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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel

"Es gelingt nichts mehr." Das einst von der Germania, wenn nicht
von Windthorst selber, gegen den Fürsten Bismarck gerichtete Schlagwort wird
von einem angeblich nationalliberalen Blatte gegen den Grafen Bülow aufgewärmt.
Woher weiß denn die Redaktion so genau, was gelingt und was nicht gelingt? Es
sei hierbei daran erinnert, daß im Jahre 1839 das Schlagwort "Bismarck wird
alt" gleichfalls von nationalliberaler Seite ausging. Es hatte einen seitdem ver¬
storbnen süddeutschen Abgeordneten zum Urheber und fand seinen Weg in die
nationalliberale Presse just um die Zeit, wo allerlei Hände eifrig an der Arbeit
waren, dem ersten Reichskanzler den Stuhl von hinten wegzuziehu. Da ein
Schlagwort "Bülow wird alt" nicht gut formuliert werden kann, so eignet sich
das nationalliberale Blatt die Windthorstsche Parole an, durch die seinerzeit vom
Zentrum gegen Bismarck Stimmung gemacht wurde! Zur Kritik genügt es. diese
Tatsache festzustellen.

Zu den Dingen, "die nicht gelingen," soll zu allererst die Kanalvorlage ge¬
hören. Ob sie nicht gelingen wird -- bliebe doch erst abzuwarten! Graf Bülow
würde die Position der Regierung in der Kanalfrage vielleicht sehr erleichtern,
wenn er den Konservativen Zugeständnisse machen wollte, die zwar ans ganz
andern, sachlich davon aber doch nahe berührten Gebieten liegen, den Liberalen
jedoch voraussichtlich weniger gefallen würden. Preußen hat schon so oft mit seinen
innern Angelegenheiten die Kosten der Reichspolitik tragen müssen, daß auch einmal
umgekehrt die preußischen Kanalschwierigleiten durch Konzessionen auf dem Reichs¬
gebiet, dem der Handelsverträge, gehoben werden könnten. Da die Konservativen
die Kanalvorlage überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen, d. h. wegen der be¬
fürchteten Erleichterung der Einfuhr fremden Getreides, beanstanden, so läge der
Gedanke nahe genug, ihnen gerade in dieser Hinsicht noch Kompensationen außer¬
halb des Zolltarifs zu gewähren. Graf Bülow hat diesen Weg im Interesse des
Zustandekommens der Handelsverträge bisher nicht beschritten,- wenn er trotzdem
von liberalen Blättern befehdet wird, so verdient die einer solchen Logik zugrunde
liegende Konfusion alle Bewunderung.

Dasselbe gilt von den Klagen über die Verzögerung der Verhandlungen mit
Österreich-Ungarn, an denen der "agrarische" Zolltarif die Schuld tragen soll. Die
Regierungen von Österreich und Ungarn, namentlich die letzte, sind eben erst mit
ihren Vorberatungen zu Ende gekommen, und nach Pfingsten sollen ihre Unter¬
händler in Berlin eintreffen. Die Verzögerung liegt also durchaus nicht auf
deutscher Seite Ein Bestreben, das dahin geht, die Reichsregiernng im Sinne
einer einfachen Verlängerung der Caprivischen Handelsverträge zu beeinflussen, hat
freilich keinerlei Aussicht auf Gelingen. Jeder ist sich selbst der nächste, und auch
Staatssekretär von Marschall hatte seinerzeit keinen Zweifel daran gelassen, daß
er den Vertrag mit Österreich-Ungarn als einen für Deutschland ungünstigen ansahe.
Es war dies der Grund, weshalb damals die weitere Leitung der Handelsver¬
tragsverhandlungen aus dem Reichsamt des Innern in das Auswärtige Amt ver¬
legt wurde. Von eiuer einfachen Verlängerung des Vertrags mit Österreich-Ungarn
kann deshalb gar keine Rede sein, das hat man auch in Wien und in Pest durchaus
begriffen, und die Verlängerung wird dort gar nicht verlangt. Wenn es dagegen
in Deutschland Leute und Zeitungen gibt, die österreichischer und ungarischer als
die dortigen Regierungen und die dortigen Interessentenkreise sind, so kann ein
solches Gebaren höchstens die praktische Wirkung haben. Deutschlands Stellung in
den jetzt beginnenden Verhandlungen zu erschweren. Mit deu Ländern, deren
Regierungen ihre Vorarbeiten frühzeitig beendet hatten, sind wir schon zum Ab¬
schluß gelangt; es sind dies -- falls die Zeitungsnachrichten richtig sind -- Italien,
Belgien und wohl auch Rumänien. Der Vertrag rin Österreich-Ungarn wird kaum
bedenkliche Schwierigkeiten bieten. Rußland wird gegenwärtig von andern Sorgen


