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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Auf der Alm
(Fortsetzung)

"^si--' G"
^MAschwere Tritte knirschten über den Kies, es polterte an der Thür,
sie ging nuf, und hintereinander kamen eins, zwei, drei -- fünf lange
Männer herein, in triefenden Lodenmänteln, Arbeitsgerät, Beile,
Hacken und Sägen unter dem Arm, die sie mit Geräusch gegen die
Wand auf den Boden stellten.

Jessas! Das fehlt grad no, daß ihr da hereinkommt!

Ja, mein Deandl, jetzt giebts Gesellschaft! Juijuh! rief ein junger Bursch.
Sackra, is dös an Gnudi! Er nahm den Hut vom Kopf und ließ das Wasser
hinunterlaufen, dann setzte er ihn wieder in den Nacken und entledigte sich seines
Mantels, während die andern desgleichen thaten und sich dann auf die Bänke und
die Herdkante setzten. Ein Duft erfüllte alsbald den Raum, der Hanna übel
machte. Sie starrte entsetzt nuf die wilden Gestalten und drückte sich so tief sie
konnte in ihre Ecke vor den neugierigen Blicken, die zu ihr herüberflogen.

Woaßt, sagte ein älterer von den Männern, während er sich die Pfeife stopfte,
wir dohn net übers Wasser hinaus köunen; es hat schrecklich heruntergerissen. An
Liegerstatt mußt uns schon gebn für diese Nacht drohn im Heu, und a warme Mili
und an Kaffee wirst uns an net versagn.

Ja, sie sollten es schon haben. Traudel sah bedauernd zu Hanna hinüber,
während sie den Herd zum Kochen bereitete. Die Männer dehnten und reckten
sich in der wohlthuenden Wärme, zündeten ihre Pfeifen an, holten ihre Rucksäcke
unter der Bank hervor, unter die sie sie geworfen hatten, kramten in altes
Zeitungspapier gewickeltes Fleisch, Brot und Käse heraus, unterhielten sich scherzend
mit Traudel und Paul, der sich unter sie gesetzt hatte, fragten halblaut nach dem
fremden Frauenzimmer in der Ecke und sagten nach der halblauten Auskunft: Ah
so! Dann singen sie, als die süße Kaffeemilch bereit war, nachdem sie die Pfeifen
weggestellt hatten, vergnüglich an zu schmausen.

Traudel brachte für sich und Hanna auch eine Schüssel Kaffee auf den kleinen
Tisch in der Ecke, hinter dem Hanna saß. Und jetzt koch i uns noch an Mus.
Wird glei firti sein!

sang einer der Holzfäller.

Ach nein, bat Hanna, für mich nicht, ich kann nicht! Der Appetit war ihr
gänzlich vergangen von den verschiednen Düften, die sie umzogen.

Aber Hanna! Essen mußt doch a weng!

Sie schüttelte den Kopf. Der ältere von den Holzfällern stand nuf und trat
auf sie zu. Mngst vielleicht ein Brot? fragte er, indem er ihr eine große Scheibe
hinhielt. Hanna sah ihn zögernd an. Aber das Gesicht, das ans sie gerichtet war,




Auf der Alm
(Fortsetzung)

»^si--' G«
^MAschwere Tritte knirschten über den Kies, es polterte an der Thür,
sie ging nuf, und hintereinander kamen eins, zwei, drei — fünf lange
Männer herein, in triefenden Lodenmänteln, Arbeitsgerät, Beile,
Hacken und Sägen unter dem Arm, die sie mit Geräusch gegen die
Wand auf den Boden stellten.

Jessas! Das fehlt grad no, daß ihr da hereinkommt!

Ja, mein Deandl, jetzt giebts Gesellschaft! Juijuh! rief ein junger Bursch.
Sackra, is dös an Gnudi! Er nahm den Hut vom Kopf und ließ das Wasser
hinunterlaufen, dann setzte er ihn wieder in den Nacken und entledigte sich seines
Mantels, während die andern desgleichen thaten und sich dann auf die Bänke und
die Herdkante setzten. Ein Duft erfüllte alsbald den Raum, der Hanna übel
machte. Sie starrte entsetzt nuf die wilden Gestalten und drückte sich so tief sie
konnte in ihre Ecke vor den neugierigen Blicken, die zu ihr herüberflogen.

Woaßt, sagte ein älterer von den Männern, während er sich die Pfeife stopfte,
wir dohn net übers Wasser hinaus köunen; es hat schrecklich heruntergerissen. An
Liegerstatt mußt uns schon gebn für diese Nacht drohn im Heu, und a warme Mili
und an Kaffee wirst uns an net versagn.

