Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.Lin Sommerurlaul' in Pounner" Die letzten Verse: (Lin ^ommerurlaub in Pommern rotz vielfacher Garnisonwechsel, zu denen meine Eltern meist gegen Taute Nadiegeda war eigentlich nur eine Halbschwester von Mama, deren Ein oder zwei Jahre, ehe ich ans dem Hause und auf die Schule kam, waren Lin Sommerurlaul' in Pounner» Die letzten Verse: (Lin ^ommerurlaub in Pommern rotz vielfacher Garnisonwechsel, zu denen meine Eltern meist gegen Taute Nadiegeda war eigentlich nur eine Halbschwester von Mama, deren Ein oder zwei Jahre, ehe ich ans dem Hause und auf die Schule kam, waren <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0669" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/240225"/> <fw type="header" place="top"> Lin Sommerurlaul' in Pounner»</fw><lb/> <p xml:id="ID_3572"> Die letzten Verse:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_6" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> (Lin ^ommerurlaub in Pommern</head><lb/> <p xml:id="ID_3573"> rotz vielfacher Garnisonwechsel, zu denen meine Eltern meist gegen<lb/> ihren Wunsch durch sehr schön geschriebne, ans der Residenz datierte<lb/> Ordres veranlaßt worden waren, hatte, solange ich denken konnte,<lb/> immer wieder über dem Sofa im Zimmer meiner Mutter unter<lb/> lauter Familienbildern eine schön eingerahmte Lithographie gehangen,<lb/> die die „Schrift" als „Münchner Tracht" bezeichnete, und die eine<lb/> lunge Münchnerin in der Volkstracht mit einem eigentümlich geformten, nach oben<lb/> spitz zulaufenden Kopfputz und mit einem befransten, reichgemnsterten, dreizipflig<lb/> zusammengelegten Seidentuch über deu Schultern darstellte. Der „Privatdiener,"<lb/> wan würde heutzutage sagen der Bursche, der in alleu Fragen über weibliche<lb/> Schönheit meine Autorität war, hatte geäußert, der möchte er schon einmal in<lb/> Reisch und Blut begegnen: sie war also schön, und meine Mutter hatte mir ge-<lb/> >°ge, das Bild gleiche ihrer Schwester, meiner Tante Nadicgeda so, daß es des¬<lb/> wegen eingerahmt worden sei und unter den übrigen ihre Familie darstellenden<lb/> Porträts Platz gefunden habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_3574"> Taute Nadiegeda war eigentlich nur eine Halbschwester von Mama, deren<lb/> Mutter sich nach dem Tode meines Großvaters zum zweitenmal verheiratet hatte.<lb/> Sie hatte sich, nachdem sie, wie ich später erfuhr, kurze Zeit als Stern erster Große<lb/> "w D.....er Schönheitshimmel geglänzt hatre, um einen pommerschen Gutsbesitzer,<lb/> Herrn von Fork, verheiratet und lebte mit ihm und ihrer zahlreichen jungen Familie<lb/> sie hatte fünf Söhne und drei Töchter — jahraus jahrein auf dem Lande,<lb/> ohne daß die beiden Schwestern Zeit und Gelegenheit gehabt hätten, anders als<lb/> bestich zu verkehren.</p><lb/> <p xml:id="ID_3575" next="#ID_3576"> Ein oder zwei Jahre, ehe ich ans dem Hause und auf die Schule kam, waren<lb/> Weihnachten bei uns außer unzähligen Spickgänsen und andern pommerschen<lb/> Delikatessen zwei junge Bürschchen erschienen, die in meines Vaters ausgeräumter<lb/> und nach Möglichkeit mit ehrbaren, widerstandsfähigen Möbeln versehener Sattel-<lb/> tammer „logiert" und mir als pommersche Vettern, denen ich die höchsten gast-<lb/> nchen Rücksichten schuldig sei, vorgestellt wurden. Es waren Tante Nadiegedas<lb/> älteste Söhne, die in Niesky erzogen wurden, und die, um mit der damals noch<lb/> etwas umständlichen Heimreise nicht