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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Nation, die voll Vertrauen ist zu ihrer Ehrlichkeit (ti-utb) und ihrer Macht
,
v. W, demütig in ihrem großen Kummer um den, der von ihr gegangen ist/'


Zur Universitätsfrage. Eine Zuschrift.

Die Grenzboten haben auch
in dieser Frage wie in so vielen andern die gewohnte besonnene Haltung ein¬
genommen, die dem Blatt so hohe Achtung in den Kreisen gewinnt, wo man über
die Parteischablone hinausdenkt. Mommsen hat sich von seinem feurigen Temperament
in einer zum Teil berechtigten Erregung zu einer Erklärung hinreißen lassen, die,
auch nach ihrer Einschränkung, der Logik nicht standhält. "Vorurteilsfrei" identi¬
fiziert er mit "konfessionslos" und sofort eines mit "wahrhaftig." Er übersieht,
daß auch der Atheismus eine "Konfession," ein Bekenntnis ist, das noch dazu voller
Vorurteile stecken kaun. Er kennt das religiöse Bekenntnis nur als Einschränkung
und Hemmnis des wissenschaftlichen Denkens und übersieht, daß die Kvnfessionalität,
mag sie sein, welche sie wolle, oft gerade das Endziel des möglichst uuvvrein-
genommnen Forschens ist (ich sage! möglichst unvoreingenvmmnen Forschens --
denn irgendwie ist jeder durch Anlage, Erziehung, Umgebung beeinflußt, und ganz
kann niemand aus der Haut fahren). Wir gläubigen Christen oder gar Katholiken
sind ja gewohnt, daß mau unsre religiöse Gesinnung nur als rudimentäres Über¬
bleibsel aus dem Kinderglauben mitleidig belächelt, aber ich möchte doch wissen, ob
man das auch auf einen Leibniz, Newton, Locke anwenden will, und ob nicht eher
Baco recht hat, wenn er meint, ein leichter Schluck aus dem Born der Wissenschaft
könne von Gott abführen, kräftigere Züge aber führten zu ihm zurück. Es gehört
heutzutage viel Gelehrsamkeit dazu, ein überzeugter Christ bleiben zu können; man
wirds dann aber auch, wenn von der Schablone natürlich auch manches fällt.
Jedenfalls ist die Wahrheit keine so ausgemachte Sache, daß mau dekretiere" könnte:
Wer einer Konfession angehört, langt nicht für die Hochschule! Das gerade sollte
der Vorzug der deutscheu Universitäten sein, daß hier jede Richtung, wenn ihre
Vertreter nnr wissenschaftlich hervorragend sind, Platz finde; eben durch den
Antagonismus mannigfacher Anschauungen wird am ersten die Wahrheit gewonnen;
sie halten sich im Gleichgewicht und hindern die Einseitigkeit. Oder will Mommsen
Historikern wie Funk, Kraus, Knöpfler, Ehrhard das Prädikat von Historikern ersten
Ranges bestreiten, weil sie Katholiken sind? Will er ihnen den Vorwurf der Un-
wahrhaftigkeit machen und sie ans Grund ihres gläubigen Bekenntnisses für objektive
Forschung unfähig erklären? Allerdings ist die Färbung, die Beurteilung bei ihnen
in manchen Dingen katholisch, aber ist sie denn deshalb immer unrichtig? ist denn
die Geschichtschreibung nicht in vielem zur Annäherung an den positiven oder katho¬
lischen Standpunkt gekommen sich erinnere bezüglich der Reformation nu Adolf
Menzel, Maurenbrecher; dabei gebe ich ausdrücklich zu, daß Janssen und Pastor
der Reformation nicht das gebührende Recht lassen)? Wenn manchenorts Professuren
für Konfcssinnsangchörige reserviert sind, so ist das nichts so Entsetzliches; nnr
sollte der Inhaber eine tüchtige wissenschaftliche Kraft sein. Man kaun doch einem
Theologen nicht zumute", Philosophie bei einem Pantheisten oder Materialisten zu
hören oder Geschichte bei einem prinzipiellen Gegner seiner Überzeugung, ohne die
Lehren an dem Gegengewicht eines theistischer Dozenten regulieren zu können.
Übrigens lege ich aus konfessionelle Dozenturen keinen Wert. Wir Reformkatholiken
wären durchaus zufrieden, wenn nur freier Wettbewerb in der Wissenschaft rein
auf Grund der Leistungen geboten, wäre. Aber ist das denn der Fall? Über
nicht gerade die Fakultäten ihr Berufungsrecht oft im parteiischen Sinne aus? In
Bonn wehrte sich die protestantisch-theologische Fakultät gegen zwei positive Kan¬
didaten; es zeigte sich aber, daß diese wissenschaftlich weit bedeutender waren, als
die von der freisinnigen Fakultät protegierten. Und ist denn einmal ein uoch so
hervorragender katholischer Gelehrter von den Universitäten Leipzig, Halle, Jena,
Heidelberg, Rostock usw. berufen worden?