Ja, sie sollten es schon haben. Traudel sah bedauernd zu Hanna hinüber,
während sie den Herd zum Kochen bereitete. Die Männer dehnten und reckten
sich in der wohlthuenden Wärme, zündeten ihre Pfeifen an, holten ihre Rucksäcke
unter der Bank hervor, unter die sie sie geworfen hatten, kramten in altes
Zeitungspapier gewickeltes Fleisch, Brot und Käse heraus, unterhielten sich scherzend
mit Traudel und Paul, der sich unter sie gesetzt hatte, fragten halblaut nach dem
fremden Frauenzimmer in der Ecke und sagten nach der halblauten Auskunft: Ah
so! Dann singen sie, als die süße Kaffeemilch bereit war, nachdem sie die Pfeifen
weggestellt hatten, vergnüglich an zu schmausen.

Traudel brachte für sich und Hanna auch eine Schüssel Kaffee auf den kleinen
Tisch in der Ecke, hinter dem Hanna saß. Und jetzt koch i uns noch an Mus.
Wird glei firti sein!

sang einer der Holzfäller.

Ach nein, bat Hanna, für mich nicht, ich kann nicht! Der Appetit war ihr
gänzlich vergangen von den verschiednen Düften, die sie umzogen.

Aber Hanna! Essen mußt doch a weng!

Sie schüttelte den Kopf. Der ältere von den Holzfällern stand nuf und trat
auf sie zu. Mngst vielleicht ein Brot? fragte er, indem er ihr eine große Scheibe
hinhielt. Hanna sah ihn zögernd an. Aber das Gesicht, das ans sie gerichtet war,


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[0156] [Abbildung] Auf der Alm (Fortsetzung) »^si--' G« ^MAschwere Tritte knirschten über den Kies, es polterte an der Thür, sie ging nuf, und hintereinander kamen eins, zwei, drei — fünf lange Männer herein, in triefenden Lodenmänteln, Arbeitsgerät, Beile, Hacken und Sägen unter dem Arm, die sie mit Geräusch gegen die Wand auf den Boden stellten. Jessas! Das fehlt grad no, daß ihr da hereinkommt! Ja, mein Deandl, jetzt giebts Gesellschaft! Juijuh! rief ein junger Bursch. Sackra, is dös an Gnudi! Er nahm den Hut vom Kopf und ließ das Wasser hinunterlaufen, dann setzte er ihn wieder in den Nacken und entledigte sich seines Mantels, während die andern desgleichen thaten und sich dann auf die Bänke und die Herdkante setzten. Ein Duft erfüllte alsbald den Raum, der Hanna übel machte. Sie starrte entsetzt nuf die wilden Gestalten und drückte sich so tief sie konnte in ihre Ecke vor den neugierigen Blicken, die zu ihr herüberflogen. Woaßt, sagte ein älterer von den Männern, während er sich die Pfeife stopfte, wir dohn net übers Wasser hinaus köunen; es hat schrecklich heruntergerissen. An Liegerstatt mußt uns schon gebn für diese Nacht drohn im Heu, und a warme Mili und an Kaffee wirst uns an net versagn. Ja, sie sollten es schon haben. Traudel sah bedauernd zu Hanna hinüber, während sie den Herd zum Kochen bereitete. Die Männer dehnten und reckten sich in der wohlthuenden Wärme, zündeten ihre Pfeifen an, holten ihre Rucksäcke unter der Bank hervor, unter die sie sie geworfen hatten, kramten in altes Zeitungspapier gewickeltes Fleisch, Brot und Käse heraus, unterhielten sich scherzend mit Traudel und Paul, der sich unter sie gesetzt hatte, fragten halblaut nach dem fremden Frauenzimmer in der Ecke und sagten nach der halblauten Auskunft: Ah so! Dann singen sie, als die süße Kaffeemilch bereit war, nachdem sie die Pfeifen weggestellt hatten, vergnüglich an zu schmausen. Traudel brachte für sich und Hanna auch eine Schüssel Kaffee auf den kleinen Tisch in der Ecke, hinter dem Hanna saß. Und jetzt koch i uns noch an Mus. Wird glei firti sein! sang einer der Holzfäller. Ach nein, bat Hanna, für mich nicht, ich kann nicht! Der Appetit war ihr gänzlich vergangen von den verschiednen Düften, die sie umzogen. Aber Hanna! Essen mußt doch a weng! Sie schüttelte den Kopf. Der ältere von den Holzfällern stand nuf und trat auf sie zu. Mngst vielleicht ein Brot? fragte er, indem er ihr eine große Scheibe hinhielt. Hanna sah ihn zögernd an. Aber das Gesicht, das ans sie gerichtet war,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/156>, abgerufen am 01.09.2024.