war, nach Gutdünken einen Aspiranten aus und berief<lb/> ihn zur Dienstleistung auf Probe ein. Da um viel mehr Aspiranten als<lb/> Stellen vorhanden waren, so mußte der Einzelne lange Zeit, oft mehrere<lb/> Jahre auf die Einberufung warten und sich in der Zwischenzeit eine andre<lb/> Tätigkeit suchen. Das beste Los hatten die, die von einer gelehrten Gesell¬<lb/> schaft beauftragt wurden, Material für die Publikationen dieser Gesellschaft<lb/> zu sammeln. Sie konnten dann längere Zeit als Benutzer an einem Archiv<lb/> arbeiten und sich dabei praktische Kenntnisse erwerben, die ihnen später im<lb/> Dienste zustatten kamen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1985"> Wer dann die Einberufung erhielt, mußte zunächst eine bestimmte Zeit,<lb/> gewöhnlich drei Monate, auf Probe dienen. Bewährte er sich, so wurde er<lb/> als Hilfsarbeiter angestellt, leistete den Diensteid der Verwaltungsbeamten<lb/> und empfing eine diütarische Remuneration von 75 Mark monatlich, also<lb/> 900 Mark im Jahre. Ein bis zwei Jahre später wurde er dann zum Archiv¬<lb/> assistenten ernannt mit einer fixierten Remuneration von 100 bis 125 Mark<lb/> monatlich. Eine feste Anstellung war das noch nicht, vielmehr gehörten Hilfs¬<lb/> arbeiter und Assistenten zu den außeretatmäßigen Beamten und konnten jeder¬<lb/> zeit mit dreimonatiger Kündigung entlassen werden; ebenso stand ihnen das<lb/> Kündigungsrecht zu. Sie hatten deshalb auch keinen Anspruch auf Pension.</p><lb/> <p xml:id="ID_1986" next="#ID_1987"> Die etatmäßigen, das heißt ohne Kündiguugsrecht und mit Pensions¬<lb/> berechtigung angestellten Beamten waren entweder Archivare oder Archiv¬<lb/> sekretäre. War durch den Tod oder den Abgang eines solchen Beamten eine<lb/> Stelle erledigt, so wurde der dienstülteste Assistent zum Archivsekretär mit dem<lb/> Jahresgehalt von 1800 Mark und 450 Mark Wohnungsgeldzuschuß ernannt.<lb/> Er hatte nun in alleu das Archiv betreffenden Angelegenheiten eine beratende<lb/> Stimme, das heißt der Vorstand mußte jede dienstliche Frage mit den Sekre¬<lb/> tären besprechen und deren Meinung hören, war jedoch daran für seine Ent-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0449]
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Erinnerungen aus der preußischen Archivverwaltung
h. Forst von(Schluß)
>le Frage, welche Vorbildung zum Eintritt in den Archivdienst
iwtwendig sei, war noch unter Duncker uicht geregelt. Ohne
Unterschied hatte man Philologen und Juristen als Aspiranten
eingestellt, und wenn sie sich in der Praxis bewährten, befördert.
ISybel verfuhr darin strenger; er verlangte zunächst den Nach¬
weis, daß der Kandidat mit einer Dissertation über eine historische Frage den
Doktortitel erworben hätte. War das der Fall, so wurde der Kandidat auf
die Aspirantenliste gesetzt. Aus dieser Liste wühlte Sybel denn, sobald eine
Hilfsarbeiterstelle frei war, nach Gutdünken einen Aspiranten aus und berief
ihn zur Dienstleistung auf Probe ein. Da um viel mehr Aspiranten als
Stellen vorhanden waren, so mußte der Einzelne lange Zeit, oft mehrere
Jahre auf die Einberufung warten und sich in der Zwischenzeit eine andre
Tätigkeit suchen. Das beste Los hatten die, die von einer gelehrten Gesell¬
schaft beauftragt wurden, Material für die Publikationen dieser Gesellschaft
zu sammeln. Sie konnten dann längere Zeit als Benutzer an einem Archiv
arbeiten und sich dabei praktische Kenntnisse erwerben, die ihnen später im
Dienste zustatten kamen.
Wer dann die Einberufung erhielt, mußte zunächst eine bestimmte Zeit,
gewöhnlich drei Monate, auf Probe dienen. Bewährte er sich, so wurde er
als Hilfsarbeiter angestellt, leistete den Diensteid der Verwaltungsbeamten
und empfing eine diütarische Remuneration von 75 Mark monatlich, also
900 Mark im Jahre. Ein bis zwei Jahre später wurde er dann zum Archiv¬
assistenten ernannt mit einer fixierten Remuneration von 100 bis 125 Mark
monatlich. Eine feste Anstellung war das noch nicht, vielmehr gehörten Hilfs¬
arbeiter und Assistenten zu den außeretatmäßigen Beamten und konnten jeder¬
zeit mit dreimonatiger Kündigung entlassen werden; ebenso stand ihnen das
Kündigungsrecht zu. Sie hatten deshalb auch keinen Anspruch auf Pension.
Die etatmäßigen, das heißt ohne Kündiguugsrecht und mit Pensions¬
berechtigung angestellten Beamten waren entweder Archivare oder Archiv¬
sekretäre. War durch den Tod oder den Abgang eines solchen Beamten eine
Stelle erledigt, so wurde der dienstülteste Assistent zum Archivsekretär mit dem
Jahresgehalt von 1800 Mark und 450 Mark Wohnungsgeldzuschuß ernannt.
Er hatte nun in alleu das Archiv betreffenden Angelegenheiten eine beratende
Stimme, das heißt der Vorstand mußte jede dienstliche Frage mit den Sekre¬
tären besprechen und deren Meinung hören, war jedoch daran für seine Ent-
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