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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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alleil,, aber auch das ist lebendig und gescheit. So finden sich z. B. über die
Tüfteleien von Hans von Marees und den Bienenfleiß seines Gönners und
Interpreten Fiedler treffende Bemerkungen, die noch ein wenig weiter zu führen
und auf Böcklin (dem ja auch die Bienen nicht gefehlt haben) anzuwenden
allerdings dem Leser überlassen wird. Oft fragt man sich: Was hätte hierzu
der Alte gesagt? Oft auch, ob dies und das auch nur Floerke so veröffentlicht
haben würde. Nicht weil es meistens Aphorismen sind, denn solche ermüden
und langweilen nur dann, wenn sie nichts Positives enthalten, diese aber ent-
halten immer etwas. Wir meinen auch nicht etwa, Floerke hätte unterge¬
schoben, vielmehr scheint uns alles sehr in Vöcklins Geist und Sinn gedacht
zu sein. Aber die Unterhaltung geht auf Kosten Dritter, z. B. "U^bsmus
jmpiun, sagen die Herren Mulder und Helferich. Wenn ihr wollt, so haben
wir eine neue Kunst, sagten ihnen nämlich vorher die Herren Liebermann und
Abbe" -- denen selbst man ihren Inhalt ja nicht mitzuteilen pflegt. Will
man aber mit dein Drucke solcher Artigkeiten bis zum Tode aller Betroffnen
warten, dann liest ein derartiges Buch überhaupt kein Mensch mehr.




Kursächsische ^treifzüge
C>. L. Schmidt i von n
Glbfcchrt nach Mühlberg

NZM>me Dampferfahrt ans der Elbe kann sich im allgemeinen mit
einer Rheinfnhrt nicht messen. Schon die Farbe des Wassers und
die kühnem Gestaltungen der Berge, ferner der Hauch der Romantik,
mit dein die Fülle geschichtlicher Erinnerungen die Rheinufer um¬
kleidet, und nicht zuletzt auch das heitere, weinfrohe Treiben
iber Anwohner geben den Gestaden des Rheins einen Vorzug
vor denen der "gelben" Elbe, den kein Verständiger leugnen wird. Und doch
ist auch die Elbe kein verächtlicher Strom. Von Jahr zu Jahr mehrt sich
die Zahl derer, die, auch nachdem sie an den wonnigen, von Burgen gekrönten
Rebengeländen des Rheins und der Mosel geschwärmt haben, noch fähig find,
die bescheidnern Reize einer längern Elbfcchrt mit Verständnis, ja teilweise
mit Begeisterung zu genießen. Ich denke dabei nicht zuerst an die durch
Steinbrucharbeit und 'übergroßen Zulauf etwas abgeblätterte Schönheit der
felsigen Ufer zwischen Pirna und Herrnskretschen, der sogenannten "Sächsischen
Schweiz," deren etwas einförmige Bizarrerie überdies auch von der modernen
Kunst und dem. modernen Landschaftsideal weit abseits liegt/") sondern ich



Interessant ist das Urteil, das ein so selbständiger Geist wie Immermann schon im
Jahre 1881 über die Sächsische Schweiz gefallt hat, nachdem er sie vom Uttewcilder Grunde
bis zum Prebischthor durchwandert halte: "Entweder Aussichten auf ein weites, zerklüftetes
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alleil,, aber auch das ist lebendig und gescheit. So finden sich z. B. über die
Tüfteleien von Hans von Marees und den Bienenfleiß seines Gönners und
Interpreten Fiedler treffende Bemerkungen, die noch ein wenig weiter zu führen
und auf Böcklin (dem ja auch die Bienen nicht gefehlt haben) anzuwenden
allerdings dem Leser überlassen wird. Oft fragt man sich: Was hätte hierzu
der Alte gesagt? Oft auch, ob dies und das auch nur Floerke so veröffentlicht
haben würde. Nicht weil es meistens Aphorismen sind, denn solche ermüden
und langweilen nur dann, wenn sie nichts Positives enthalten, diese aber ent-
halten immer etwas. Wir meinen auch nicht etwa, Floerke hätte unterge¬
schoben, vielmehr scheint uns alles sehr in Vöcklins Geist und Sinn gedacht
zu sein. Aber die Unterhaltung geht auf Kosten Dritter, z. B. „U^bsmus
jmpiun, sagen die Herren Mulder und Helferich. Wenn ihr wollt, so haben
wir eine neue Kunst, sagten ihnen nämlich vorher die Herren Liebermann und
Abbe" — denen selbst man ihren Inhalt ja nicht mitzuteilen pflegt. Will
man aber mit dein Drucke solcher Artigkeiten bis zum Tode aller Betroffnen
warten, dann liest ein derartiges Buch überhaupt kein Mensch mehr.




