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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Johann Friedrich Reichardt

unter dem Titel "Die Organisation des Deutschen Buchhandels, seine
Gegner, seine Zukunft" einen Vortrag gehalten, der in den Nummern 32,
41, 47 des Jahrgangs 1904 des "Börsenblatts für den deutschen Buchhandel"
abgedruckt ist und auch im Sonderabdruck erscheinen wird.

Endlich sei noch einer Artikelreihe gedacht, die der Herausgeber der Hoch¬
schulnachrichten, Dr. von Salvisberg, unter dem Titel: "Das Preiskartell des
deutschen Buchhandels" in seinem Blatte veröffentlicht, und die in Kürze eben¬
falls als Sonderabdruck erscheinen wird.




Johann Friedrich Reichardt
Otto Tschirch von (Schluß)

eilig Jahre darauf brachte der Tod Friedrichs des Großen für
Reichardts Leben eine entschiedn? Wendung. Die Nachricht er¬
reichte ihn, als er gerade von einer künstlerisch erfolgreichen, aber
durch finanzielle Enttäuschungen getrübten Reise nach Paris zurück¬
kehrte. Sogleich eilte er von Hamburg mit Kurierpferden nach
Berlin, stellte sich Friedrich Wilhelm dem Zweiten vor und verherrlichte
das Leichenbegängnis des alten Königs durch eine von Lucchesini ge¬
dichtete Trauerkantate voll einfach großer, erhabner Stimmung. Die Thron¬
besteigung Friedrich Wilhelms des Zweiten erweckte in Reichardt reiche künst¬
lerische Hoffnungen. Der neue König hatte in der Musik einen vielseitigen
Geschmack. Er pflegte neben der großen italienischen Oper auch die deutsche
Oper und die französische Operette. Das bisher kümmerlich vegetierende deutsche
Theater erhob er zum Nationaltheater und unterstützte es reichlich. Für das
Opernhaus begann eine Blütezeit, worin die trefflichsten Werke Reichardts
aufgeführt wurden. Den Höhepunkt seiner Opernkomposition bedeutet die große
Oper Brennus, die zum Geburtstage des Königs im Oktober 1789 zur ersten
Aufführung kam. Hier war es Reichardt, der seine ganze reife Künstlerkraft ein¬
gesetzt hatte, gelungen, einen großen Erfolg zu erringen. Der nach der bekannten
antikisierenden Schablone zusammengeschrielme Text, der die Belagerung Roms
durch die Gallier zum Vorwurfe hat, ist freilich mehr als kläglich. Aber trotz
der unwahrscheinlichsten Großmutszenen weckte die Fabel doch einen gewaltigen
patriotischen Widerhall. In den Oden Ramlers und andrer preußischer Poeten
war der Name Brennen für Preußen üblich und vertraut, denn in der königlich
preußischen Mythologie galt Brennus als der Gründer Brennabnrgs und somit
des preußischen Staates. So war denn der trotzige gallische Eroberer, der
durch den berühmten Bassisten Fischer mit seiner großartig ehernen und doch
beweglichen Stimme dargestellt wurde, den Berlinern der Genius der stolzen
Preußenmacht, und wenn der Gallierkönig in seiner großen Arie dem übermütigen
Rom Fehde bis zur Vernichtung ankündigte, wenn der effektvolle Triumpheinzug


Johann Friedrich Reichardt

unter dem Titel „Die Organisation des Deutschen Buchhandels, seine
Gegner, seine Zukunft" einen Vortrag gehalten, der in den Nummern 32,
41, 47 des Jahrgangs 1904 des „Börsenblatts für den deutschen Buchhandel"
abgedruckt ist und auch im Sonderabdruck erscheinen wird.

Endlich sei noch einer Artikelreihe gedacht, die der Herausgeber der Hoch¬
schulnachrichten, Dr. von Salvisberg, unter dem Titel: „Das Preiskartell des
deutschen Buchhandels" in seinem Blatte veröffentlicht, und die in Kürze eben¬
falls als Sonderabdruck erscheinen wird.




Johann Friedrich Reichardt
Otto Tschirch von (Schluß)