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Nation, die voll Vertrauen ist zu ihrer Ehrlichkeit (ti-utb) und ihrer Macht
,
v. W, demütig in ihrem großen Kummer um den, der von ihr gegangen ist/'


Zur Universitätsfrage. Eine Zuschrift.

Die Grenzboten haben auch
in dieser Frage wie in so vielen andern die gewohnte besonnene Haltung ein¬
genommen, die dem Blatt so hohe Achtung in den Kreisen gewinnt, wo man über
die Parteischablone hinausdenkt. Mommsen hat sich von seinem feurigen Temperament
in einer zum Teil berechtigten Erregung zu einer Erklärung hinreißen lassen, die,
auch nach ihrer Einschränkung, der Logik nicht standhält. „Vorurteilsfrei" identi¬
fiziert er mit „konfessionslos" und sofort eines mit „wahrhaftig." Er übersieht,
daß auch der Atheismus eine „Konfession," ein Bekenntnis ist, das noch dazu voller
Vorurteile stecken kaun. Er kennt das religiöse Bekenntnis nur als Einschränkung
und Hemmnis des wissenschaftlichen Denkens und übersieht, daß die Kvnfessionalität,
mag sie sein, welche sie wolle, oft gerade das Endziel des möglichst uuvvrein-
genommnen Forschens ist (ich sage! möglichst unvoreingenvmmnen Forschens —
denn irgendwie ist jeder durch Anlage, Erziehung, Umgebung beeinflußt, und ganz
kann niemand aus der Haut fahren). Wir gläubigen Christen oder gar Katholiken
sind ja gewohnt, daß mau unsre religiöse Gesinnung nur als rudimentäres Über¬
bleibsel aus dem Kinderglauben mitleidig belächelt, aber ich möchte doch wissen, ob
man das auch auf einen Leibniz, Newton, Locke anwenden will, und ob nicht eher
Baco recht hat, wenn er meint, ein leichter Schluck aus dem Born der Wissenschaft
könne von Gott abführen, kräftigere Züge aber führten zu ihm zurück. Es gehört
heutzutage viel Gelehrsamkeit dazu, ein überzeugter Christ bleiben zu können; man
wirds dann aber auch, wenn von der Schablone natürlich auch manches fällt.
Jedenfalls ist die Wahrheit keine so ausgemachte Sache, daß mau dekretiere» könnte:
Wer einer Konfession angehört, langt nicht für die Hochschule! Das gerade sollte
der Vorzug der deutscheu Universitäten sein, daß hier jede Richtung, wenn ihre
Vertreter nnr wissenschaftlich hervorragend sind, Platz finde; eben durch den
Antagonismus mannigfacher Anschauungen wird am ersten die Wahrheit gewonnen;
sie halten sich im Gleichgewicht und hindern die Einseitigkeit. Oder will Mommsen
Historikern wie Funk, Kraus, Knöpfler, Ehrhard das Prädikat von Historikern ersten
Ranges bestreiten, weil sie Katholiken sind? Will er ihnen den Vorwurf der Un-
wahrhaftigkeit machen und sie ans Grund ihres gläubigen Bekenntnisses für objektive
Forschung unfähig erklären? Allerdings ist die Färbung, die Beurteilung bei ihnen
in manchen Dingen katholisch, aber ist sie denn deshalb immer unrichtig? ist denn
die Geschichtschreibung nicht in vielem zur Annäherung an den positiven oder katho¬
lischen Standpunkt gekommen sich erinnere bezüglich der Reformation nu Adolf
Menzel, Maurenbrecher; dabei gebe ich ausdrücklich zu, daß Janssen und Pastor
der Reformation nicht das gebührende Recht lassen)? Wenn manchenorts Professuren
für Konfcssinnsangchörige reserviert sind, so ist das nichts so Entsetzliches; nnr
sollte der Inhaber eine tüchtige wissenschaftliche Kraft sein. Man kaun doch einem
Theologen nicht zumute», Philosophie bei einem Pantheisten oder Materialisten zu
hören oder Geschichte bei einem prinzipiellen Gegner seiner Überzeugung, ohne die
Lehren an dem Gegengewicht eines theistischer Dozenten regulieren zu können.
Übrigens lege ich aus konfessionelle Dozenturen keinen Wert. Wir Reformkatholiken
wären durchaus zufrieden, wenn nur freier Wettbewerb in der Wissenschaft rein
auf Grund der Leistungen geboten, wäre. Aber ist das denn der Fall? Über
nicht gerade die Fakultäten ihr Berufungsrecht oft im parteiischen Sinne aus? In
Bonn wehrte sich die protestantisch-theologische Fakultät gegen zwei positive Kan¬
didaten; es zeigte sich aber, daß diese wissenschaftlich weit bedeutender waren, als
die von der freisinnigen Fakultät protegierten. Und ist denn einmal ein uoch so
hervorragender katholischer Gelehrter von den Universitäten Leipzig, Halle, Jena,
Heidelberg, Rostock usw. berufen worden?