Kursächsische ^treifzüge
C>. L. Schmidt i von n
Glbfcchrt nach Mühlberg

NZM>me Dampferfahrt ans der Elbe kann sich im allgemeinen mit
einer Rheinfnhrt nicht messen. Schon die Farbe des Wassers und
die kühnem Gestaltungen der Berge, ferner der Hauch der Romantik,
mit dein die Fülle geschichtlicher Erinnerungen die Rheinufer um¬
kleidet, und nicht zuletzt auch das heitere, weinfrohe Treiben
iber Anwohner geben den Gestaden des Rheins einen Vorzug
vor denen der „gelben" Elbe, den kein Verständiger leugnen wird. Und doch
ist auch die Elbe kein verächtlicher Strom. Von Jahr zu Jahr mehrt sich
die Zahl derer, die, auch nachdem sie an den wonnigen, von Burgen gekrönten
Rebengeländen des Rheins und der Mosel geschwärmt haben, noch fähig find,
die bescheidnern Reize einer längern Elbfcchrt mit Verständnis, ja teilweise
mit Begeisterung zu genießen. Ich denke dabei nicht zuerst an die durch
Steinbrucharbeit und 'übergroßen Zulauf etwas abgeblätterte Schönheit der
felsigen Ufer zwischen Pirna und Herrnskretschen, der sogenannten „Sächsischen
Schweiz," deren etwas einförmige Bizarrerie überdies auch von der modernen
Kunst und dem. modernen Landschaftsideal weit abseits liegt/") sondern ich



Interessant ist das Urteil, das ein so selbständiger Geist wie Immermann schon im
Jahre 1881 über die Sächsische Schweiz gefallt hat, nachdem er sie vom Uttewcilder Grunde
bis zum Prebischthor durchwandert halte: „Entweder Aussichten auf ein weites, zerklüftetes
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[0497] alleil,, aber auch das ist lebendig und gescheit. So finden sich z. B. über die Tüfteleien von Hans von Marees und den Bienenfleiß seines Gönners und Interpreten Fiedler treffende Bemerkungen, die noch ein wenig weiter zu führen und auf Böcklin (dem ja auch die Bienen nicht gefehlt haben) anzuwenden allerdings dem Leser überlassen wird. Oft fragt man sich: Was hätte hierzu der Alte gesagt? Oft auch, ob dies und das auch nur Floerke so veröffentlicht haben würde. Nicht weil es meistens Aphorismen sind, denn solche ermüden und langweilen nur dann, wenn sie nichts Positives enthalten, diese aber ent- halten immer etwas. Wir meinen auch nicht etwa, Floerke hätte unterge¬ schoben, vielmehr scheint uns alles sehr in Vöcklins Geist und Sinn gedacht zu sein. Aber die Unterhaltung geht auf Kosten Dritter, z. B. „U^bsmus jmpiun, sagen die Herren Mulder und Helferich. Wenn ihr wollt, so haben wir eine neue Kunst, sagten ihnen nämlich vorher die Herren Liebermann und Abbe" — denen selbst man ihren Inhalt ja nicht mitzuteilen pflegt. Will man aber mit dein Drucke solcher Artigkeiten bis zum Tode aller Betroffnen warten, dann liest ein derartiges Buch überhaupt kein Mensch mehr. Kursächsische ^treifzüge C>. L. Schmidt i von n Glbfcchrt nach Mühlberg NZM>me Dampferfahrt ans der Elbe kann sich im allgemeinen mit einer Rheinfnhrt nicht messen. Schon die Farbe des Wassers und die kühnem Gestaltungen der Berge, ferner der Hauch der Romantik, mit dein die Fülle geschichtlicher Erinnerungen die Rheinufer um¬ kleidet, und nicht zuletzt auch das heitere, weinfrohe Treiben iber Anwohner geben den Gestaden des Rheins einen Vorzug vor denen der „gelben" Elbe, den kein Verständiger leugnen wird. Und doch ist auch die Elbe kein verächtlicher Strom. Von Jahr zu Jahr mehrt sich die Zahl derer, die, auch nachdem sie an den wonnigen, von Burgen gekrönten Rebengeländen des Rheins und der Mosel geschwärmt haben, noch fähig find, die bescheidnern Reize einer längern Elbfcchrt mit Verständnis, ja teilweise mit Begeisterung zu genießen. Ich denke dabei nicht zuerst an die durch Steinbrucharbeit und 'übergroßen Zulauf etwas abgeblätterte Schönheit der felsigen Ufer zwischen Pirna und Herrnskretschen, der sogenannten „Sächsischen Schweiz," deren etwas einförmige Bizarrerie überdies auch von der modernen Kunst und dem. modernen Landschaftsideal weit abseits liegt/") sondern ich Interessant ist das Urteil, das ein so selbständiger Geist wie Immermann schon im Jahre 1881 über die Sächsische Schweiz gefallt hat, nachdem er sie vom Uttewcilder Grunde bis zum Prebischthor durchwandert halte: „Entweder Aussichten auf ein weites, zerklüftetes ' Grenzboten I V 19del KL

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/497>, abgerufen am 27.07.2024.