zu viel Zeit zu verlieren, vielleicht auch, weil<lb/> wein Onkel keine Zeit hatte, sie abzuholen, und man sie nicht allein reisen lassen<lb/> wollte, ihre Weihnachtsferien bei uns in D...... zubringen sollten. Entweder<lb/> Waren beide sehr gutmütige Jungen gewesen, oder die mir erteilten Mahnungen<lb/> hatten in unerwarteter Weise gefruchtet, denn ich entsinne mich auch nicht der leisesten<lb/> Meinungsdifferenz, die während der ganzen Zeit zwischen uns zum Vorschein ge¬<lb/> kommen wäre, ja nicht einnial, daß mich die beiden ab und zu durchgedroschen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0669]
Lin Sommerurlaul' in Pounner»
Die letzten Verse:
(Lin ^ommerurlaub in Pommern
rotz vielfacher Garnisonwechsel, zu denen meine Eltern meist gegen
ihren Wunsch durch sehr schön geschriebne, ans der Residenz datierte
Ordres veranlaßt worden waren, hatte, solange ich denken konnte,
immer wieder über dem Sofa im Zimmer meiner Mutter unter
lauter Familienbildern eine schön eingerahmte Lithographie gehangen,
die die „Schrift" als „Münchner Tracht" bezeichnete, und die eine
lunge Münchnerin in der Volkstracht mit einem eigentümlich geformten, nach oben
spitz zulaufenden Kopfputz und mit einem befransten, reichgemnsterten, dreizipflig
zusammengelegten Seidentuch über deu Schultern darstellte. Der „Privatdiener,"
wan würde heutzutage sagen der Bursche, der in alleu Fragen über weibliche
Schönheit meine Autorität war, hatte geäußert, der möchte er schon einmal in
Reisch und Blut begegnen: sie war also schön, und meine Mutter hatte mir ge-
>°ge, das Bild gleiche ihrer Schwester, meiner Tante Nadicgeda so, daß es des¬
wegen eingerahmt worden sei und unter den übrigen ihre Familie darstellenden
Porträts Platz gefunden habe.
Taute Nadiegeda war eigentlich nur eine Halbschwester von Mama, deren
Mutter sich nach dem Tode meines Großvaters zum zweitenmal verheiratet hatte.
Sie hatte sich, nachdem sie, wie ich später erfuhr, kurze Zeit als Stern erster Große
"w D.....er Schönheitshimmel geglänzt hatre, um einen pommerschen Gutsbesitzer,
Herrn von Fork, verheiratet und lebte mit ihm und ihrer zahlreichen jungen Familie
sie hatte fünf Söhne und drei Töchter — jahraus jahrein auf dem Lande,
ohne daß die beiden Schwestern Zeit und Gelegenheit gehabt hätten, anders als
bestich zu verkehren.
Ein oder zwei Jahre, ehe ich ans dem Hause und auf die Schule kam, waren
Weihnachten bei uns außer unzähligen Spickgänsen und andern pommerschen
Delikatessen zwei junge Bürschchen erschienen, die in meines Vaters ausgeräumter
und nach Möglichkeit mit ehrbaren, widerstandsfähigen Möbeln versehener Sattel-
tammer „logiert" und mir als pommersche Vettern, denen ich die höchsten gast-
nchen Rücksichten schuldig sei, vorgestellt wurden. Es waren Tante Nadiegedas
älteste Söhne, die in Niesky erzogen wurden, und die, um mit der damals noch
etwas umständlichen Heimreise nicht zu viel Zeit zu verlieren, vielleicht auch, weil
wein Onkel keine Zeit hatte, sie abzuholen, und man sie nicht allein reisen lassen
wollte, ihre Weihnachtsferien bei uns in D...... zubringen sollten. Entweder
Waren beide sehr gutmütige Jungen gewesen, oder die mir erteilten Mahnungen
hatten in unerwarteter Weise gefruchtet, denn ich entsinne mich auch nicht der leisesten
Meinungsdifferenz, die während der ganzen Zeit zwischen uns zum Vorschein ge¬
kommen wäre, ja nicht einnial, daß mich die beiden ab und zu durchgedroschen
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