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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr.

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die er nennt, vielfach aus natürlichen Gründen der Lage dauernd oder auch,
weil von alters her eine darauf eingerichtete Unternehmer- und Arbeiterschaft
nun einmal da ist, für längere Zeit ganz besonders an gewissen Orten. Aber
eine charakteristische Erscheinung der Neuzeit ist es doch wohl eher, daß Resi¬
denzen, Universitäts-, Handels- und andre Großstädte, die es in dem Maße
absolut nicht nötig haben, auch Industriezentren geworden sind und sich eine
große, nen zu akklimatisierende Jndustriearbciterschaft zugezogen haben, die die
Last der sozialen Fürsorge -- ganz abgesehen von ihrer erfreulichen Ver¬
besserung und dadurch sehr viel größer gewordnen Kostspieligkeit in sich --
schon jetzt ungeheuer steigert. Die Statistik kann uns keinen recht genauen
Aufschluß darüber geben, wie sich die deutscheu Großstädte verindustrialisiert
haben, schon der leidigen Vororte wegen, die bei vielen, in neuerer Zeit einen
sehr großen Teil des industriellen Arbciterzuzugs aufgenommen haben. Immer¬
hin hat ein Vergleich der in der Industrie beschäftigten Arbeiter mit denen in
Handel und Verkehr hier Interesse.

Die Zahl der Arbeiter

--- im Unterschied von den selbständigen und
den Angestellten -- mit ihren Angehörigen ohne Hauptberuf in der Industrie
einerseits und in Handel und Verkehr andrerseits in den 28 deutschen Gro߬
städten, die damals 100000 und mehr Einwohner hatten, wurde bei der Be-
rufszählung vou 1895 wie folgt ermittelt. Im Handel sind zu den Arbeitern
auch die Handlungsgehilfen und Kommis in Ladengeschäften, Verkäufer und
dergleichen gerechnet.

IndustrieHandel und
Verkehr
(Tausend)(Tausend)
IndustrieHandel und
Verkehr
(Tausend)(Tausend)

[Beginn Spaltensatz]
Königsberg i, P,. 8818
Danzig . - -. 3412
Berlin . . .. 594178
Charlottenburg .. 3712
Stettin . . .. 8522
Breslau . . .. 11843
Magdeburg , .. 7427
3712
Altona . . .. 4220
Hannover. . .. 6518
Dortmund . .. 5510
Frankfurt a. M.. 5428
Düsseldorf . .. 7413
Elberfeld . . .. 6010
[Spaltenumbruch]
Barmer . . .. 657
Krefeld . . .. 404
Köln ....11140
Aachen . , .. 458
Minchen . . .. 12344
Nürnberg. . .. 5916
Dresden . . ,. 10125
Leipzig . . .14248
Chemnitz . . .. 7413
Stuttgart. . .. 4415
Braunschmeig. 489
Bremen . . .. 4119
.Hamburg. . .159109
Strnßburg i. E,. 3513
[Ende Spaltensatz]

Je mehr der Maschinenbetrieb und die Massenproduktion für den öffent¬
lichen Markt zugenommen hat, um so weniger brauchten natürlich die Gro߬
städte für ihren eignen Bedarf eine große industrielle Arbeiterbevölkerung. Die
Zahlen, die außerdem, schon der Vororte wegen, wahrscheinlich für die Jndustric-
arbeiterschaft verhältnismäßig zu klein find, lassen eine ungesunde industrielle
Hypertrophie bei einer großen Zahl der aufgeführten Orte annehmen und


die er nennt, vielfach aus natürlichen Gründen der Lage dauernd oder auch,
weil von alters her eine darauf eingerichtete Unternehmer- und Arbeiterschaft
nun einmal da ist, für längere Zeit ganz besonders an gewissen Orten. Aber
eine charakteristische Erscheinung der Neuzeit ist es doch wohl eher, daß Resi¬
denzen, Universitäts-, Handels- und andre Großstädte, die es in dem Maße
absolut nicht nötig haben, auch Industriezentren geworden sind und sich eine
große, nen zu akklimatisierende Jndustriearbciterschaft zugezogen haben, die die
Last der sozialen Fürsorge — ganz abgesehen von ihrer erfreulichen Ver¬
besserung und dadurch sehr viel größer gewordnen Kostspieligkeit in sich —
schon jetzt ungeheuer steigert. Die Statistik kann uns keinen recht genauen
Aufschluß darüber geben, wie sich die deutscheu Großstädte verindustrialisiert
haben, schon der leidigen Vororte wegen, die bei vielen, in neuerer Zeit einen
sehr großen Teil des industriellen Arbciterzuzugs aufgenommen haben. Immer¬
hin hat ein Vergleich der in der Industrie beschäftigten Arbeiter mit denen in
Handel und Verkehr hier Interesse.

Die Zahl der Arbeiter

—- im Unterschied von den selbständigen und
den Angestellten — mit ihren Angehörigen ohne Hauptberuf in der Industrie
einerseits und in Handel und Verkehr andrerseits in den 28 deutschen Gro߬
städten, die damals 100000 und mehr Einwohner hatten, wurde bei der Be-
rufszählung vou 1895 wie folgt ermittelt. Im Handel sind zu den Arbeitern
auch die Handlungsgehilfen und Kommis in Ladengeschäften, Verkäufer und
dergleichen gerechnet.

IndustrieHandel und
Verkehr
(Tausend)(Tausend)
IndustrieHandel und
Verkehr
(Tausend)(Tausend)

[Beginn Spaltensatz]
Königsberg i, P,. 8818
Danzig . - -. 3412
Berlin . . .. 594178
Charlottenburg .. 3712
Stettin . . .. 8522
Breslau . . .. 11843
Magdeburg , .. 7427
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Hannover. . .. 6518
Dortmund . .. 5510
Frankfurt a. M.. 5428
Düsseldorf . .. 7413
Elberfeld . . .. 6010
[Spaltenumbruch]
Barmer . . .. 657
Krefeld . . .. 404
Köln ....11140
Aachen . , .. 458
Minchen . . .. 12344
Nürnberg. . .. 5916
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Chemnitz . . .. 7413
Stuttgart. . .. 4415
Braunschmeig. 489
Bremen . . .. 4119
.Hamburg. . .159109
Strnßburg i. E,. 3513
[Ende Spaltensatz]

Je mehr der Maschinenbetrieb und die Massenproduktion für den öffent¬
lichen Markt zugenommen hat, um so weniger brauchten natürlich die Gro߬
städte für ihren eignen Bedarf eine große industrielle Arbeiterbevölkerung. Die
Zahlen, die außerdem, schon der Vororte wegen, wahrscheinlich für die Jndustric-
arbeiterschaft verhältnismäßig zu klein find, lassen eine ungesunde industrielle
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_234529/595>, abgerufen am 29.06.2024.