eilig Jahre darauf brachte der Tod Friedrichs des Großen für
Reichardts Leben eine entschiedn? Wendung. Die Nachricht er¬
reichte ihn, als er gerade von einer künstlerisch erfolgreichen, aber
durch finanzielle Enttäuschungen getrübten Reise nach Paris zurück¬
kehrte. Sogleich eilte er von Hamburg mit Kurierpferden nach
Berlin, stellte sich Friedrich Wilhelm dem Zweiten vor und verherrlichte
das Leichenbegängnis des alten Königs durch eine von Lucchesini ge¬
dichtete Trauerkantate voll einfach großer, erhabner Stimmung. Die Thron¬
besteigung Friedrich Wilhelms des Zweiten erweckte in Reichardt reiche künst¬
lerische Hoffnungen. Der neue König hatte in der Musik einen vielseitigen
Geschmack. Er pflegte neben der großen italienischen Oper auch die deutsche
Oper und die französische Operette. Das bisher kümmerlich vegetierende deutsche
Theater erhob er zum Nationaltheater und unterstützte es reichlich. Für das
Opernhaus begann eine Blütezeit, worin die trefflichsten Werke Reichardts
aufgeführt wurden. Den Höhepunkt seiner Opernkomposition bedeutet die große
Oper Brennus, die zum Geburtstage des Königs im Oktober 1789 zur ersten
Aufführung kam. Hier war es Reichardt, der seine ganze reife Künstlerkraft ein¬
gesetzt hatte, gelungen, einen großen Erfolg zu erringen. Der nach der bekannten
antikisierenden Schablone zusammengeschrielme Text, der die Belagerung Roms
durch die Gallier zum Vorwurfe hat, ist freilich mehr als kläglich. Aber trotz
der unwahrscheinlichsten Großmutszenen weckte die Fabel doch einen gewaltigen
patriotischen Widerhall. In den Oden Ramlers und andrer preußischer Poeten
war der Name Brennen für Preußen üblich und vertraut, denn in der königlich
preußischen Mythologie galt Brennus als der Gründer Brennabnrgs und somit
des preußischen Staates. So war denn der trotzige gallische Eroberer, der
durch den berühmten Bassisten Fischer mit seiner großartig ehernen und doch
beweglichen Stimme dargestellt wurde, den Berlinern der Genius der stolzen
Preußenmacht, und wenn der Gallierkönig in seiner großen Arie dem übermütigen
Rom Fehde bis zur Vernichtung ankündigte, wenn der effektvolle Triumpheinzug


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[0102] Johann Friedrich Reichardt unter dem Titel „Die Organisation des Deutschen Buchhandels, seine Gegner, seine Zukunft" einen Vortrag gehalten, der in den Nummern 32, 41, 47 des Jahrgangs 1904 des „Börsenblatts für den deutschen Buchhandel" abgedruckt ist und auch im Sonderabdruck erscheinen wird. Endlich sei noch einer Artikelreihe gedacht, die der Herausgeber der Hoch¬ schulnachrichten, Dr. von Salvisberg, unter dem Titel: „Das Preiskartell des deutschen Buchhandels" in seinem Blatte veröffentlicht, und die in Kürze eben¬ falls als Sonderabdruck erscheinen wird. Johann Friedrich Reichardt Otto Tschirch von (Schluß) eilig Jahre darauf brachte der Tod Friedrichs des Großen für Reichardts Leben eine entschiedn? Wendung. Die Nachricht er¬ reichte ihn, als er gerade von einer künstlerisch erfolgreichen, aber durch finanzielle Enttäuschungen getrübten Reise nach Paris zurück¬ kehrte. Sogleich eilte er von Hamburg mit Kurierpferden nach Berlin, stellte sich Friedrich Wilhelm dem Zweiten vor und verherrlichte das Leichenbegängnis des alten Königs durch eine von Lucchesini ge¬ dichtete Trauerkantate voll einfach großer, erhabner Stimmung. Die Thron¬ besteigung Friedrich Wilhelms des Zweiten erweckte in Reichardt reiche künst¬ lerische Hoffnungen. Der neue König hatte in der Musik einen vielseitigen Geschmack. Er pflegte neben der großen italienischen Oper auch die deutsche Oper und die französische Operette. Das bisher kümmerlich vegetierende deutsche Theater erhob er zum Nationaltheater und unterstützte es reichlich. Für das Opernhaus begann eine Blütezeit, worin die trefflichsten Werke Reichardts aufgeführt wurden. Den Höhepunkt seiner Opernkomposition bedeutet die große Oper Brennus, die zum Geburtstage des Königs im Oktober 1789 zur ersten Aufführung kam. Hier war es Reichardt, der seine ganze reife Künstlerkraft ein¬ gesetzt hatte, gelungen, einen großen Erfolg zu erringen. Der nach der bekannten antikisierenden Schablone zusammengeschrielme Text, der die Belagerung Roms durch die Gallier zum Vorwurfe hat, ist freilich mehr als kläglich. Aber trotz der unwahrscheinlichsten Großmutszenen weckte die Fabel doch einen gewaltigen patriotischen Widerhall. In den Oden Ramlers und andrer preußischer Poeten war der Name Brennen für Preußen üblich und vertraut, denn in der königlich preußischen Mythologie galt Brennus als der Gründer Brennabnrgs und somit des preußischen Staates. So war denn der trotzige gallische Eroberer, der durch den berühmten Bassisten Fischer mit seiner großartig ehernen und doch beweglichen Stimme dargestellt wurde, den Berlinern der Genius der stolzen Preußenmacht, und wenn der Gallierkönig in seiner großen Arie dem übermütigen Rom Fehde bis zur Vernichtung ankündigte, wenn der effektvolle Triumpheinzug

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/102>, abgerufen am 13.11.2024.