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel

„Es gelingt nichts mehr." Das einst von der Germania, wenn nicht
von Windthorst selber, gegen den Fürsten Bismarck gerichtete Schlagwort wird
von einem angeblich nationalliberalen Blatte gegen den Grafen Bülow aufgewärmt.
Woher weiß denn die Redaktion so genau, was gelingt und was nicht gelingt? Es
sei hierbei daran erinnert, daß im Jahre 1839 das Schlagwort „Bismarck wird
alt" gleichfalls von nationalliberaler Seite ausging. Es hatte einen seitdem ver¬
storbnen süddeutschen Abgeordneten zum Urheber und fand seinen Weg in die
nationalliberale Presse just um die Zeit, wo allerlei Hände eifrig an der Arbeit
waren, dem ersten Reichskanzler den Stuhl von hinten wegzuziehu. Da ein
Schlagwort „Bülow wird alt" nicht gut formuliert werden kann, so eignet sich
das nationalliberale Blatt die Windthorstsche Parole an, durch die seinerzeit vom
Zentrum gegen Bismarck Stimmung gemacht wurde! Zur Kritik genügt es. diese
Tatsache festzustellen.

Zu den Dingen, „die nicht gelingen," soll zu allererst die Kanalvorlage ge¬
hören. Ob sie nicht gelingen wird — bliebe doch erst abzuwarten! Graf Bülow
würde die Position der Regierung in der Kanalfrage vielleicht sehr erleichtern,
wenn er den Konservativen Zugeständnisse machen wollte, die zwar ans ganz
andern, sachlich davon aber doch nahe berührten Gebieten liegen, den Liberalen
jedoch voraussichtlich weniger gefallen würden. Preußen hat schon so oft mit seinen
innern Angelegenheiten die Kosten der Reichspolitik tragen müssen, daß auch einmal
umgekehrt die preußischen Kanalschwierigleiten durch Konzessionen auf dem Reichs¬
gebiet, dem der Handelsverträge, gehoben werden könnten. Da die Konservativen
die Kanalvorlage überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen, d. h. wegen der be¬
fürchteten Erleichterung der Einfuhr fremden Getreides, beanstanden, so läge der
Gedanke nahe genug, ihnen gerade in dieser Hinsicht noch Kompensationen außer¬
halb des Zolltarifs zu gewähren. Graf Bülow hat diesen Weg im Interesse des
Zustandekommens der Handelsverträge bisher nicht beschritten,- wenn er trotzdem
von liberalen Blättern befehdet wird, so verdient die einer solchen Logik zugrunde
liegende Konfusion alle Bewunderung.

Dasselbe gilt von den Klagen über die Verzögerung der Verhandlungen mit
Österreich-Ungarn, an denen der „agrarische" Zolltarif die Schuld tragen soll. Die
Regierungen von Österreich und Ungarn, namentlich die letzte, sind eben erst mit
ihren Vorberatungen zu Ende gekommen, und nach Pfingsten sollen ihre Unter¬
händler in Berlin eintreffen. Die Verzögerung liegt also durchaus nicht auf
deutscher Seite Ein Bestreben, das dahin geht, die Reichsregiernng im Sinne
einer einfachen Verlängerung der Caprivischen Handelsverträge zu beeinflussen, hat
freilich keinerlei Aussicht auf Gelingen. Jeder ist sich selbst der nächste, und auch
Staatssekretär von Marschall hatte seinerzeit keinen Zweifel daran gelassen, daß
er den Vertrag mit Österreich-Ungarn als einen für Deutschland ungünstigen ansahe.
Es war dies der Grund, weshalb damals die weitere Leitung der Handelsver¬
tragsverhandlungen aus dem Reichsamt des Innern in das Auswärtige Amt ver¬
legt wurde. Von eiuer einfachen Verlängerung des Vertrags mit Österreich-Ungarn
kann deshalb gar keine Rede sein, das hat man auch in Wien und in Pest durchaus
begriffen, und die Verlängerung wird dort gar nicht verlangt. Wenn es dagegen
in Deutschland Leute und Zeitungen gibt, die österreichischer und ungarischer als
die dortigen Regierungen und die dortigen Interessentenkreise sind, so kann ein
solches Gebaren höchstens die praktische Wirkung haben. Deutschlands Stellung in
den jetzt beginnenden Verhandlungen zu erschweren. Mit deu Ländern, deren
Regierungen ihre Vorarbeiten frühzeitig beendet hatten, sind wir schon zum Ab¬
schluß gelangt; es sind dies — falls die Zeitungsnachrichten richtig sind — Italien,
Belgien und wohl auch Rumänien. Der Vertrag rin Österreich-Ungarn wird kaum
bedenkliche Schwierigkeiten bieten. Rußland wird gegenwärtig von andern Sorgen