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[0572] Maßgebliches und Unmaßgebliches Nation, die voll Vertrauen ist zu ihrer Ehrlichkeit (ti-utb) und ihrer Macht , v. W, demütig in ihrem großen Kummer um den, der von ihr gegangen ist/' Zur Universitätsfrage. Eine Zuschrift. Die Grenzboten haben auch in dieser Frage wie in so vielen andern die gewohnte besonnene Haltung ein¬ genommen, die dem Blatt so hohe Achtung in den Kreisen gewinnt, wo man über die Parteischablone hinausdenkt. Mommsen hat sich von seinem feurigen Temperament in einer zum Teil berechtigten Erregung zu einer Erklärung hinreißen lassen, die, auch nach ihrer Einschränkung, der Logik nicht standhält. „Vorurteilsfrei" identi¬ fiziert er mit „konfessionslos" und sofort eines mit „wahrhaftig." Er übersieht, daß auch der Atheismus eine „Konfession," ein Bekenntnis ist, das noch dazu voller Vorurteile stecken kaun. Er kennt das religiöse Bekenntnis nur als Einschränkung und Hemmnis des wissenschaftlichen Denkens und übersieht, daß die Kvnfessionalität, mag sie sein, welche sie wolle, oft gerade das Endziel des möglichst uuvvrein- genommnen Forschens ist (ich sage! möglichst unvoreingenvmmnen Forschens — denn irgendwie ist jeder durch Anlage, Erziehung, Umgebung beeinflußt, und ganz kann niemand aus der Haut fahren). Wir gläubigen Christen oder gar Katholiken sind ja gewohnt, daß mau unsre religiöse Gesinnung nur als rudimentäres Über¬ bleibsel aus dem Kinderglauben mitleidig belächelt, aber ich möchte doch wissen, ob man das auch auf einen Leibniz, Newton, Locke anwenden will, und ob nicht eher Baco recht hat, wenn er meint, ein leichter Schluck aus dem Born der Wissenschaft könne von Gott abführen, kräftigere Züge aber führten zu ihm zurück. Es gehört heutzutage viel Gelehrsamkeit dazu, ein überzeugter Christ bleiben zu können; man wirds dann aber auch, wenn von der Schablone natürlich auch manches fällt. Jedenfalls ist die Wahrheit keine so ausgemachte Sache, daß mau dekretiere» könnte: Wer einer Konfession angehört, langt nicht für die Hochschule! Das gerade sollte der Vorzug der deutscheu Universitäten sein, daß hier jede Richtung, wenn ihre Vertreter nnr wissenschaftlich hervorragend sind, Platz finde; eben durch den Antagonismus mannigfacher Anschauungen wird am ersten die Wahrheit gewonnen; sie halten sich im Gleichgewicht und hindern die Einseitigkeit. Oder will Mommsen Historikern wie Funk, Kraus, Knöpfler, Ehrhard das Prädikat von Historikern ersten Ranges bestreiten, weil sie Katholiken sind? Will er ihnen den Vorwurf der Un- wahrhaftigkeit machen und sie ans Grund ihres gläubigen Bekenntnisses für objektive Forschung unfähig erklären? Allerdings ist die Färbung, die Beurteilung bei ihnen in manchen Dingen katholisch, aber ist sie denn deshalb immer unrichtig? ist denn die Geschichtschreibung nicht in vielem zur Annäherung an den positiven oder katho¬ lischen Standpunkt gekommen sich erinnere bezüglich der Reformation nu Adolf Menzel, Maurenbrecher; dabei gebe ich ausdrücklich zu, daß Janssen und Pastor der Reformation nicht das gebührende Recht lassen)? Wenn manchenorts Professuren für Konfcssinnsangchörige reserviert sind, so ist das nichts so Entsetzliches; nnr sollte der Inhaber eine tüchtige wissenschaftliche Kraft sein. Man kaun doch einem Theologen nicht zumute», Philosophie bei einem Pantheisten oder Materialisten zu hören oder Geschichte bei einem prinzipiellen Gegner seiner Überzeugung, ohne die Lehren an dem Gegengewicht eines theistischer Dozenten regulieren zu können. Übrigens lege ich aus konfessionelle Dozenturen keinen Wert. Wir Reformkatholiken wären durchaus zufrieden, wenn nur freier Wettbewerb in der Wissenschaft rein auf Grund der Leistungen geboten, wäre. Aber ist das denn der Fall? Über nicht gerade die Fakultäten ihr Berufungsrecht oft im parteiischen Sinne aus? In Bonn wehrte sich die protestantisch-theologische Fakultät gegen zwei positive Kan¬ didaten; es zeigte sich aber, daß diese wissenschaftlich weit bedeutender waren, als die von der freisinnigen Fakultät protegierten. Und ist denn einmal ein uoch so hervorragender katholischer Gelehrter von den Universitäten Leipzig, Halle, Jena, Heidelberg, Rostock usw. berufen worden?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/572>, abgerufen am 13.11.2024.