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[0485] Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel „Es gelingt nichts mehr." Das einst von der Germania, wenn nicht von Windthorst selber, gegen den Fürsten Bismarck gerichtete Schlagwort wird von einem angeblich nationalliberalen Blatte gegen den Grafen Bülow aufgewärmt. Woher weiß denn die Redaktion so genau, was gelingt und was nicht gelingt? Es sei hierbei daran erinnert, daß im Jahre 1839 das Schlagwort „Bismarck wird alt" gleichfalls von nationalliberaler Seite ausging. Es hatte einen seitdem ver¬ storbnen süddeutschen Abgeordneten zum Urheber und fand seinen Weg in die nationalliberale Presse just um die Zeit, wo allerlei Hände eifrig an der Arbeit waren, dem ersten Reichskanzler den Stuhl von hinten wegzuziehu. Da ein Schlagwort „Bülow wird alt" nicht gut formuliert werden kann, so eignet sich das nationalliberale Blatt die Windthorstsche Parole an, durch die seinerzeit vom Zentrum gegen Bismarck Stimmung gemacht wurde! Zur Kritik genügt es. diese Tatsache festzustellen. Zu den Dingen, „die nicht gelingen," soll zu allererst die Kanalvorlage ge¬ hören. Ob sie nicht gelingen wird — bliebe doch erst abzuwarten! Graf Bülow würde die Position der Regierung in der Kanalfrage vielleicht sehr erleichtern, wenn er den Konservativen Zugeständnisse machen wollte, die zwar ans ganz andern, sachlich davon aber doch nahe berührten Gebieten liegen, den Liberalen jedoch voraussichtlich weniger gefallen würden. Preußen hat schon so oft mit seinen innern Angelegenheiten die Kosten der Reichspolitik tragen müssen, daß auch einmal umgekehrt die preußischen Kanalschwierigleiten durch Konzessionen auf dem Reichs¬ gebiet, dem der Handelsverträge, gehoben werden könnten. Da die Konservativen die Kanalvorlage überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen, d. h. wegen der be¬ fürchteten Erleichterung der Einfuhr fremden Getreides, beanstanden, so läge der Gedanke nahe genug, ihnen gerade in dieser Hinsicht noch Kompensationen außer¬ halb des Zolltarifs zu gewähren. Graf Bülow hat diesen Weg im Interesse des Zustandekommens der Handelsverträge bisher nicht beschritten,- wenn er trotzdem von liberalen Blättern befehdet wird, so verdient die einer solchen Logik zugrunde liegende Konfusion alle Bewunderung. Dasselbe gilt von den Klagen über die Verzögerung der Verhandlungen mit Österreich-Ungarn, an denen der „agrarische" Zolltarif die Schuld tragen soll. Die Regierungen von Österreich und Ungarn, namentlich die letzte, sind eben erst mit ihren Vorberatungen zu Ende gekommen, und nach Pfingsten sollen ihre Unter¬ händler in Berlin eintreffen. Die Verzögerung liegt also durchaus nicht auf deutscher Seite Ein Bestreben, das dahin geht, die Reichsregiernng im Sinne einer einfachen Verlängerung der Caprivischen Handelsverträge zu beeinflussen, hat freilich keinerlei Aussicht auf Gelingen. Jeder ist sich selbst der nächste, und auch Staatssekretär von Marschall hatte seinerzeit keinen Zweifel daran gelassen, daß er den Vertrag mit Österreich-Ungarn als einen für Deutschland ungünstigen ansahe. Es war dies der Grund, weshalb damals die weitere Leitung der Handelsver¬ tragsverhandlungen aus dem Reichsamt des Innern in das Auswärtige Amt ver¬ legt wurde. Von eiuer einfachen Verlängerung des Vertrags mit Österreich-Ungarn kann deshalb gar keine Rede sein, das hat man auch in Wien und in Pest durchaus begriffen, und die Verlängerung wird dort gar nicht verlangt. Wenn es dagegen in Deutschland Leute und Zeitungen gibt, die österreichischer und ungarischer als die dortigen Regierungen und die dortigen Interessentenkreise sind, so kann ein solches Gebaren höchstens die praktische Wirkung haben. Deutschlands Stellung in den jetzt beginnenden Verhandlungen zu erschweren. Mit deu Ländern, deren Regierungen ihre Vorarbeiten frühzeitig beendet hatten, sind wir schon zum Ab¬ schluß gelangt; es sind dies — falls die Zeitungsnachrichten richtig sind — Italien, Belgien und wohl auch Rumänien. Der Vertrag rin Österreich-Ungarn wird kaum bedenkliche Schwierigkeiten bieten. Rußland wird gegenwärtig von andern Sorgen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/485>, abgerufen am 13.11.2024.